Rz. 57
Eine güterrechtliche Auseinandersetzung kann mit der Rechtshängigkeit der Scheidung gem. § 85 finnisches Ehegesetz verlangt werden. Fristen zur tatsächlichen Durchführung der Auseinandersetzung gibt es nicht. Die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens bildet dabei zeitlich eine Zäsur. Danach erworbenes Vermögen fällt nicht mehr in den Ausgleich. Im Gegensatz zum deutschen Zugewinnausgleich kennt das finnische Recht kein sog. Anfangsvermögen. Vielmehr fällt grundsätzlich das gesamte Vermögen der Ehepartner unter das Ehegattenanteilsrecht, sofern es sich nicht um Vorbehaltsgut handelt, das durch Ehevertrag ausgeschlossen wurde oder bei dessen Erbschaft oder Schenkung explizit das Ehegattenanteilsrecht ausgeschlossen worden ist (vgl. Rdn 25).
Rz. 58
Im güterrechtlichen Ausgleichsverfahren wird zunächst geklärt, wie das Vermögen den beiden Ehegatten zuzuordnen ist. Nach Ausgleich der Verbindlichkeiten wird das Vermögen, an dem ein Ehegattenanteilsrecht besteht, addiert. Dem Ehegatten mit dem geringeren Vermögen erwächst hieraus ein Ausgleichsanspruch (tasinko). Der Ausgleich erfolgt nach Wahl des Ausgleichspflichtigen durch Übereignung einzelner Vermögensgegenstände, deren Wert im Ausgleichverfahren festgesetzt wurde, oder durch eine Geldzahlung. Für den Fall der Überschuldung einer der Parteien wird sein Vermögen mit Null angesetzt. Das Ausgleichsverfahren kann von den Parteien selbst durchgeführt werden oder auf Antrag durch einen gerichtlich bestellten Teilungsbeauftragten. Es gelten hinsichtlich des Teilungsbeauftragten die im finnischen Erbrechtsgesetz getroffenen Regelungen. Führen die Parteien das Ausgleichsverfahren ohne Teilungsbeauftragten durch, besteht Schriftformerfordernis, wonach der Auseinandersetzungsvertrag von beiden Parteien sowie zwei Zeugen zu unterzeichnen ist, § 98 AL, Kap. 23 § 9 finnisches Erbrechtsgesetz. Inhaltlich besteht jedoch Vertragsfreiheit. Der Inhalt kann daher auch sehr allgemein gehalten sein. Wird Vermögen übertragen, sollte dies zu Dokumentationszwecken detailliert festgehalten werden, insbesondere bei Immobilien, da dies für die Änderung im Grundbuch benötigt wird.
Rz. 59
Der Teilungsbeauftragte versucht, im Konsens mit den Parteien eine einvernehmliche Aufteilung zu erreichen. Sollte dies nicht möglich sein, erstellt der Teilungsbeauftragte den Auseinandersetzungsvertrag nach den gesetzlichen Vorschriften. Die Parteien können den Vertrag dann binnen sechs Monaten anfechten. In diesem Fall entscheidet das Gericht über den letztendlich vorzunehmenden Ausgleich. Die Parteien haben dabei die Möglichkeit, das Verfahren teuer zu gestalten und es auch erheblich in die Länge zu ziehen.
Rz. 60
Nach dem finnischen Ehegüterrecht unterfällt sämtliches Vermögen dem Ehegattenanteilsrecht, sofern es sich nicht um Vorbehaltsgut handelt. Damit wird auch das in die Ehe eingebrachte Vermögen vollständig einbezogen. Dies führt gerade bei Scheidungen nach nur kurzer Ehedauer zu unbilligen Ergebnissen, da der vermögendere Ehegatte durch den Ausgleich unverhältnismäßig stark belastet wird. Im Jahr 1987 wurde daher mit § 103b AL die Möglichkeit der Anpassung des Ergebnisses in das finnische Ehegesetz eingefügt. Eine Anpassung kann danach vorgenommen werden, wenn das Ergebnis des Ausgleichsverfahrens unbillig wäre oder einer der Ehegatten ohne Grund einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen würde. Bei der Beurteilung sind insbesondere die Dauer der Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie damit in Zusammenhang stehende Fakten zu berücksichtigen. Die Schuldfrage ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, da das Schuldprinzip im finnischen Eherecht abgeschafft worden ist (siehe Rdn 45).