Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Umsätzen einer Diplom-Sportlehrerin
Leitsatz (amtlich)
Die Umsätze einer Diplom-Sportlehrerin erfüllen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG, wenn es sich dabei um Heilbehandlungen im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c) der Richtlinie 77/388/EWG handelt und er die hierfür erforderliche Befähigung hat.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14 S. 1; RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c)
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die von der Klägerin erzielten Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sind.
Die Klägerin ist als Diplom-Sportlehrerin selbständig tätig. Sie führt folgende Maßnahmen durch: Rückenschule zur besseren Körperhaltung und Entlastung des Bewegungsapparates, Organgymnastik zur Kräftigung der inneren Organe, Atemtherapie zur besseren Durchblutung der Organe, Isometrisches Muskeltraining zur Vorsorge gegen Osteoporose und Funktionstraining (Trokkengymnastik) in Rheumagruppen.
Für die Streitjahre hat sie keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben, da sie davon ausging, ausschließlich gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze zu erzielen. Das Finanzamt gelangte nach Durchführung einer sich auf die Jahre 1996 bis 1998 beziehenden Außenprüfung jedoch zu der Ansicht, die Klägerin habe steuerpflichtige Umsätze ausgeführt, und setzte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schätzungsbescheiden für 1993 bis 1995 vom 04. Oktober 2000 bzw. mit Umsatzsteuerbescheiden für 1996 bis 1998 vom 01. August 2000 Umsatzsteuern fest.
Mit ihren hiergegen fristgerecht eingelegten Einsprüchen (Bl. 1 und 20/Rechtsbehelfsverfahren 93 bis 98, USt-Akten) wendete die Klägerin ein, gem. § 4 Nr. 14 UStG seien auch die den dort genannten sog. Katalogberufen ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten steuerbefreit. Gem. dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 29.10.1999 (2 BvR 1264/90, BStBl II 2000, 155) sei eine berufsrechtliche Regelung zwar geeignet, die berufliche Qualifikation einzuschätzen, das Fehlen einer solchen Regelung reiche jedoch für sich genommen nicht aus, eine Ähnlichkeit im o. g. Sinne zu verneinen und die Berufstätigkeit als umsatzsteuerpflichtig einzustufen, denn erkennbarer Normzweck der Steuerbefreiung sei es, die Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer zu entlasten. Das heiße: Umsatzsteuerfrei seien Leistungen, die ihrer Art nach bei in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten normalerweise von den Krankenkassen gezahlt würden.
Die Klägerin hat hierzu eine Vereinbarung zwischen dem Landesverband Rheinland-Pfalz e. V. der Deutschen Rheuma-Liga vom 30. Juni 1994 sowie verschiedene Schreiben der DAK, der BEK, der BASF-Betriebskrankenkasse und der AOK aus dem Jahre 2000 zur Übernahme von Kosten bzw. zur Kostenbeteiligung für von der Klägerin erbrachte Leistungen und eine Vereinbarung zur Förderung von Funktionstraining in Rheuma-Gruppen zwischen der Deutschen Rheuma-Liga, Landesverband Rheinland-Pfalz e. V. und verschiedenen Krankenkassen bzw. Krankenkassenverbänden vorgelegt, wegen deren Inhalt auf Bl. 3 bis 15/Rechtsbehelfsverfahren 93 bis 98, USt-Akten, Bezug genommen wird.
Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 06. Februar 2001 (Bl. 32 ff/Rechtsbehelfsverfahren 93 bis 98, USt-Akten) zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, im Streitfall komme als ähnliche heilberufliche Tätigkeit zwar die des Krankengymnasten in Betracht, ein Beruf sei einem der im Gesetz genannten Katalogberufe jedoch nur dann ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufes mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufes vergleichbar sei. Zu diesen wesentlichen Merkmalen gehörten die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit, die Vergleichbarkeit der Ausbildung, die Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Regelungen betreffend Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung sowie hinsichtlich der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung. Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit sei die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung einer Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen. Die Berufsbilder der Gymnastiklehrerin (die Steuerberaterin der Klägerin hatte zunächst angegeben, die Klägerin sei Gymnastiklehrerin) und der Krankengymnastin seien einander jedoch nicht ähnlich. Die Gymnastiklehrerin sei unter ärztlicher Aufsicht tätig, vorwiegend in Kurkliniken und im Bereich von Gruppentherapien. Die Behandlung durch eine Gymnastiklehrerin sei durch eine pädagogische Zielsetzung gekennzeichnet, nämlich in der Einübung medizinisch richtiger und notwendiger Tätigkeiten für den Alltag. Die Gymnastiklehrerin sei rechtlich nicht in der Lage, medizinisch behandelnd tätig zu werden, denn ihr Beruf sei im Heilpraktikergesetz und daran anknüpfenden Gesetzen nicht aufgeführt. Demgegenüber werde ein Krankengymnas...