Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeld für unentschuldigt nicht erschienenen Zeugen
Leitsatz (amtlich)
Für einen unentschuldigt zum Termin zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme nicht erschienenen Zeugen ist trotz Klagerücknahme ein Ordnungsgeld festzusetzen.
Normenkette
FGO § 82; ZPO §§ 380-381; EGStGB Art. 6 Abs. 1
Tatbestand
I.
Frau S. wurde mit Verfügung der Vorsitzenden vom 8. August 2024, zugestellt am 10. August 2024, als Zeugin zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am … 2024 geladen (Blatt 167 f., 186 der Gerichtsakte). Dabei wurde sie darauf hingewiesen, dass für den Fall des unentschuldigten Nichterscheinens ein Ordnungsgeld nach § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 380 der Zivilprozessordnung (ZPO) festzusetzen ist.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am … 2024 erschien die Zeugin nicht. Vier Tage zuvor - am … 2024 - hatte sich fernmündlich eine männliche Person bei der berichterstattenden Richterin gemeldet, die sich mit "X" vorstellte. Er erklärte, er habe für die nächste Woche einen Flug gebucht, hätte den aber stornieren können. Die Beigeladene und seine Schwester S. hätten auch Flüge gebucht, die sie jedoch nicht stornieren könnten, ohne dass sie ihr Geld verlieren würden. Der Anrufer fragte, was die Beigeladene und seine Schwester machen könnten. Die Berichterstatterin erklärte dem Anrufer, dass die Beigeladene und seine Schwester die Hinderungsgründe schriftlich vortragen müssten. Ob eine Abladung erfolgen könne oder nicht, hinge auch davon ab, wann die Buchung der Flüge erfolgt sei (vor der Ladung zum Termin oder danach). Ein Nachweis für die Buchung müsse schriftlich vorgelegt werden. Der Anrufer erklärte, er wisse nicht, wann die Beigeladene und seine Schwester ihren Flug gebucht hätten. Dies wolle er abklären. Er habe sich auch bei der Polizei erkundigt. Dort habe man ihm gesagt, er könne die Unterlagen auch bei der Polizei vorlegen. Die Berichterstatterin erklärte dem Anrufer, dass die Polizei nichts mit dem Finanzgericht zu tun habe. Mutter und Schwester müssten die Unterlagen an das Finanzgericht schicken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Telefonvermerk der Berichterstatterin verwiesen (Blatt 207 der Gerichtsakte).
Am Verhandlungstag (… 2024) übermittelte der Zeuge X per E-Mail eine von der Zeugin S. handschriftlich unterzeichnete Erklärung, in der sie sich zum Beweisthema, nicht hingegen zu den Gründen für ihr Nichterscheinen äußerte (Blatt 215 der Gerichtsakte).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am … 2024 wurde die Klage nach Erörterung der Sach- und Rechtslage und vor einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der erschienenen Zeugen zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
II.
Gegen die unentschuldigt zum Termin zur mündlichen Verhandlung am … 2024 nicht erschienene Zeugin S. war ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von einem Tag zu verhängen.
1.
Die öffentlich-rechtliche Pflicht des ordnungsgemäß geladenen Zeugen, zum Termin zu erscheinen, hat im Falle seines Ausbleibens zur Folge, dass dem Zeugen die dadurch verursachten Kosten auferlegt werden und gegen ihn ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft festgesetzt wird (§ 82 FGO i.V.m. § 380 ZPO; vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. April 2019 II B 64/18, BFH/NV 2019, 710). Diese Maßnahmen sind gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Sie entfallen nur, wenn der Zeuge das Ausbleiben - zumindest nachträglich - genügend entschuldigt (§ 82 FGO i.V.m. § 381 ZPO).
Im vorliegenden Fall wurde die Zeugin S. ordnungsgemäß als Zeugin geladen (§ 82 FGO i.V.m. § 377 Abs. 2 ZPO). Gründe für ihr Fernbleiben wurden von ihr überhaupt nicht und von ihrem Bruder, dem Zeugen X, nur vage und unsubstantiiert vorgetragen. Die Versäumung eines Termins durch einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen ist nach ständiger Rechtsprechung nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe genügend entschuldigt (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2019 II B 64/18, BFH/NV 2019, 710). Derartige Gründe sind nicht ansatzweise ersichtlich und wurden auch nicht nachträglich geltend gemacht.
2.
Das festgesetzte Ordnungsgeld beträgt 100 €.
Maßgebend für die nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmende Höhe des Ordnungsgelds, das 5 € bis 1.000 € betragen darf (Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch), sind insbesondere die Bedeutung der Rechtssache sowie der Zeugenaussage für die Entscheidung, ferner die Schwere der Pflichtverletzung und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeugen (ebenda). Ferner ist bei der Festsetzung der Höhe des Ordnungsgelds zu berücksichtigen, ob sich der Rechtsstreit durch das Nichterscheinen des Zeugen verzögert hat. § 380 ZPO dient auch der Verhinderung pflichtwidriger Verfahrensverzögerungen; der Rechtsstreit soll im Interesse des effektiven Rechtsschutzes nach Möglichkeit in einem Haupttermin erledigt werden (ebenda).
Vor diesem Hintergrund hat das Gericht ein Ordnungsgeld am unteren Rand des gesetzlichen Rahmens und ersatzweise Ordn...