Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichbarkeit der Schweizer kantonalen Kinderzulage und des Schweizer Kinderabzugs mit dem deutschen Kindergeld. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 37/23)
Leitsatz (amtlich)
1. Die in der Schweiz gezahlten kantonalen Kinderzulagen sind mit dem deutschen Kindergeld vergleichbar. Dem steht nicht entgegen, dass die in der Schweiz gezahlten Kinderzulagen, anders als das deutsche Kindergeld der Besteuerung unterliegen.
2. Der in der Schweiz für jedes Kind gewährte Steuerabzug ist ebenfalls mit dem Kindergeld vergleichbar.
3. Die Besteuerung der schweizerischen kantonalen Kinderzulage bleibt bei der Anrechnung auf das deutsche Kindergeld unberücksichtigt.
Normenkette
EStG §§ 62-63; EGVO-883/2004 Art. 67-68
Tatbestand
Streitig ist die Festsetzung und Berechnung des Kindergeldes bzw. des Differenzkindergeldes sowie die Rückforderung des Kindergeldes für den Zeitraum Dezember 2013 bis Juni 2016.
Die Klägerin ist verheiratet mit Herrn Rechtsanwalt X, welcher sie bereits im Verwaltungsverfahren vertrat und nunmehr im Prozess vertritt (künftig: Prozessbevollmächtigter). Die Eheleute haben drei gemeinsame Kinder A., geboren am … 2006, B., geboren am … 2012 und C., geboren am … 2016.
Der Wohnsitz der Familie befand sich in dem Zeitraum Dezember 2013 bis Ende 2016 in der …straße …, D. (Deutschland).
In dem Zeitraum November 2010 bis 31.12.2012 war die Klägerin bei einem Juwelier in Deutschland mit einer monatlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt. In der Zeit vom 26.09.2012 bis 02.01.2013 bezog sie Mutterschaftsgeld (Bl. 34 d. Kindergeldakte). Bis zum 06.11.2013 bestand ein Anspruch auf Elterngeld. Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin auch unregelmäßig als Dolmetscherin tätig. Im Streitzeitraum erzielte die Klägerin lediglich im Jahr 2014 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 297,00 € (Bl. 347 ff. d. Gerichtsakte), wobei keine Gewinnermittlung und auch keine Ausgangsrechnungen vorgelegt wurden.
Der Prozessbevollmächtigte ist seit November 2011 in der Schweiz als Arbeitnehmer beschäftigt. Zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begründete er einen zweiten Wohnsitz in der …straße … in S. (Schweiz). Während der Arbeitswoche wohnt er in S. und kehrt an den Wochenenden regelmäßig zu seiner Familie nach Deutschland zurück. In Deutschland übt der Prozessbevollmächtigte daneben eine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt aus. Hierbei erzielte er die folgenden Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (Bl. 343 ff. d. Gerichtsakte):
2013: |
-3.814, € |
2014: |
-2.350 € |
2015: |
-12.627 € |
2016: |
3.137 € |
Die Schweizer Kinderzulage wurde für den Zeitraum Dezember 2013 bis Januar 2017 von der Ausgleichskasse … in voller Höhe von 200,00 CHF monatlich für jedes Kind "ausgerichtet" (= gezahlt), (Bl. 195 f. d. Gerichtsakte). Die erste Auszahlung erfolgte mit der Gehaltszahlung im April 2016. In diesem Monat erhielt der Ehemann einen monatlichen Arbeitslohn von 15.282,10 €. Als Arbeitslohn wurde ebenfalls die laufende Schweizer Kinderzulage für zwei Kinder in Höhe von jeweils 200,00 CHF, sowie eine Nachzahlung der Schweizer Kinderzulagen für die Monate 01.12.2013 bis 31.12.2015 in Höhe von insgesamt 10.000,00 CHF der Besteuerung unterworfen. Die Besteuerung erfolgte mit einem Quellensteuersatz von 18,16 % (Bl. 260 d. Gerichtsakte). Aus dem Vormonat März 2016 liegt eine weitere Lohnabrechnung (Bl. 274 d. Kindergeldakte) vor, wonach der Quellensteuersatz noch 29,59 % betrug.
Aus den vorliegenden "Einschätzungsbescheiden" im Quellensteuerverfahren für die Jahre 2013 und 2014 jeweils vom 31.09.2017 und für die Jahre 2015 und 2016 jeweils vom 31.10.2018 ergeben sich die folgenden Beträge:
2013:
Steuerbarer Bruttolohn |
CHF 158.048,00 |
Fällige Quellensteuer |
CHF 16.650,00 |
Entrichtete Quellensteuer |
CHF 39.842,45 |
Quellensteuer |
CHF -23.192,45 (Erstattungsbetrag) |
2014:
Steuerbarer Bruttolohn |
CHF 192.361,35 |
Fällige Quellensteuer |
CHF 27.101,90 |
Entrichtete Quellensteuer |
CHF 33.176,85 |
Quellensteuer |
CHF -6.074,95 (Erstattungsbetrag) |
2015:
Steuerbarer Bruttolohn |
CHF 187.990,00 |
Fällige Quellensteuer |
CHF 24.177,55 |
Entrichtete Quellensteuer |
CHF 37.513,70 |
Quellensteuer |
CHF -13.336,15 (Erstattungsbetrag) |
2016:
Steuerbarer Bruttolohn |
CHF 220.956,20 |
Fällige Quellensteuer |
CHF 30.916,15 |
Entrichtete Quellensteuer |
CHF 36.790,55 |
Quellensteuer |
CHF -5.874,40 (Erstattungsbetrag) |
Aus diesen Einschätzungsbescheiden ergeben sich die folgenden gerundeten Steuersätze:
2013 |
10,53 % |
2014 |
14,08 % |
2015 |
12,86 % |
2016 |
14,01 % |
Die Klägerin beantragte erstmals am 13.09.2006 im Einverständnis mit dem Prozessbevollmächtigten Kindergeld für den Sohn A. (Bl. 1 ff. d. Kindergeldakte). Ebenfalls im Einverständnis mit dem Prozessbevollmächtigten beantragte die Klägerin am 20.11.2012 Kindergeld für den Sohn B. (Bl. 11 ff. d. Kindergeldakte).
Mit Bescheid vom 19.03.2013 (Bl. 48 d. Kindergeldakte) setzte die Beklagte Kindergeld in Höhe von 184 € (gesetzliche Höhe) für die Kinder A. und B. ab November 2012 fest...