Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Abzugsfähigkeit eines Veräußerungsverlustes
Leitsatz (redaktionell)
Veräußern die jeweiligen Gesellschafter einer GmbH in Anbetracht des Wertverlusts der Beteiligung ihre gleich hohen Anteile untereinander, so dass sich nach der Veräußerung und dem unmittelbar danach erfolgten Erwerb an der bisherigen Gesellschafterstellung nichts geändert hat, ist eine solche Verfahrensweise rechtsmissbräuchlich, wenn es an nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen hierfür fehlt und lediglich darauf abgezielt wird, steuerliche Verluste zu realisieren, ohne sich von der Einkunftsquelle endgültig zu trennen.
Normenkette
AO § 42; EStG § 17 Abs. 1, 2 S. 4
Tatbestand
Streitig ist die Nichtberücksichtigung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 des Einkommensteuergesetzes -EStG- wegen des Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten.
Die Kläger sind Eheleute und wurden für 2001 mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Dipl.-Informatiker und Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft, an der er auch beteiligt ist. Die Klägerin ist dort als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 20. September 2000 gründete der Kläger zusammen mit fünf weiteren Personen, den Herren A. L., T. M., Dr. A. S., B. S. und M. M., die M + P Vermögensverwaltungs GmbH. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 350.000 € = 684.540 DM.
Hiervon übernahmen in bar:
der Kläger |
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50.000 € = 14,29 v.H. |
Herr Dr. A. S. |
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50.000 € = 14,29 v.H. |
Herr B. S. |
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50.000 € = 14,29 v.H. |
Herr M. M. |
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50.000 € = 14,29 v.H. |
Herr A. L. |
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50.000 € = 14,29 v.H. und |
Herr T. M. |
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100.000 € = 28,55 v.H. |
Die M + P GmbH hatte ausschließlich den Zweck, das als Stammkapital geleistete Geld durch Gewinne von kurzfristigen oder längerfristigen An- und Verkäufen von Aktien und Wertpapieren zu mehren. Die Kapitalgesellschaft handelte in der Folge fast ausschließlich mit Aktien am Neuen Markt. Im Gründungsvertrag vom 20. September 2000 wurde Herr T. M. zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Dieser handelte im Folgenden mit Vollmacht vom 18. September 2001 für Herrn A. L. In der Gesellschafterversammlung am 30. November 2001 wurde einstimmig zugestimmt, dass Herr T. M. einen Teil seines Stammkapitals in Höhe von 50.000 € unentgeltlich an seinen Vater Herrn D. M. übertrug. Somit waren fort an 7 Anteilseigner zu je 50.000 € am Stammkapital der M+P Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt, was einem Beteiligungsverhältnis von jeweils 14,29 v.H. entspricht.
Durch den Niedergang am Neuen Markt und der anderen Börsensegmente entwickelte sich der Zweck der Gesellschaft nicht in die erwartete und gewünschte Richtung.
Zum 31. Dezember 2001 wies das Vermögen der GmbH anhand eines Depotauszugs der Kreissparkasse W einen Wert von noch 94.575,73 DM aus. Die jeweiligen Gesellschafter der M + P Vermögensverwaltungs GmbH veräußerten in Anbetracht dieses Wertverlustes ihre jeweilige Beteiligung von 14,29 v.H. mit Verträgen vom 14. und 17. Dezember 2001 untereinander für 7.500 € und erwarben damit zeitgleich wieder eine entsprechende Beteiligung wie folgt:
Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 2001 (Urk-Nr. 2378) seine Beteiligung an Herrn B. S. und erwarb mit notariellem Vertrag vom selben Tag (Urk-Nr. 2379) in gleicher Höhe eine Beteiligung von Herrn D. M.
Entsprechende Verträge vom 14. Dezember und vom 17. Dezember 2001 liegen für die Herren M. M., B. S., D. M., T. M. und Dr. A. S. vor. Auch diese fünf Gesellschafter veräußerten - wie der Kläger - ihre Anteile und erwarben einen Gesellschaftsanteil in gleicher Höhe zurück. Diesen Veräußerungs- und Erwerbsvorgängen lagen die einstimmigen Beschlüsse der außerordentlichen Gesellschafterversammlungen vom 08. Dezember 2001 und vom 15. Dezember 2001 zugrunde. Nach den o. a. Transaktionen waren alle Gesellschafter wiederum mit 14,29 v. H., d. h. mit derselben Beteiligungsquote wie vor den Veräußerungen, an der M + P Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2001 machten die Kläger aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung seitens des Klägers einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 83.123 DM (= 42.500 €) geltend. Dieser ergab sich auf Grund der Differenz zwischen dem Wert der Stammeinlagen bei Gründung der Gesellschaft in Höhe von 50.000 € und dem Veräußerungspreis von 7.500 €.
Der Beklagte erkannte diesen Verlust im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 23. Oktober 2002 wegen Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 der Abgabenordnung -AO- nicht an.
Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger wie folgt vor:
Ein Umgehungstatbestand nach § 42 AO habe nicht vorgelegen, da die Veräußerung der GmbH-Anteile wirtschaftlich gewollt gewesen sei, um den wahren Wert der Anteile gegenüber verschiedenen Banken dokumentieren zu können. Darüber hinaus hätte der Verlust durch Gesetzesänderung ab 2002 auf Grund des dann geltenden Halbeinkünfteverfahrens nicht mehr zu ...