Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsbescheid vom 13.06.1994 über Zinsen zur Investitionszulage

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.04.1999; Aktenzeichen III R 21/96)

 

Tenor

1. Der Haftungsbescheid vom 13.06.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.1994 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Beschluß

Der Streitwert wird auf 79.306 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger nach § 71 AO wegen Steuerhinterziehung für Zinsen nach § 5 Abs. 7 Investitionszulagengesetz –InvZulG– haftet.

Die Firma … GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, beantragte am 19.09.1984 eine Investitionszulage i. S. des § 1 InvZulG 1982 für die Erweiterung der Betriebsstätte W. die ihr vom Finanzamt mit Bescheid vom 28.09.1984 antragsgemäß in Höhe von 191.114 DM gewährt wurde. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft hatte die nach § 2 InvZulG erforderliche Bescheinigung der Förderungswürdigkeit am 26.09.1983 im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Nr. 3 InvZulG 1982 unter der Bedingung erteilt, daß spätestens bis zum Abschluß der Investition der überwiegende Umsatzanteil, d. h. mehr als 50 % des Gesamtumsatzes der geförderten Betriebsstätte, durch den Versandhandel erfolgen müsse.

Im Rahmen einer 1990 für die Jahre 1982 bis 1986 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, daß der Versandhandel nicht über die geförderte Betriebsstätte W. sondern über die ebenfalls in … befindliche Betriebsstätte L. abgewickelt wurde. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft nahm daraufhin die Bescheinigung der Förderungswürdigkeit mit Verwaltungsakt vom 23.07.1991 zurück. Die Investitionszulage in Höhe 191.114 DM wurde mit Bescheid des Finanzamts vom 31.07.1991 gleichfalls zurückgefordert. Gleichzeitig wurden Zinsen nach den §§ 5 Abs. 7 InvZulG, 238 AO für die Zeit vom 28.09.1984 bis 31.08.1991 in Höhe von insgesamt 79.306 DM rechtskräftig festgesetzt.

Die … GmbH zahlte zwar die Investitionszulage, nicht aber die Zinsen zurück. Der Beklagte nahm deshalb nach vorheriger Anhörung den Kläger für die Zinsen durch Haftungsbescheid nach §§ 71, 191 AO vom 13.06.1994, auf den im einzelnen verwiesen wird (§ 24 bis 27 der Haftungsakte), in Anspruch. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe eine Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO begangen, so daß er nach § 71 AO für die zu Unrecht gewährten Steuervorteile und die damit zusammenhängenden Zinsen hafte. Obwohl in der Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft vom 26.09.1983 ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, daß alle für das Belassen der Investitionszulage erheblichen Tatsachen unverzüglich mitzuteilen seien, habe es der Kläger vorsätzlich unterlassen, darauf hinzuweisen, daß der Versandhandel nicht über die geförderte Betriebsstätte W. abgewickelt worden sei. Da die GmbH die Zinsen nicht bezahlen könne, sei es ermessensgerecht, den Kläger insoweit heranzuziehen.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg, auf die Einspruchsentscheidung vom 20.07.1994 wird verwiesen.

Mit der dagegen erhobenen Klage bringt der Kläger vor, er habe keine Steuerhinterziehung begangen. Der Versandhandel sei zunächst von beiden Betriebsstätten aus betrieben worden und erst im Jahr 1987 im Vertrauen auf die Regelung über die einheitliche Betriebsstätte in § 1 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1986 voll auf die Betriebsstätte D. verlagert worden. Auftragsannahme, Werbung und Akquisition im Versandhandel seien aber weiterhin von der Betriebsstätte W. aus durchgeführt worden. Ihm sei jedenfalls nicht bekannt gewesen, daß die Begünstigungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Zur weiteren Begründung wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 28.11.1994 und 25.04.1995 Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt, den Haftungsbescheid vom 13.06.1994 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat noch ausgeführt, nach § 5 Abs. 5 InvZulG seien die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO auf die Investitionszulagen entsprechend anwendbar. Da Steuervorteile i.S.d. § 370 Abs. 4 S. 2 AO auch Steuervergütungen seien, sei auch § 370 AO über § 5 Abs. 5 InvZulG anwendbar. Der Kläger sei daher zu Recht gem. § 71 AO in Haftung genommen worden, zumal der Unrechtsgehalt des Subventionsbetruges dem der Steuerhinterziehung nicht nachstehe.

In einzelnen wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 20.09.1994 und 17.03.1995 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger haftet nicht nach § 71 AO für die Zinsen i. S. des § 5 Abs. 7 InvZulG. § 71 AO normiert eine Haftung des Steuerhinterziehers für die verkürzten Steuern und die Hinterziehungszinsen i. S. des § 235 AO; nicht erfaßt von § 71 AO werden dagegen Subventionserschleichungen. Der Senat kann es daher im Streitfall dahingestellt sein lassen, ob dem Kläger ein strafrechtlich relevantes Verhalten zur Last gelegt werden kann. Denn ein solches wäre nicht nach § 370 AO als Steuerhinterziehung, sondern nach § 264 StGB als Subventionsbetrug strafbar, da Investitionszulagen Subventionen i. S. des § 264 Abs. 6 StGB sin...

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