1. Zuständige Behörde
Rz. 7
Im finnischen Eherecht gilt der Grundsatz der fakultativen Zivilehe. Die Pflicht, wie in Deutschland, zwingend auch standesamtlich zu heiraten, besteht nicht. Die Trauung kann gem. § 17 AL von einem Pfarrer der evangelisch-lutherischen oder orthodoxen Glaubensgemeinschaft vorgenommen werden. Voraussetzung hierbei ist, dass einer der Brautleute dieser Glaubensgemeinschaft angehört. Bei anderen Glaubensgemeinschaften wird die Trauung von demjenigen vorgenommen, der nach den Regeln dieser Glaubensgemeinschaft das Recht dazu besitzt. Allerdings muss dieser Glaubensgemeinschaft vom Bildungsministerium das Recht verliehen worden sein, Trauungen vorzunehmen. Wurde im Jahr 2006 noch die kirchliche Trauung der standesamtlichen zahlenmäßig vorgezogen (17.000 zu 10.000), hat sich das Verhältnis über die Jahre verschoben (8.750 zu 10.000 im Jahr 2019). Der Trend geht einerseits weiter hin zur Zivilehe, andererseits nimmt die Anzahl der Trauungen stetig ab.
2. Verfahren
a) Aufgebot/Grundzüge
Rz. 8
Die Prüfung, dass keine Ehehindernisse vorliegen, wird von der Digi- und Bevölkerungsinformationsregisterbehörde oder, sofern gewünscht, von der evangelisch-lutherischen oder orthodoxen Kirche durchgeführt, wenn einer der Verlobten dieser Kirche angehört. Die Verlobten haben gemeinsam die Prüfung der Ehehindernisse zu beantragen und gleichzeitig zu versichern, dass keine Ehehindernisse bestehen. Des Weiteren haben beide mitzuteilen, ob sie vorher verheiratet gewesen sind oder in einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gelebt haben (vgl. Rdn 4). Die Angabe falschen Zeugnisses ist eine Straftat. Einzelheiten des Verfahrens sind in der Eheverordnung 6.11.1987/820 geregelt. Anders als in Deutschland existiert in Finnland ein zentrales Bevölkerungsregister auf EDV-Basis, anhand dessen das Bestehen von Ehehindernissen zeitnah geprüft werden kann. Vor diesem Hintergrund ist die festgeschriebene Mindestdauer des Verfahrens, wonach ein Ehefähigkeitszeugnis erst sieben Tage nach Beantragung desselben auszustellen ist, nicht mehr gerechtfertigt. Gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 AL besteht die Möglichkeit, das Zeugnis bei Vorliegen schwerwiegender Gründe früher zu erteilen. Sofern einer oder beide der Verlobten nicht im finnischen Bevölkerungsregister erfasst sind, ist dem Prüfer ein entsprechendes Zeugnis aus einem Drittstaat vorzulegen. Hängt das Recht eines Verlobten, zu heiraten, davon ab, ob dies nach dem Recht eines anderen Staates zulässig ist, ist dem Prüfer ein behördliches Zeugnis vorzulegen, aus dem hervorgeht, dass diese Person weder verheiratet ist noch dass Ehehindernisse nach dem Recht dieses Landes bestehen.
b) Die Trauung
Rz. 9
Die Trauung wird nach Prüfung der Ehehindernisse entweder als kirchliche oder als Ziviltrauung durchgeführt, § 17 AL. Sie setzt die persönliche Anwesenheit beider Verlobten voraus. Vor der Trauung haben sich die Verlobten vor Zeugen auszuweisen. Das Fehlen von Zeugen führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Ehe. Die Verlobten sind zu fragen, ob sie die Ehe eingehen wollen. Dies muss von beiden bejaht werden. Danach erklärt der die Trauung Durchführende die Verlobten als verheiratet. Ein Abweichen von diesem Verfahren ist unzulässig und hat gem. § 19 Abs. 1 AL die Nichtigkeit der Ehe zur Folge. Der finnische Staatspräsident kann eine an sich nichtige Ehe gem. § 19 AL für wirksam erklären, wenn wichtige Gründe dafür sprechen. Die Wirksamerklärung kann jeder der Ehegatten beantragen oder, sofern ein Ehegatte bereits verstorben ist, dessen Erben. Zuständig für die Feststellung der Nichtigkeit ist das örtliche Zivilgericht, an dem einer der Ehepartner seinen Wohnsitz hat.
3. Kollisionsrecht
Rz. 10
Im Jahr 2002 ist das finnische Kollisionsrecht im Familienrecht zusammen mit dem Kollisionsrecht des Erbrechts grundlegend reformiert worden. Mussten früher die Ehehindernisse nach dem Heimatrecht des Verlobten geprüft werden, wurde dies als zu kompliziert angesehen und geändert. Es wird gegenwärtig folgendermaßen differenziert:
Rz. 11
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Besitzt einer der Verlobten die finnische Staatsangehörigkeit oder ist er im Bevölkerungsregister Finnlands eingetragen, findet auf die Eheschließung finnisches Recht Anwendung, § 108 AL. |
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Ist keiner der Verlobten im finnischen Bevölkerungsregister eingetragen, haben sie gem. § 2 finnische Eheverordnung dem Prüfer ein Ehefähigkeitszeugnis vorzulegen, aus dem die zur Prüfung der Ehehindernisse nach finnischem Recht benötigten Informationen hervorgehen. Dieses Zeugnis ist mit einer Apostille zu versehen. |
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Sind beide Verlobte weder finnische Staatsangehörige noch in Finnland wohnhaft, haben sie gem. § 108 Abs. 2 AL ein Ehefähigkeitszeugnis vorzulegen, aus dem hervorgeht, dass sie nicht verheiratet sind und ... |