Rz. 39

Der Ehegatte wird nach finnischem Recht nicht Erbe, sofern Leibeserben vorhanden sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er ohne Rechte wäre. So steht ihm grundsätzlich das Recht zu, den ungeteilten Nachlass bis zu seinem Tode zu behalten. Die Erben und testamentarisch Bedachten sollen nach Vorstellung des Gesetzgebers ihr Recht erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten realisieren. Hiervon gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen.

 

Rz. 40

Im Erbfall werden nach finnischem Recht das Erbrecht und das Ehegüterrecht miteinander verknüpft. Erst wenn eine ehegüterrechtliche Auseinandersetzung durchgeführt ist, steht fest, was zum Nachlass des Erblassers gehört.

 

Rz. 41

Die ehegüterrechtlichen Vorschriften unterscheiden sich wesentlich von denen des deutschen Rechts. Nach dem im finnischen Ehegesetz (avioliittolaki, AL) festgeschriebenem gesetzlichen Ehegüterstand sind nach § 35 Abs. 1 AL die Ehegatten grundsätzlich am gesamten Vermögen des anderen Ehegatten beteiligt. Dieses Recht ist das Ehegattenanteilsrecht (avio-osuus). Ein Anfangsvermögen, welches nicht unter den güterrechtlichen Ausgleich fällt, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Ausnahme bildet lediglich das Vorbehaltsgut, welches aufgrund eines besonderen Erwerbstatbestandes nicht dem Eheanteilsrecht unterfällt. So ist es üblich, in finnischen Testamenten festzulegen, dass der Ehegatte des Erben kein Ehegattenanteilsrecht an der Erbschaft erwerben soll.

 

Rz. 42

Im güterrechtlichen Ausgleichsverfahren wird zunächst geklärt, wie das Vermögen den beiden Ehegatten zuzuordnen ist. Nach Ausgleich der Verbindlichkeiten werden die Vermögen, an denen ein Ehegattenanteilsrecht besteht, zusammengezählt. Jedem der Ehegatten steht die Hälfte dieses Betrages zu. Dem Ehegatten mit dem geringeren Vermögen erwächst hieraus ein Ausgleichsanspruch (tasinko). Sofern der überlebende Ehegatte einen solchen Anspruch hat, wird dieser gegenüber den Erben geltend gemacht. Falls jedoch das Vermögen des überlebenden Ehegatten größer ist, so ist zu differenzieren:

Grundsätzlich ist der überlebende Ehegatte privilegiert, d.h. nicht verpflichtet, diesen Ausgleich zu leisten (tasinkoprivilegi). Der Ausgleich wird erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten vorgenommen.
Jedoch haben Abkömmlinge und Vermächtnisnehmer das Recht, schon vorher die Auseinandersetzung zu verlangen. Um den überlebenden Ehegatten dann nicht gänzlich schutzlos zu lassen, steht ihm das Recht zu, die eheliche Wohnung nebst Mobiliar weiterzubenutzen. Ist eine solche Wohnung nicht vorhanden, so steht dem überlebenden Ehegatten ein Anspruch auf Unterstützung zu (PK 3: 1a Abs. 4 i.V.m. PK 8:2).
 

Rz. 43

Eine Erbenstellung erhält der überlebende Ehegatte nur in den Fällen, in denen der Erblasser keine Leibeserben hatte. Dann ist der überlebende Ehegatte Alleinerbe (PK 3:1 Abs. 1). Die Verwandten des Erblassers werden in diesem Fall sogenannte Sekundärerben und erben neben den Erben des überlebenden Ehegatten erst nach dessen Tod.

 

Rz. 44

Gleichgeschlechtliche Partner hatten in Finnland seit dem 1.3.2003 aufgrund des Gesetzes 950/2001 die Möglichkeit, ihre Partnerschaft registrieren zu lassen. Seit dem 1.3.2017 wird im finEhegesetz (Avioliittolaki, 13.6.1929/234) nicht mehr zwischen gleichgeschlechtlicher Ehe und Ehe zwischen Mann und Frau unterschieden. Paare, die in einer registrierten Partnerschaft leben, haben gem. 1:1a finEhegesetz das Recht, ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln zu lassen. Erbrechtlich ist diese Partnerschaft der Ehe gleichgestellt.

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