Leitsatz

  • Gemeinschaft für mangelhaftes GE sanierungspflichtig

    Sanierungsverpflichtungsantrag gegen Gemeinschaft und Verwaltung

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2, Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

1. Ist nach Teilungserklärungs-Vereinbarung ein Dachgeschossausbau gestattet, entsteht mit Abschluss der Ausbauarbeiten Gemeinschaftseigentum an den konstruktiv wichtigen Teilen der Außenumgrenzung ausgebauter Dachgeschosswohnungen ( § 5 WEG) und innerhalb derselben nunmehr zu Wohnzwecken geeignetes Sondereigentum. Dies gilt auch dann, wenn der Ausbau unvollständig oder mangelhaft vorgenommen worden ist.

2. Eine Eigentümergemeinschaft hat hier gegen einen ausbauenden Wohnungseigentümer sowie gegen einen Beauftragten Ansprüche auf vollständige und mangelfreie Erstellung konstruktiv wichtiger Dachteile, die im Gemeinschaftseigentum liegen (hier: mangelhafte und erneuerungsbedürftige Dampfsperre).

3. Wird nun eine erst noch ganz oder teilweise auszubauende Dachgeschosswohnung veräußert, besitzen Ersterwerber und erst recht weitere Folgeerwerber gegen die Gemeinschaft Ansprüche auf Instandhaltung eines bisher fehlerhaft ausgebauten Gemeinschaftseigentums im Dachbereich. Mangels ausdrücklicher anderweitiger Vereinbarungsregelung in der Teilungserklärung geht eine solche Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Erstherstellung nicht von einem ausbaupflichtigen Wohnungseigentümer auf spätere Erwerber über.

4. Weitere rechtsbedeutsame Hinweise des Senats in den Gründen dieser Entscheidung in Kurzform:

- Ein Ausbau von Dachgeschosseinheiten kann in einer Teilungserklärung von Anfang an vorgesehen werden.

- Ein Wohnungseigentümer kann auch ohne Zustimmung der Miteigentümer sein Wohnungseigentum unterteilen (BGH, NJW 68, 499).

- Ein vereinbartes Ausbaurecht berechtigt den Rechtsinhaber zur fachgerechten Umgestaltung angrenzenden Gemeinschaftseigentums; er hat hier im Bereich des Ausbaus des Gemeinschaftseigentums mit der Sorgfalt eines Beauftragten vorzugehen (Senat, WE 98, 223 = ZMR 98, 191). Bei Fehlerhaftigkeit eines Dachgeschossausbaus haftet hier der Ausbauberechtigte demgemäß nach den allgemeinen Vorschriften entweder im Sinne einer Garantiehaftung oder zumindest bei objektiver Pflichtverletzung der Beweislastumkehr nach § 282 BGB innerhalb der 30-jährigen Regelverjährung nach § 195 BGB (Einzelheiten vgl. Armbrüster, ZMR 97, 395; WE 98, 480).

- Eine Gemeinschaft hat gegen einen Ausbauberechtigten einen schuldrechtlichen Anspruch auf vollständige und mangelfreie Durchführung des Ausbaus und widrigenfalls Schadenersatzansprüche.

- Eine Teilungserklärung (wie hier) kann Ausbaupflichten demjenigen Eigentümer anlasten, der den Ausbau vornimmt und nach dem äußeren Schein abschließt. Dann scheidet eine Erstreckung der Haftung auf ordnungsgemäße Erstherstellung von Dachgeschosswohnungen auf spätere Erwerber aus, wenn dies nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht wurde. Wohnungseigentum ist ein Sachenrecht, bei dem persönliche schuldrechtliche Verpflichtungen eines Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft nicht ohne besondere Regelung auf einen Nachfolger übergehen (vgl. h.R.M. insoweit beispielsweise auch zur Wohngeldrückstandshaftung).

- Auch aus Folgekaufverträgen ergab sich im vorliegenden Fall keine Haftungsübernahme von Rechtsnachfolgern. Wie auch sonst bei baulichen Veränderungen erwirbt ein Käufer seine Mitberechtigung am Gemeinschaftseigentum in dem jeweiligen Zustand; er ist lediglich zukünftig für die gemeinsame Instandhaltung und Instandsetzung verantwortlich und haftbar.

5. Dieses Ergebnis wird vorliegend auch durch die gesetzliche Regelung in § 16 Abs. 2 und Abs. 3 WEG bestätigt. Gegen die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 3 WEG spricht zum einen, dass die Ausübung eines bereits in der Teilungserklärung vorgesehenen Ausbaurechts schon im Ansatz keine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG darstellt, sondern die sozusagen aufgeschobene Erstherstellung des Gebäudes. In diesem Rahmen sind weder § 22 Abs. 1 WEG noch Folgen des § 16 Abs. 3 WEG anzuwenden. Mit anderen Worten lässt sich hier auch sagen, dass die für spätere bauliche Veränderungen erforderliche Zustimmung vorliegend ersetzt ist durch die Gestattung des Dachausbaus in der Teilungserklärung und damit ein erlaubter Ausbau vorliegt, der nicht unter § 16 Abs. 3 WEG fallen kann. Insoweit verbleibt es dann bei der Grundregel des § 16 Abs. 2 WEG hinsichtlich anfallender Reparaturkosten mangelhaften Gemeinschaftseigentums.

6. Mangels anzunehmender baulicher Veränderung muss auch nicht auf die weitergehende Frage vertiefend eingegangen werden, die sich bei eigenmächtigen baulichen Veränderungen stellt, ob die Haftung eines Handlungsstörers auf den Rechtsnachfolger übergeht. Selbst bei einer eigenmächtigen baulichen Veränderung ist für dessen Ordnungsmäßigkeit der im Zeitpunkt der Baumaßnahmen eingetragene Eigentümer verantwortlich (Handlungsstörer); die Haftung geht nicht auf den Rechtsnachfolger über; hat der Rechtsvorgänger Gemeinschaftseigentum umgebaut, sind aus dem ...

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