Entscheidungsstichwort (Thema)
Umweltberater kann freiberuflich tätig sein
Leitsatz (redaktionell)
Einen ähnlichen Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann ein Umweltberater dann ausüben, wenn er einem beratenden Betriebswirt vergleichbare Beratungsleistungen erbringt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass er mit seinen praktischen Arbeiten die ganze Bandbreite eines betriebswirtschaftlichen Studiums abdeckt. Seine Beratungstätigkeit muss aber von vergleichbarer Qualität sein, wobei sich die Kenntnisse auch auf andere Bereiche, wie z. B. Kunststofftechnik und Umweltschutz, erstrecken können. Anderenfalls wäre neuen Berufsgruppen der Zugang zu den gewerbesteuerlich begünstigten freien Berufen versperrt.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der 1943 geborene Kläger ist seit November 1994 in der Sachverständigenberatung in umweltrelevanten Fragestellungen selbständig tätig.
Im Rahmen der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 1995 wurde der aus dieser Tätigkeit erzielte Gewinn den gewerblichen Einkünften zugeordnet. Dementsprechend erging am 6. Januar 1997 ein Gewerbesteuermessbescheid für 1995 und am 30. Juni 1997 ein Änderungsbescheid.
Mit seinem Einspruch gegen diese Bescheide hat der Kläger ausgeführt, dass er ähnlich einem beratenden Betriebswirt im Bereich des Umwelt-Marketings tätig sei. Er berate Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie bei umweltrelevanten Fragen, informiere über die Umweltgesetzgebung und schlage u. a. Vermeidungs- und Verwertungsstrategien vor. Dabei sei das Betätigungsfeld im Umweltbereich, der sich verstärkt erst seit einigen Jahren entwickelt und ausgebaut habe, extrem vielseitig, so dass eine Spezialisierung nötig sei. Der vom Kläger abgedeckte Bereich reiche von Recherchen zur Marktentwicklung, politischen und gesellschaftspolitischen Strömungen, Rechtsfragen, Entwicklung der Entsorgungswirtschaft usw. über Lobbying, Erstellung von Gutachten, Information und Beratung bis hin zur Entwicklung von Strategien und Konzepten zur Umsetzung im Markt.
Seine Kenntnisse würden die Absatzwirtschaft im weitesten Sinne, Kenntnisse im Recht, im Marketing, im Bereich der Personalführung, im Bereich der Kunststofftechnik, -verarbeitung und -verwertung, des Materialwesens, der Logistik usw. betreffen. Diese Kenntnisse hätte er mit seiner beruflichen Arbeit, durch in der Praxis erworbenes Wissen, und im Selbststudium erworben.
Nach dem Realschulabschluss habe er einen sehr guten Lehrabschluss zum Industriekaufmann gemacht. Er verfüge über 30-jährige kaufmännische Berufserfahrung, davon 12 Jahre als Verkaufsleiter, vier Jahre als Marketing-Leiter und sechs Jahre als Mitglied der Geschäftsleitung (Prokurist) in einem zu einem internationalen Konzern gehörenden Unternehmen mit ca. 450 Mitarbeitern und über 150 Mio. DM Umsatz. Der Kläger führe seit 30 Jahren Personal und sei auch viele Jahre in der Lehrlingsausbildung eingebunden gewesen.
In diesen langjährigen Leitungspositionen habe er die für einen beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf nötigen theoretischen Kenntnisse erworben, was auch daraus ersichtlich sei, dass er inzwischen auch bereits sechs Jahre als Alleingeschäftsführer einer Dienstleistungs-GmbH mit internationalen Gesellschaftern (Unternehmensführung) tätig sei.
Mitte der achtziger Jahre sei eine Spezialisierung auf umweltrelevante Fragen erfolgt, und zwar durch: regelmäßige Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, auch auf internationaler Basis, z. B. langjährige Teilnahme am Arbeitskreis des RKW, ...; Teilnahme am Umweltarbeitskreis IHK ...; Deutschland-Vertreter in internationaler Arbeitsgruppe "Umwelt" des ...-Konzerns und Teilnahme an diversen Kongressen, Seminaren und Schulungen; regelmäßiges Studium aller relevanten Fachzeitschriften und -publikationen aus den Bereichen Kunststoff, Verpackung, Umwelt; Fachlehrgang für Leitungs- und Beaufsichtigungspersonal von Entsorgungsfachbetrieben (UTK / IHK); Zertifikat als Umweltbetriebsprüfer (EFQ-Akademie / IHK ...).
Der Kläger hatte der Einspruchsbegründung umfangreiches Material (Anlagen 1 bis 14 der Einspruchsbegründung) über seinen Tätigkeitsbereich und seinen beruflichen Hintergrund beigefügt, welches die im Selbststudium erworbenen Kenntnisse belegen sollen. Weitere Unterlagen hat er im Klageverfahren als Anlagen 15 bis 21 beigefügt.
In seiner Einspruchsentscheidung vom 24. September 1997 hat der Beklagte den Standpunkt vertreten, dass der Kläger gewerblich tätig sei, da seine Tätigkeit der eines beratenden Betriebswirts nicht ähnlich sei.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Kläger nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule oder Fachhochschule verfüge, so dass er eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen müsse. Es sei von der Rechtsprechung zugelassen, dass dieser Nachweis der theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten geführt werden könne. Für diese Form des Nachweises sei es jedoch erforderlich...