1. Allgemeines
Rz. 70
Bei einer Aktienemission, die nach der Gründung erfolgt, kann im Beschluss über die Aktienausgabe bestimmt werden, dass der Ausgabepreis entweder vollständig oder teilweise in die freie Kapitalrücklage eingestellt wird (OYL 9:6.1). Dadurch sind die Aktien völlig von der Grundkapitalziffer abgekoppelt. Das Grundkapital kann auch ohne Ausgabe von Aktien erhöht werden. Es ist ebenfalls möglich, Aktien im Rahmen einer Emission auszugeben, ohne dass das Grundkapital erhöht wird.
Das Grundkapital kann nach OYL 11:1 in folgender Weise erhöht werden:
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Buchung des Ausgabepreises der emittierten Aktien (vgl. Rdn 67) oder Optionsrechten bzw. anderer gesonderter Rechte auf Bezug von Aktien entweder ganz oder teilweise in das Eigenkapital; |
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Rücklagenausgabe (rahastoanti); |
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Buchung von Mitteln in das Eigenkapital, die in einer anderen Weise als im 1. Spiegelstrich angegeben in die Gesellschaft mit der Maßgabe investiert worden sind, dass die Mittel in das Eigenkapital zu buchen sind, sog. Eigenkapitalinvestition (osakepääomasijoitus). |
2. Optionsrechte und andere gesonderte Rechte auf Bezug von Aktien
Rz. 71
Neben der Emission von Aktien (vgl. oben Rdn 67) kann die Gesellschaft nach den Vorschriften des 10. Abschnitts OYL Optionsrechte (optio-oikeus) ausgeben, die zu einer Zeichnung neuer Aktien oder eigener Aktien der Gesellschaft gegen Gegenleistung berechtigen. Der Inhaber des Optionsrechts zahlt der Gesellschaft sowohl für sein Recht, Aktien zu zeichnen, als auch für den Ausgabepreis dieser gezeichneten Aktien. Das Optionsrecht kann aber auch kostenlos, z.B. an die Arbeitnehmer, gewährt werden. Der Optionsberechtigte kann das Recht haben, selbst zu bestimmen, ob er Aktien zeichnet. Das Recht kann aber auch mit der Pflicht verbunden sein, Aktien zu zeichnen.
Das Optionsrecht (oder ein anderes gesondertes Recht auf Bezug von Aktien) kann auch mit der Maßgabe an einen Gläubiger der Gesellschaft ausgegeben werden, dass bei der Ausübung des Bezugsrechts die Forderung des Gläubigers mit dem Ausgabepreis der Aktien aufzurechnen ist (OYL 10:1.2).
3. Rücklagenausgabe
Rz. 72
Bei der Rücklagenausgabe werden Aktien unentgeltlich ausgegeben bzw. deren Nennbetrag unentgeltlich erhöht. Die Kapitalerhöhung erfolgt hierbei u.a. aus den Rücklagen, in die auch Gewinne teilweise verbucht werden, wenn sie nicht ausgeschüttet werden.
4. Eigenkapitalinvestition
Rz. 73
Da bei der Eigenkapitalinvestition nur das Grundkapital erhöht wird, ohne dass Aktien an den Investor ausgegeben werden, ist der Vorstand in diesem Fall auch ohne eine Ermächtigung der Hauptversammlung befugt, das Grundkapital zu erhöhen, weil die Rechte der Aktionäre durch den Beschluss nicht verwässert werden. Die oben in Rdn 14, 51, 52 beschriebenen Vorschriften über die Bareinzahlung und Sacheinlage sind entsprechend anwendbar (OYL 11:3).
5. Praktischer Leitfaden für die Durchführung einer Kapitalerhöhung aufgrund einer Ermächtigung des Vorstands durch Ausgabe neuer Aktien gegen Gegenleistung
Rz. 74
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Vorschlag des Vorstands für den Beschluss der Hauptversammlung über die Ermächtigung des Vorstands zur Emission neuer Aktien gegen Gegenleistung. |
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In der Einladung zur Hauptversammlung ist der wesentliche Inhalt des Vorschlags darzulegen und insbesondere anzugeben, wie viele Aktien welcher Gattung zu emittieren sind. |
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Der Vorschlag samt Anlagen ist für die Aktionäre mindestens eine Woche vor der Hauptversammlung im Hauptbüro der Gesellschaft zur Einsicht bereit zu halten. |
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Hauptversammlungsbeschluss über die Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe neuer Aktien; hierfür ist die sog. doppelte ⅔-Mehrheit erforderlich – ⅔ der abgegebenen Stimmen und ⅔ der in der Hauptversammlung vertretenen Aktien; die Ermächtigung des Vorstands kann sehr offen sein aber auch sehr enge Vorgaben für die Beschlussfassung des Vorstands enthalten. |
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Beschluss des Vorstands über die Ausgabe neuer Aktien gegen Gegenleistung. |
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Zeichnung neuer Aktien (Nachweis erforderlich) und Zahlung des Ausgabepreises (auch Sacheinlage möglich, sofern die in Rdn 52 ff. genannten Voraussetzungen erfüllt sind). |
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Anmeldung sowohl des Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung, des Beschlusses des Vorstands, der Ausgabe neuer Aktien als auch der Kapitalerhöhung durch die Zeichnung der neuen Aktien kann an das Handelsregister gleichzeitig eingereicht werden, sofern die Monatsfrist des OYL 9:7 für die Anmeldung des Hauptversammlungs-/Vorstandsbeschlusses noch nicht verstrichen ist. |
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Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister; die Eintragungsgebühr beträgt bei einer elektronischen Anmeldung 240 EUR (dieser Betrag beinhaltet alle Änderungen des Grundkapitals und der Aktien, die gleichzeitig angemeldet werden) und bei einer papierhaften Anmeldung 295 EUR (dieser Betrag beinhaltet alle gleichzeitig angemeldeten Änderungen – nicht nur hinsichtlich Grundkapital und Aktien – jedoch wird bei der Anmeldung eines Firmenzusatzes eine gesonderte Gebühr erhoben). |