Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen eines einheitlichen Gewerbebetriebs
Leitsatz (redaktionell)
Nicht jede Verselbständigung eines Teilbereichs der gewerblichen Tätigkeit eines Einzelunternehmers begründet die Annahme eines - weiteren - selbständigen Gewerbebetriebs. Dies ist vielmehr erst dann gerechtfertigt, wenn eine vollkommene Eigenständigkeit vorliegt und die Verbindung zu der übrigen gewerblichen Tätigkeit im Wesentlichen nur in der Person des Steuerpflichtigen selbst besteht. Dieser muss die Betriebe nebeneinander am Wirtschaftsleben teilnehmen lassen. Eine Bündelung der Aktivitäten, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen, spricht für die Annahme eines einheitlichen Betriebes. Maßgeblich ist die konkrete Gestaltung der gewerblichen Tätigkeiten; zu berücksichtigen sind die für eine Trennung oder eine Vereinheitlichung bedeutsamen Umstände in ihrer Gesamtheit.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhalten hat, der sowohl die Distribution von Flyern und das Aufhängen von Plakaten als auch einen Handel mit Kunstwerken umfasste, oder ob die Betätigungsfelder des Klägers zwei getrennten Gewerbebetrieben zuzurechnen sind.
Der in L ansässige Kläger betrieb als Einzelunternehmer ursprünglich in L, dann in M ein mit 'Pressevertrieb, Bürodienstleistungen' beschriebenes Gewerbe. Zum 1. Juni 2001 meldete er eine Verlegung des Gewerbebetriebs nach H, H-Straße ... an (Bl. 6 Gewerbesteuerakte). In einem Schreiben vom 16. April 2001 an das Finanzamt M erklärte der Kläger, dass Schwierigkeiten mit seinem bisherigen Großkunden entstanden seien, so dass sich der Umsatz bis Ende 2001 deutlich reduzieren werde. Da das Vertrauen in diesen Großkunden auf dem Nullpunkt angekommen sei, sehe er sich nach einem ähnlichen Kunden und weiteren Tätigkeitsfeldern um (Bl. 47 Gewerbesteuerakte). Zum 1. Juni 2001 meldete er bei der Gemeinde H einen Gewerbebetrieb mit den Tätigkeitsfeldern Pressevertrieb, Büro-/Versanddienstleistungen, Kunst- und Antiquitätenhandel, Elektronikartikelhandel und -dienstleistung sowie Auktionator an (Bl. 3 Gewerbesteuerakte). Zum 24. Februar 2002 meldete er die Aufnahme des Tätigkeitsbereichs 'Werbeagentur' und den Wegfall des Bereichs 'Auktionator' an (Bl. 2 Gewerbesteuerakte), zum 30. August 2003 die Verlegung des Betriebssitzes nach L, W-Straße ... (Bl. 1 Gewerbesteuerakte). Beginnend im Jahr 2001 erwarb der Kläger teils über Ebay (z.B. Bl. 88 Gewinnermittlungsakte), teils von einem Herrn E und dessen Ehefrau oder durch Vermittlung des Herrn E (z.B. Bl. 13 - 21, 27 - 28 Außenprüfungsakte 27/103/8227/9) einen großen Bestand an Kunstwerken, insbesondere Gemälden, aus dem er im Streitzeitraum in geringem Umfang Veräußerungen vornahm.
Die Einkünfte des Klägers aus seiner gewerblichen Tätigkeit wurden bis zur Verlegung des Betriebs nach L durch das Finanzamt N gesondert festgestellt, das in diesem Zeitraum auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zuständig war.
Der Kläger ermittelte die Einkünfte aus den verschiedenen Tätigkeitsbereichen einheitlich als Gewinn seines spätestens ab September 2000 (Bl. 33 Gewerbesteuerakte 27/103/8113/6) als 'Kulturdistribution' bezeichneten Betriebs durch Einnahme-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) wie folgt:
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2001 |
2002 |
2003 |
Einnahmen insgesamt (brutto) |
1.636.709,06 DM |
467.282,07 € |
369.814,34 € |
davon Einnahmen Kunsthandel (netto) |
0,00 DM |
16.261,68 € |
32.389,46 € |
Ausgaben insgesamt |
1.574.291,92 DM |
467.994,60 € |
352.511,48 € |
davon Ausgaben Kunsthandel (netto) |
282.601,72 DM |
70.824,46 € |
50.302,50 € |
Gewinn |
62.417,14 DM |
-712,53 € |
17.302,86 € |
Für das Jahr 2001 gab der Kläger beim Finanzamt N eine Gewerbesteuererklärung ab, für die Folgejahre beim Finanzamt L. Hierin erklärte er die so berechneten Gewinne als Gewerbeerträge eines Gewerbebetriebs 'Kulturdistribution / Kunst- und Antiquitäten' mit den Tätigkeitsbereichen Pressevertrieb sowie Kunst- und Antiquitätenhandel. Das Finanzamt N legte im Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Jahr 2001 vom 5. Dezember 2002 einen Gewinn von 67.647,-- DM zu Grunde, da es zusätzlich zu den erklärten Einnahmen Privatanteile auf Telephon und Pkw-Nutzung berücksichtigte. Mit Bescheid vom 24. Juni 2003 setzte das Finanzamt N den Gewerbesteuermessbetrag auf 0,-- € herab; dem lag zu Grunde, dass nunmehr ein Gewerbeertrag von 23.147,-- DM angesetzt wurde (Bl. 59 Gewerbesteuerakte 'Kulturdistribution'). Dem entsprach ein am 6. Juni 2003 geänderter Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb (vergl. Bl. 90 Einkommensteuerakte), der, wie der ursprüngliche Bescheid vom 5. Dezember 2002 (vergl. Bl. 87 Einkommensteuerakte), unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung (AO)) stand. In den jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Bescheiden über die Gewerbesteuermessbeträge 2002 und 2003 ging der Bekla...