Alexander C. Blankenstein
Als weitere Finanzierungsform kann auch eine Kreditaufnahme infrage kommen. Bereits der BGH hatte insoweit bestätigt, dass eine entsprechende Beschlusskompetenz besteht und die Aufnahme eines Kredits durchaus auch unter bestimmten Voraussetzungen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Seit Inkrafttreten des WEMoG wird die Kreditaufnahme auch ausdrücklich in § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG erwähnt. Hiernach ist der Verwalter zwar außergerichtlicher und gerichtlicher Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, allerdings mit Ausnahme des Abschlusses von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. Insoweit muss der Verwalter durch Beschluss der Wohnungseigentümer entsprechend ermächtigt werden. Bei der Frage, ob eine Kreditaufnahme den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, sind stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls entscheidend.
Mangels Anfechtung Bestandskraft
Da den Wohnungseigentümern Beschlusskompetenz hinsichtlich einer Kreditaufnahme zukommt, wird die Frage, ob ein entsprechender Beschluss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lediglich im Fall der Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG überprüft. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist erwächst der Beschluss über die Kreditaufnahme also in Bestandskraft. Das Einzelinteresse zur Ermittlung des Streitwerts eines Beschlusses über den Abschluss eines Darlehensvertrags bemisst sich dabei nach dem Anteil, der auf den klagenden Wohnungseigentümer entfällt.
Im Hinblick auf eine Kreditaufnahme ist stets zu differenzieren:
- Handelt es sich lediglich um eine kurzzeitige Kreditaufnahme etwa in Form eines Kontokorrentkredits zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe oder
- handelt es sich um eine langfristige Kreditaufnahme zur Finanzierung von Erhaltungsmaßnahmen oder Maßnahmen der baulichen Veränderung.
Keine eigenmächtige Kreditaufnahme
Unerheblich, ob es sich um einen kurzzeitigen Kredit oder eine langfristige Kreditaufnahme handelt, ist der Verwalter aus eigenem Recht nicht zur Kreditaufnahme ermächtigt. Stets bedarf es eines entsprechenden Ermächtigungsbeschlusses der Wohnungseigentümer, was sich bereits aus § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG ergibt.
2.6.1 Kurzzeitige Kreditaufnahme
Regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht ein Mehrheitsbeschluss, der kurzfristige Liquiditätsengpässe vermeiden soll. Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:
- Der Kreditbetrag sollte nicht eine Summe übersteigen, die das 3-fache der monatlichen Hausgeldzahlungen der Gesamtgemeinschaft übersteigt.
- Des Weiteren ist natürlich zu beachten, dass eine entsprechende Beschlussfassung nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, wenn tatsächlich ein Liquiditätsengpass besteht.
- Schließlich dürfte eine Beschlussfassung zur generellen Kreditaufnahme bzw. Kontenüberziehung die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft übersteigen, da Kreditaufnahme oder Kontenüberziehung stets mit einer Zinsbelastung und der persönlichen Teilhaftung der einzelnen Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 4 WEG hinsichtlich der Rückzahlung verbunden ist.
Bezogen auf die konkrete Wirtschaftsperiode dürfte ein entsprechender "Vorrats"-Beschluss nur dann ein Anfechtungsrisiko bergen, wenn die vorerwähnten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Im Beschluss selbst sollte jedenfalls klar zum Ausdruck kommen, dass die entsprechende Kreditaufnahme bzw. Kontenüberziehung ausschließlich dann erfolgen kann, wenn ein Liquiditätsengpass etwa infolge des Ausfalls von Hausgeldzahlungen einzelner Miteigentümer tatsächlich entstanden ist.
TOP XX Kreditaufnahme zur Vermeidung eines Liquiditätsengpasses
Zur Vermeidung kurzzeitiger Liquiditätsengpässe der Gemeinschaft in der laufenden Wirtschaftsperiode 20__, insbesondere im Fall des Ausfalls von Hausgeldzahlungen einzelner Wohnungseigentümer, ist der Verwalter berechtigt, das Girokonto der Gemeinschaft kurzfristig und in begrenzter Höhe zu überziehen. Eine entsprechende Überziehung bedarf der Zustimmung des Verwaltungsbeirats. Der Überziehungszeitraum ist auf 3 Monate begrenzt. Das Kreditvolumen darf den 3-fachen Betrag der monatlich von den Wohnungseigentümern vorauszuzahlenden Hausgelder nicht übersteigen. Sollte das Konto nach Ablauf von 3 Monaten noch nicht ausgeglichen sein, wird der Verwalter eine außerordentliche Eigentümerversammlung zwecks Erhebung einer Sonderumlage einberufen.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:
______________
Der Beschluss, _____ (Inhalt), wurde angenommen/abgelehnt.