Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe eines Anzeigeerstatters

 

Tenor

I. Der beschrittene Finanzrechtsweg ist unzulässig.

II. Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht … verwiesen.

 

Tatbestand

I.

1984 teilte ein Informant, der dem Kläger nicht bekannt ist, dem damaligen Leiter der Steuerabteilung des Ministeriums der Finanzen … A., mündlich mit, der Kläger frisiere Verträge im Zusammenhang mit dem Mandanten S. Es gehe um das Splitten von einheitlichen Verträgen mit Bauträgern zum Zwecke der Einsparung von Grunderwerb s teuer (vgl. Vernehmungsniederschrift vom 23. November 1993, Bl. 102 der Prozeßakte = PA). Über diese Erklärung unterrichtete A. telefonisch den damaligen Vorsteher des Finanzamts …, B., der in einem handschriftlichen Vermerk vom 14. Mai 1984 (Bl. 104 PA) festhielt, die vom Kläger unter den Nummern 5517/80 ff beurkundeten Verträge seien oberfaul. Obwohl S. wirtschaftlicher Erwerber der Immobilien sei, frisiere (wie wohl zu lesen) der Kläger das Vertragswerk als Objektverwertungsvertrag mit Rankenwerk. B. leitete den Vermerk an die Steuerfahndungsstelle seines Amtes. Der Vermerk wurde später zur Strafakte im Steuerstrafverfahren gegen den Kläger 105 Js (Wi) 15.684/85 genommen (vgl. Bl. 75 PA). Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle … führten bei Mandanten des Klägers zum Erlaß bzw. Änderung von Grunderwerbsteuerbescheiden mit Steuernachforderungen von wohl rund 440.000,– DM. Das von der Steuerfahndung eingeleitete und von der Staatsanwaltschaft … fortgeführte Steuerstrafverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Hinterziehung von Grunderwerbsteuer durch vorsätzliche Verstöße gegen die Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG wurde nach Hauptverhandlungen vor dem Amtsgericht, dem Landgericht und dem Oberlandesgericht … und nach Zahlung von 100.000,– DM an die Staatskasse durch Beschluß des Landgerichts … vom 21. April 1992 105 Js (Wi) 15.684/85 – 8 Ns –(Bl. 77 PA) endgültig eingestellt. In den Hauptverhandlungen vor dem Amtsgericht am 3. November und 8. Dezember 1988 sagte der frühere Geschäftsführer der Notarkammer … …, Notar C., als Zeuge unter Eid aus, die Notarkammer habe 1983 in einem neutralen Briefumschlag ohne Anschreiben Kopien von Urkunden erhalten, die der Kläger dem Finanzamt hätte vorlegen müssen. Er, … C. wisse nicht, wer der Anonymus gewesen sei und ob es sich um ein und dieselbe Person gehandelt habe, die die Verträge der Notarkammer vorgelegt und das Strafverfahren gegen den Kläger in Gang gesetzt habe (vgl. Protokolle. Bl. 86, 97 PA). Der Kläger verdächtigt C., einen Meineid geleistet zu haben, weil C. entweder der Informant der Finanzverwaltung gewesen sei oder zumindest Kenntnis von der Person des Anzeigeerstatters und den Umständen der Anzeige gehabt habe. Auf Strafanzeige des Klägers vom 25. September 1991 (Bl. 78 PA) leitete die Staatsanwaltschaft … ein Ermittlungsverfahren gegen C. ein, das sie auf Beschwerde des Klägers mit Bescheid vom 17. Januar 1995 – 101 Js 39.357/91 – (Bl. 105 PA) wieder aufnahm. In diesem Verfahren sagte A. bei einer zeugenschaftlichen Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft am 21. November 1993 u. a. aus, bei dem Informanten, dessen Identität er nach der Aussagegenehmigung nicht preisgeben dürfe, handele es sich nicht um C. (vgl. Protokoll, Bl. 102 PA).

Mit einem an den Minister der Finanzen gerichteten Schreiben vom 25. März 1995 hat der Kläger beantragt, den Straftäterkreis zu benennen, der zusammen mit A. ihn, den Kläger, denunziert habe. Dieses Auskunftsbegehren lehnte das Finanzministerium mit Entscheidung vom 6. Juni 1995 P 1005 B–413 (Bl. 8 der Ministeriumsakte) ab. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit welcher der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, den Namen des Informanten zu benennen. Durch die Benennung des Anzeigeerstatters will der Kläger als Nebenkläger das Ermittlungsverfahren gegen C. fördern und den Informanten – ggf. neben C. – auf Schadensersatz in Anspruch nehmen (vgl. Bl. 72 PA).

 

Entscheidungsgründe

II.

Für die Klage ist weder der Finanzrechtsweg noch der ordentliche Rechtsweg eröffnet. Vielmehr ist – entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung der ministeriellen Entscheidung und der Ansicht des Klägers, jedoch in Übereinstimmung mit der nunmehrigen Auffassung des Beklagten – der allgemeine Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Der Finanzrechtsweg setzt u. a. eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über eine Abgabenangelegenheit voraus (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Zu den Abgabenangelegenheiten gehören grundsätzlich alle mit der Verwaltung der Abgaben – insbesondere der Steuern – oder sonst mit der Anwendung der abgaben-(Steuer-)rechtlichen Vorschriften zusammenhängenden Angelegenheiten (§ 33 Abs. 2 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 AO). Verfolgt ein Kläger im Wege der Verpflichtungs- oder Leistungsklage einen Anspruch auf Benennung eines Anzeigeerstatters – genauer gesagt: auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens bei der Entscheidung über den Antrag auf Namensnennung (hierzu zuletzt BFH BStBl 1994 II S. 552, 802) –, s...

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