rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflegungsmehraufwendungen eines Kaminkehrers für Einsatzwechseltätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der gesamte Kehrbezirk eines in einem ländlichen Gebiet tätigen Bezirksschornsteinfegers stellt nicht eine einzige weiträumige Arbeitsstätte des angestellten Kaminkehrers dar
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2, § 9 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
I Streitig sind Verpflegungsmehraufwendungen für den Einsatz im Kehrbezirk.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war als Kaminkehrer angestellt. Hierbei suchte er täglich zu Beginn und am Ende des Arbeitstages die Betriebsstätte seines Arbeitgebers in A. auf, um dann in den über 30 Ortschaften und Gehöften des Kehrbezirks seiner Tätigkeit nachzugehen. Seine Abwesenheit von der Wohnung beträgt, gemäß einer Bescheinigung seines Arbeitgebers, täglich mehr als 8 Stunden.
In seiner Einkommensteuererklärung 1998 erklärte er für 220 Arbeitstage je 10 DM Verpflegungsmehraufwand bei Einsatzwechseltätigkeit. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
Die Kläger haben Klage erhoben, die sie damit begründen, dass die Tätigkeit nicht in einer einheitlichen, großräumigen Arbeitsstätte ausgeübt werde, sondern in einer Vielzahl von Einsatzstellen. Ein größeres räumliches Gebiet könne nur zusammengefasst werden, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers, wie etwa ein Werksgelände oder ein Forstrevier handle. Der BFH habe mit Urteil vom 07.02.1997 seine Rechtsprechung geändert und das Hafengebiet Hamburgs nicht mehr als einheitliche Arbeitsstätte betrachtet. Dem Kläger entstehe ein beruflich veranlasster Mehraufwand für Verpflegung, da er nicht einplanen könne, wie lange die Einsätze dauerten und somit nicht preisgünstige Verpflegungsstellen zur Mittagszeit aufgesucht werden könnten.
Die Kläger haben beantragt, den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 08.06.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.02.2002 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 2.762 DM (1.412,19 €) herabgesetzt wird.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat es vorgetragen, dass ein weiträumiges Arbeitsgebiet als einzige Arbeitsstätte zu qualifizieren sei, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handle oder wenn die Einsatzstellen aneinander grenzten und in unmittelbarer Nähe zueinander lägen, wie dies bei einem Neubaugebiet, einem Zeitungszustellbezirk oder einem Kehrbezirk der Fall sei. Ein Stadtbereich, ein Ballungsgebiet oder ein Raum um die Wohnung im Radius des üblichen Einzugsbereichs sei hingegen nicht als großräumige Arbeitsstätte anzusehen. Im Gegensatz zu einem Handwerker könne der Kaminkehrer seine Einsatzstellen planen und diese regelmäßig von Haus zu Haus unmittelbar nacheinander aufsuchen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze, das Sitzungsprotokoll und die Akten des Finanzamts verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Zu Unrecht hat das Finanzamt den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen aufgrund einer Einsatzwechseltätigkeit versagt.
1. Gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG sind Mehraufwendungen für Verpflegung des Steuerpflichtigen unter den dort genannten Voraussetzungen und Grenzen abzugsfähig. Bei einer Abwesenheit des Steuerpflichtigen von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit von weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden beträgt der Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwand 10 DM pro Tag. Entsprechendes gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG, wenn der Steuerpflichtige bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig ist und hierbei zwischen 8 und 14 Stunden von seiner Wohnung abwesend ist (Einsatzwechseltätigkeit). Eine einzige, wenn auch weiträumige Arbeitsstätte liegt dagegen vor, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handelt (BFH-Urteil vom 07.02.1997 VI R 61/96, BStBl II 1997, 333) oder die Einsatzstellen aneinandergrenzen und in unmittelbarer Nähe liegen (BFH-Urteil vom 02.02.1994 VI R 109/89, BStBl II 1994, 422).
2. Nach diesen Grundsätzen konnte der Kläger einen Verpflegungsmehraufwand von 2.200 DM als Werbungskosten abziehen.
a) Der Kläger hatte am Betriebssitz seines Arbeitgebers nicht den Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit, da er dort keinen wesentlichen Teil seiner Arbeitsleistung zu erbringen hatte. Die morgendliche Entgegennahme der Kehr- und Messaufträge und die abendliche Rückgabe und möglicherweise ergänzende Besprechungen bildeten nicht das bestimmende Übergewicht seiner Tätigkeit, so dass der Betriebssitz nicht zu seinem beruflichen Mittelpunkt wurde (BFH-Urteil vom 11.05.1979 VI R 129/77, BStBl II 1979, 474). Seinen Beruf übte er typischerweise nu...