Entscheidungsstichwort (Thema)
Eine 3-monatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin stellt keine Berufsausbildung dar
Leitsatz (amtlich)
Durch § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG wird klargestellt, dass eine kurzzeitige Ausbildung zu Rettungssanitäterin entgegen früherer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht mehr wegen § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einen Anspruch auf Kindergeld auszuschließen vermag.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 6 S. 2, § 32 Abs. 4 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin für ihre am … 1999 geborene Tochter S… (im Folgenden: S) für den Zeitraum August 2020 bis August 2021 einen Anspruch auf Kindergeld hat.
Die Klägerin erhielt für S in der Vergangenheit Kindergeld, unter anderem festgesetzt mit Bescheid vom 26. Juli 2018 mit Wirkung ab April 2018. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2018 wurde die Versetzung mit Wirkung ab November 2018 aufgehoben, da nach den Unterlagen S die Ausbildungsplatzsuche im Oktober 2018 beendet habe.
Mit am 12. Dezember 2018 eingereichten Formularen gab die Klägerin an, dass S eine Ausbildung bzw. Studium mangels Ausbildungs- oder Studienplatz noch nicht begonnen habe. Sie arbeite mit 9 Stunden pro Woche als Verkäuferin. Aus einer Notiz ergab sich, dass S am 28. August 2018 ohne Erfolg an einem Aufnahmetest für ein Studium an der Universität Wien teilgenommen habe. Mit Schreiben vom 20. Februar 2019 wurde die Klägerin aufgefordert, einen Antrag auf Kindergeld zu stellen. S antwortete mit einer Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungsplatz vom 25. Februar 2019, dass sie zum September 2019 einen Ausbildungs- oder Studienplatz suche.
Mit Antrag vom 6. März 2019 beantragte die Klägerin für S erneut Kindergeld. Die Beklagte forderte Nachweis über eigene Bemühungen für eine Ausbildung ab November 2018 an. Die Tochter legte eine E-Mail des DRK vom 26. November 2018 und 24. Januar 2019 vor, mit dem dieses anfragte, ob eine Bewerbung der S noch aktuell sei. Am 25. Januar 2019 erhielt sie eine Einladung des DRK … für eine Vorstellung am 21. März 2019. Mit E-Mail vom 28. März 2019 bestätigte das DRK, dass S sich für den Fachlehrgang Rettungssanitäter vom 3. Juni 2019 bis 28. Juni 2019 angemeldet habe.
Mit Bescheid vom 4. April 2019 wurde für S Kindergeld mit Wirkung ab November 2018 festgesetzt.
Am 19. Mai 2019 wurde S aufgefordert das Ende der beruflichen Bildungsmaßnahme nachzuweisen. Mit Bescheid vom 12. Juni 2019 wurde mit Wirkung ab Juli 2019 die Festsetzung des Kindergeldes für S aufgehoben, da laut den Unterlagen die Ausbildung im Juni 2019 ausgelaufen sei. Mit Schreiben vom 7. Juli 2019 teilte S mit, die schulische Ausbildung sei Ende Juni beendet worden, falls Unterlagen vorhanden seien, reiche sie diese noch ein. Die komplette Ausbildung ende aber erst im August oder September. Sie legte einen Ausbildungsvertrag vor, wonach die Ausbildung vom 3. Juli 2019 bis 31. August 2019 dauere. Darin verpflichtete S sich, nach der Abschlussprüfung mindestens ein Jahr bei der DRK Rettungsstelle … Dienst zu leisten. Mit Bescheid vom 6. August 2019 wurde mit Wirkung ab Juli 2019 für S Kindergeld festgesetzt.
Mit Bescheid vom 12. August 2019 wurde mit Wirkung ab September 2019 die Festsetzung des Kindergeldes für S aufgehoben, da sie im August 2019 die Berufsausbildung beendet habe.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 wurde die Klägerin dazu gehört, da sie für Juni 2019 bis August 2019 in Höhe von 695 € eventuell keinen Anspruch auf Kindergeld habe, da sie trotz Aufforderungsschreiben vom 12. August 2019 (Aufhebungsbescheid) keinen Nachweis über das Ende der Berufsausbildung vorgelegt habe. S legte daraufhin ein Zeugnis vor, wonach sie bis zum 30. August 2019 zur Rettungssanitätern ausgebildet wurde.
Am 22. Februar 2021 beantragte die Klägerin erneut Kindergeld für S. S legte ein Schreiben vom 8. Januar 2020 vor, wonach sie sich um einen Ausbildungsplatz zur Notfallsanitäterin beworben habe, für den sie am 11. Februar 2020 einen Vorstellungstermin habe. Diesem Termin folgte eine Absage seitens des DRK am 4. März 2020. Am 5. Mai 2020 fragte S beim DRK an, ob noch Personalbedarf bestehe. In der Folge legte die Klägerin einen Ausbildungsvertrag vom 7. Dezember 2020 vor, wonach S am 1. September 2021 eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin mit Laufzeit, unabhängig vom Zeitpunkt der Abschlussprüfung, bis zum 31. August 2024 absolviere. Auf den Vertrag vom 7. Dezember 2020 wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2021 wurde S aufgefordert, eine Erklärung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz sowie eine Erklärung zu einer Erwerbstätigkeit bei abgeschlossener Erstausbildung vorzulegen. S legte daraufhin eine Lohnabrechnung für den November 2020 vor, beruhend auf einem Zeitarbeitsvertrag vom 1. September 2020 bis 31. August 2021 als Aushilfe im mobilen Rettungsdienst. Auf den Vertrag vom 20. Mai 2020 wird verwiesen.
Mit Formular vom 5. März 2021 gab die Klägerin an, dass S einen Ausbildungsplatz für eine betriebliche Ausbildung gesucht habe, und zwar vom 30. November 2019 bis 7. Dezember 2020. Sie stehe i...