rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pensionszahlungen der NATO Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Pensionszahlungen der NATO sind nicht als Leibrenten, sondern als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit zu besteuern.
Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beiträge ("staff members contribution") zu den Versorgungsausgaben der NATO fließen nicht als Arbeitslohn zu. Nach dem seit Juli 1974 geltenden Pensionssystem der NATO sollten die späteren Ruhegehälter aus dem laufenden Haushalt der Organisation gezahlt werden. Mit dem Lohneinbehalt ist ein eigenständiger Rechtsanspruch des Bediensteten gegen einen als Träger der Versorgungsleistungen auftretenden Dritten nicht verbunden. Über eine rechtlich von der Organisation getrennte Versorgungseinrichtung verfügt die NATO nicht; der Träger der Versorgungsleistungen ist im Wesentlichen identisch mit der Anstellungsbehörde des Bediensteten. Unerheblich ist, inwieweit die Versorgungsbeiträge im Haushaltsplan der NATO vom übrigen Vermögen der Organisation getrennt ausgewiesen und den einzelnen Mitarbeitern als ihnen zustehender Anteil am Kapitalstock gutgeschrieben werden.
Entscheidend ist nur, dass die Aufnahme der Beträge in den Haushaltsplan der NATO weder eine Gutschrift zugunsten des Bediensteten in der Weise bewirkt, dass er als Berechtigter über diesen Teil des Arbeitslohns aus eigenem Recht verfügen kann. Auch wenn der Bedienstete durch die reduzierte Auszahlung seines Gehaltes belastet ist, führt dies jedoch nicht zum Zufluss des einbehaltenen Gehaltsanteils im Sinne des Einkommensteuerrechts. Die Einbehaltung der "staff members contribution" stellt vielmehr eine Gehaltskürzung durch die NATO dar, nicht jedoch eine Gehaltsverwendung durch den Bediensteten. Beruhen die Versorgungsbezüge deshalb nach dem Pensionssystem der NATO nicht auf eigenen Beitragsleistungen des bezugsberechtigten ehemaligen Bediensteten, so sind sie in vollem Umfang als Ruhegelder aus früheren Dienstleistungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbar und nicht steuerbefreit.
Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beiträge werden durch die volle Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch nicht in verfassungswidriger Weise doppelt mit Einkommensteuer belastet. Eine Doppelbesteuerung des Ruhegehaltes durch Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wäre nur dann gegeben, wenn frühere Beiträge des Bediensteten zum Pensionssystem der NATO bereits der Einkommensteuer unterlegen hätten. Die Lohnzahlungen während der aktiven Zeit bei der NATO sind aber nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls über die Rechtsstellung der aufgrund des Nord-Atlantik-Vertrags errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere (vgl. BGBl II 1969, 200 ff.) von der deutschen Einkommensteuer befreit, so dass die Besteuerung der Pensionsleistungen erstmalig erfolgt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 3 lit. a)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, ob Ruhebezüge steuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder als sonstige Einkünfte zu behandeln sind.
Die Kläger, die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, befinden sich im Ruhestand. Der Kläger erhält aus einem Dienstverhältnis als Soldat Versorgungsbezüge. Darüber hinaus bezieht er auf Grund einer früheren Tätigkeit als Zivilbediensteter der NATO Pensionszahlungen, die der Beklagte in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2003 bis 2008 als nachträgliche Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- behandelte. Der Beklagte führte die Steuerfestsetzungen hinsichtlich der Frage der Besteuerung der Pensionszahlungen der NATO im Hinblick auf anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht vorläufig durch.
Mit Bescheiden vom 20. Mai 2011 hob der Beklagte jeweils die Vorläufigkeit auf; in den Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2009 bis 2011 vom 23. März 2011, 20. März 2012 und 2. April 2013 qualifizierte er die Pensionszahlungen gleichfalls als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Kläger legten hiergegen jeweils Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass der Kläger durch eine freiwillige Zahlung in einen Pensionsfonds der NATO seine Ruhegehaltsbezüge aufgestockt habe. Da dieser aufgestockte Teil auf der Zahlung eigener Mittel beruhe, sei er nicht als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG, sondern als sonstige Einnahmen nach § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG zu behandeln und in der Folge nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Dies gelte auch für die übrigen Ruhestandsbezüge der NATO. Die Bezüge des Klägers würden aus dessen bereits zu aktiven Dienstzeiten erwirtschafteten Vermögen bestritten. Die einbehaltenen Beträge würden im "NATO Pension Scheme" ausdrücklich als Beiträge bezeichnet. Bei der Bemessung der Höhe der Bezüge während der aktiven Dienstzeit sei deren Steuerfreiheit bereits "eingepreist" gewesen. Die Aktivbezüge der NATO-Bedienstet...