Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschmelzungsmodell bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft stellt eine schädliche Verfügung i.S.d. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG und den für die zeitliche Abgrenzung maßgebenden Stichtag im Rahmen des Abschmelzungsmodells dar.
Normenkette
ErbStG § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen (anteiligen) Wegfall des Verschonungsabschlages nach § 13a Abs. 5 ErbStG bewirkt.
Am 02.06.2010 verstarb der Unternehmer B. Er wurde von zweien seiner fünf Kinder - dem Kläger und C - als Miterben je zur Hälfte beerbt.
Der Erblasser war über einen langen Zeitraum Hauptgesellschafter von Unternehmen der Unternehmensgruppe D & B gewesen. Im Rahmen einer Sanierungsvereinbarung hatte der Erblasser zusammen mit weiteren Gesellschaftern am 31.08.2009 den wesentlichen Bestand seiner Gesellschaftsanteile an den Unternehmen der D & B Gruppe auf ein Treuhandunternehmen (SuT GmbH, 1) übertragen; für die Gesellschafter bestand ein Anspruch auf Rückübertragung der Gesellschaftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung eines Erfolgs der Sanierung. Der Erblasser hatte einen Kommanditanteil an der D & B GmbH & Co. KG in Höhe von 7,532 v.H. und einen Geschäftsanteil an der B GmbH in Höhe von 6,0 v.H. bei sich zurückbehalten. Eine Bewertung der gesamten Unternehmensgruppe nach dem DCF-Verfahren zum Bewertungsstichtag 31.08.2010 ergab einen Basiswert von 28,5 Mio. €. Für die vom Erblasser zurückbehaltenen Anteile ermittelte sich daraus ein Wert von 2,138 Mio. € (28,5 Mio. € × 7,5 v.H. Anteilsquote). Auf die Anlage zum Nachlassverzeichnis B vom 03.08.2011 wird verwiesen.
Das Finanzamt forderte C am 29.09.2011 erstmals zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung auf. Diese ging am 07.02.2013 beim beklagten Finanzamt ein. Darin war ein gemeiner Wert der Anteile an der D & B GmbH & Co. KG in Höhe von 26.020.059 € erklärt. Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen auf den 02.06.2010 vom 29.07.2013 stellte das Finanzamt 2 einen Wert in dieser Höhe fest, von welchem auf jeden der beiden Miterben ein hälftiger Anteil von 13.010.030 € entfiel. Der Feststellungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 18.09.2013 ermittelte das Finanzamt 3 aus einem Wert des Erwerbs von 13.131.846 € unter Berücksichtigung u.a. des Verschonungsabschlages nach § 13a Abs. 1 ErbStG in Höhe von 11.058.525,08 € einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 1.791.200 € und setzte Erbschaftsteuer in Höhe von 340.328 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Wegen zu berichtigender anderweitiger Wertansätze beantragte der Kläger am 07.11.2013 eine Änderung des Bescheides nach § 164 Abs. 2 AO. Mit Bescheid vom 28.11.2013 setzte das Finanzamt 3 die Erbschaftsteuer auf 357.086 € herauf, der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Durch Bescheide vom 18.03.2014, 25.03.2014 und 03.06.2014 änderte das Finanzamt 2 die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen und stellte den Wert des Anteils auf 9.587.352 € fest. Es rechnete jedem der beiden Miterben einen hälftigen Anteil von 4.793.676 € zu und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die Ausgangslohnsumme teilte es nachrichtlich mit 50.876.804 € mit.
Am 11.04.2014 meldete sich Steuerberater F von der prozessbevollmächtigten Kanzlei telefonisch beim beklagten Finanzamt und fragte an, wann bei Insolvenz der Betrieb als aufgegeben gelte. Der Insolvenzantrag sei bereits gestellt, die Insolvenz werde am 01.06.2014 eröffnet werden. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte tatsächlich am 01.06.2014.
Mit Änderungsbescheid vom 31.07.2014 erfasste das Finanzamt 3 den Anteil am Betriebsvermögen in Höhe von 4.793.676 € und gewährte den Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG lediglich anteilig für 3 Jahre in Höhe von (4.793.676 € × 85 v.H. × 3/5 =) 2.444.774,76 €. Aus einem steuerpflichtigen Erwerb von 2.274.900 € setzte es die Erbschaftsteuer auf 432.231 € (bisher 357.086 €) herauf. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Der Kläger legte Einspruch ein mit der Begründung, den Verschonungsabschlag zeitlich bis zu einer späteren Veräußerung der Geschäftsanteile in voller Höhe zu gewähren. Der gesetzlichen Regelung sei nicht zu entnehmen, dass als Veräußerung auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelte. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe keine Auswirkungen auf den laufenden Geschäftsbetrieb des Unternehmens besessen. Es seien bislang weder Gesellschaftsanteile noch wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert worden. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 05.04.2016).
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger, anstatt des bisher angesetzten Verschonungsabschlages nach § 13a Abs...