OFD Niedersachsen, Verfügung v. 15.3.2017, S 2350 - 14 - St 215

Die Aufwendungen der Beamtenanwärter/-innen für ihre Ausbildung sind als Werbungskosten abziehbar. § 12 Nr. 5 EStG findet keine Anwendung, weil die (erstmalige) Berufsausbildung bzw. das (Erst-)Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

 

I. Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und jeweiligem Ausbildungsfinanzamt

 

1. Regelmäßiges Ausbildungsfinanzamt

Gem. § 9 Abs. 4 Satz 1 – 3 EStG ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, dem der Arbeitnehmer durch dienst- oder arbeitsrechtliche Weisungen zugeordnet wurde und wo er dauerhaft tätig werden soll. Dauerhaft soll der Arbeitnehmer an einem Ort tätig werden, wenn er dort für unbestimmte Zeit, einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten oder für den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses tätig werden soll. Die Anwärter werden ihrem Ausbildungsfinanzamt durch ihre Einstellungsverfügung zugeordnet. Die Zuordnung umfasst die gesamte Ausbildung und somit den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses, es handelt sich somit um eine dauerhafte Zuordnung.

Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und dem Ausbildungsfinanzamt sind somit grundsätzlich mit der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen.

 

2. Vorübergehende Zuordnung zu einem anderen Finanzamt

Werden die Anwärter/-innen von ihrer ersten Tätigkeitsstätte (Ausbildungsfinanzamt) vorübergehend an ein anderes Finanzamt abgeordnet (z.B. Ausbildung im Bereich der „Kasse” oder zur Ausbildung in einem Betriebsprüfungsfinanzamt), so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit i.S.d. R 9.4 LStR und die Anwärter/-innen können Reisekosten geltend machen. Fahrtkosten sind nach R 9.5 LStR und Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR als Werbungskosten zu berücksichtigen.

 

3. Unterrichtsfinanzamt

Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Unterrichtsfinanzamt im Rahmen der Ausbildungsarbeitsgemeinschaften (AAG) handelt es sich um beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten. Die Fahrtkosten sind nach R 9.5 LStR und die Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR zu berücksichtigen.

 

II. Aufwendungen aus Anlass der Teilnahme an auswärtigen Lehrgängen

Werden die Anwärter/-innen von ihrer ersten Tätigkeitsstätte für die Teilnahme an Lehrgängen vorübergehend an die Steuerakademie Niedersachsen abgeordnet, so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit. Die Anwärter/-innen können für den Zeitraum der Abordnung Reisekosten gem. R 9.4 LStR geltend machen.

Für die gesamte Dauer des Lehrgangs sind folgende Reisekosten abzugsfähig:

 

1. Fahrtkosten

Fahrtkosten nach R 9.5 Abs. 1 LStR.

 

2. Mehraufwendungen für Verpflegung

Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR. Bei längerfristigen Auswärtstätigkeiten ist die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate (Dreimonatsfrist, § 9 Abs. 4a Satz 7 EStG) zu berücksichtigen. Die längerfristige Auswärtstätigkeit gilt bei einer Abwesenheit von mehr als vier Wochen als unterbrochen und die Dreimonatsfrist beginnt von Neuem.

 

2.1. Besonderheit bei (Steuer)Anwärter/-innen mit Mahlzeitengestellung

Die Steueranwärter/-innen (2. Einstiegsamt der 1. Laufbahngruppe – ehem. mittlerer Dienst) sind an der Steuerakademie Niedersachsen in Bad Eilsen grundsätzlich auswärts tätig und können gem. § 9 Abs. 4a EStG Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen. Den Steueranwärter/-innen werden auf Veranlassung des Arbeitgebers Mahlzeiten (Frühstück, Mittag- und Abendessen) zur Verfügung gestellt. Für die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten haben die Steueranwärter/-innen ein Entgelt zu entrichten, das sind zurzeit folgende Beträge:

Frühstück 2,70 EUR
Mittagessen 3,80 EUR
Abendessen 3,00 EUR
   
insgesamt: 9,50 EUR

Die Verpflegungspauschalen i.S. des § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG sind gem. § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG um die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten zu kürzen. Da die Steueranwärter/-innen für die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten ein Entgelt zu entrichten haben, ist die Kürzung der Verpflegungspauschalen nach § 9 Abs. 4a Satz 10 i.V.m. Satz 8 EStG zu kürzen.

Beispiel:

24h Abwesenheit (übertägig und Vollverpflegung):

Verpflegungspauschale   24,00 EUR
./. Mahlzeitengestellung des ArbG 24,00 EUR  
  (Frühstück, Mittag- und Abendessen)    
  ./. Zuzahlung der Steueranwärter    
  Frühstück ./. 2,70 EUR  
  Mittagessen ./. 3,80 EUR  
  Abendessen ./. 3,00 EUR  
       
verbleibende Kürzung der VMA 14,50 EUR  
./. Kürzung gem. § 9 Abs. 4a Satz 10 i.V.m. Satz 8 EStG ./. 14,50 EUR  
verbleibende Verpflegungsmehraufwendungen   9,50 EUR
 

3. Kosten der Unterbringung am Lehrgangsort

Beschaffen sich die Anwärter/-innen am Lehrgangsort selbst eine Unterkunft, sind die Übernachtungskosten in tatsächlicher Höhe Werbungskosten (R 9.7 LStR). Übernachten...

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