Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen einer Steuerbegünstigung als außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG bzw. i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG als Entschädigungen gem. § 24 Nr. 1 EStG
Leitsatz (amtlich)
Zahlungen an einen mobilen Altenpflegedienst aufgrund eines geschlossenen Vergleichs mit dem Land Rheinland-Pfalz nach Maßgabe des zwischenzeitlich aufgehobenen Landesgesetzes über ambulante, teilstationäre und stationäre Pflegehilfen vom 28. März 1995 (GVBl. RLP 1995, 55) – LPflegeHG sind nicht steuerbegünstigt. Denn sie sind weder außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG noch i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen gem. § 24 Nr. 1 EStG, sondern stellen allein Investitionsfördermaßnahmen dar.
Normenkette
EStG §§ 24, 34 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2005 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt eine mobile Altenpflege und ermittelt hierbei seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2004 waren diese Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt worden. Erstmals 2005 wurden die Einkünfte vom Beklagten antragsgemäß als Einkünfte aus selbständiger Arbeit eingestuft. In der Einkommensteuererklärung 2005 wies der Kläger einen Gewinn in Höhe von 166.520 € aus. Einen in den Betriebseinnahmen von insgesamt 636.359,05 € enthaltenen Betrag von 191.815 € bezeichnete er als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes –EStG- im Rahmen außerordentlicher Einkünfte. Hierzu gab er an, der Zahlbetrag betreffe gemäß Landesgesetz zu zahlende Förderungsbeiträge des Landes an Pflegedienste. Der Betrag von 191.815 € aufgrund eines geschlossenen Vergleichs mit dem Landkreis ... und dem Land Rheinland-Pfalz (Bl. 23 ff. ESt-A 2005) betreffe dabei die Jahre von 1995 bis 2005. Der Betrag im Verhältnis zu den Erlösen zeige dies auch deutlich. Das Jahr des Beginns (1995) sei dabei allerdings nicht explizit im Vergleich genannt.
Im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 17. September 2007 behandelte der Beklagte die streitige Zahlung aus dem Vergleich in Höhe von 191.815 € nicht als steuerbegünstigt i.S.d. § 34 EStG und unterwarf sie dem allgemeinen Steuersatz.
Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass es sich bei der Zahlung aufgrund des Vergleichs mit dem Land Rheinland-Pfalz und dem Kreis ... um außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 1 EStG gehandelt habe. Neben dem Charakter der Zahlung für einen längeren Zeitraum (von 1995 bis 2005) und der Zusammenballung (Zahlung in 2005) sei in dieser Zahlung auch eine Entschädigung i.S.d. § 24 Abs. 1 EStG zu erkennen. Denn das Land und der Kreis hätten die Summe nur gezahlt, um entgangene Einnahmen aus Förderanträgen nicht leisten zu müssen. Somit komme zumindest auch nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG eine Begünstigung i.S.d. § 34 Abs. 1 EStG in Betracht. Aus den von Pflegediensten abgeschlossenen Grundsatzvereinbarungen über die Abwicklung von Anträgen auf Förderung ambulanter Pflegedienste ergebe sich auch, dass die Pflegedienste auf die ihnen zustehenden Ansprüche verzichteten, wenn sie diesen Vergleich nicht unterschrieben hätten. Damit sei die Zahlung auf einer neuen Rechtsgrundlage, dem Vergleich, im Wege einer Entschädigung geleistet worden.
Der Beklagte wies nach Hinzuziehung der Klägerin den Einspruch mit Entscheidung vom 27. Oktober 2008 als unbegründet zurück.
Als außerordentliche Einkünfte kämen nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG in Betracht, wobei es sich um Entschädigungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen handeln müsse (§ 24 Nr. 1a EStG). Hierzu gehörten nur Zahlungen, die an die Stelle weggefallener Einnahmen träten und keine Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses seien. Eine Entschädigung liege danach nur dann vor, wenn die bisherige Grundlage für die Leistung weggefallen sei und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhe. Sei die bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben und hätten sich nur die Zahlungsmodalitäten geändert, liege keine Entschädigung vor (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044). Nach diesen Grundsätzen sei der Vergleichsbetrag, den der Kläger vom Land Rheinland-Pfalz und dem Landkreis ... erhalten habe, nicht gem. § 24 Nr. 1a i.V.m. § 34 Abs. 2 EStG begünstigt. Es fehle insoweit am Fortfall einer Einkunftsquelle, da der Kläger weiterhin mit der mobilen Altenpflege Gewinneinkünfte erziele. Die Zahlung sei Ausfluss dieser Einkunftsquelle. Außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten) lägen ebenfalls nicht vor, da die Vorschrift nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich nicht auf bilanz...