Leitsatz

Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage, ob sich die ursprünglich im Ehescheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf ein nach dem 01.09.2009 wieder aufgenommenes Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erstreckt.

 

Sachverhalt

Der Antragsgegnerin war mit Beschluss vom 06.07.1998 für das Ehescheidungsverbundverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr jetziger Rechtsanwalt beigeordnet worden. Mit Beschluss vom 25.09.1998 war die Folgesache Versorgungsausgleich aufgrund von § 2 VAÜG abgetrennt und gemäß § 629 ZPO vorab über die Scheidung entschieden worden.

Mit Verfügung vom 21.12.2009 nahm das Familiengericht das Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG wieder auf. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 2.2.2010 Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung dieses Verfahrens beantragt.

Der Antrag wurde unter Hinweis darauf abgewiesen, dass der Antragsgegnerin bereits mit Beschluss vom 6.7.1998 unter Beiordnung ihres jetzigen Bevollmächtigten Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei und die seinerzeit bewilligte Prozesskostenhilfe auch für das vorliegend abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren fortgelte.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG wies darauf hin, dass nach § 48 Abs. 2 VersAusglG für "ausgesetzte" Versorgungsausgleichsverfahren, unabhängig davon, ob die Aussetzung vor oder nach dem 01.09.2009 erfolgt sei, nicht nur neues materielles, sondern auch neues Verfahrensrecht gelte. Diese Vorschrift werde durch die Bestimmung zu Art. 111 Abs. 4 S. 1 FGG-RG ergänzt, nach der auf Versorgungsausgleichsverfahren, die vor dem 01.09.2009 abgetrennt worden waren, die Vorschriften des FGG-RG anzuwenden seien. Da nach neuem Recht auch auf die nach altem Recht abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren die Vorschriften des FGG-RG anzuwenden seien, sei auch gemäß Art. 111 Abs. 4 S. 1 FGG-RG das FamFG einschlägig.

Zutreffend habe das Familiengericht darauf hingewiesen, dass sich die damalige Prozesskostenhilfebewilligung nicht allein auf die Scheidungssache, sondern von Gesetzes wegen auf die Folgesache Versorgungsausgleich erstrecke. Es treffe nicht zu, dass die Prozesskostenhilfebewilligung nach dem vor dem 1.9.2009 geltenden alten Verfahrensrecht auch nach Abtrennung des Versorgungsausgleichs noch Rechtsfolgen entfalte und eine Abtrennung nicht zu einer "echten" Verfahrenstrennung, sondern nur dazu geführt habe, dass im Scheidungsverbundverfahren zeitlich versetzte Teilentscheidungen zulässig geworden seien, wobei der Scheidungsverbund im Endeffekt erhalten geblieben sei (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 628 Rz. 18 m.w.N.).

Bei der Abtrennung des Versorgungsausgleichs handele es sich nicht um eine End-, sondern um eine bloße Zwischenentscheidung (BGH, FamRZ 2003, 1005).

Dies führe sodann zur Fortwirkung einer vor der Abtrennung bewilligten Prozesskostenhilfe nach der Abtrennung, so dass bei einer Wiederaufnahme des abgetrennten Versorgungsausgleichs für einen neuen Prozesskostenhilfeantrag kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestanden habe.

Anders seien ausschließlich die Sonderfälle zu behandeln, in denen die Abtrennung nicht auf § 628 ZPO, sondern auf die Bestimmungen zu § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO oder § 623 Abs. 3 S. 2 ZPO gestützt worden sei. In diesen Fällen seien die Folgesachen nach Abtrennung selbständige Familiensachen mit der Folge, dass bei ihrer Fortführung erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe beantragt werden müssen (vgl. OLG Naumburg FamRZ 2001, 1469 f.; Zöller/Philippi, a.a.O., § 623 Rz. 32k).

Nach Auffassung des OLG Hamburg entspricht dieser Rechtslage für den Rechtszustand ab 01.09.2009 § 137 Abs. 5 FamFG. Für das Übergangsrecht gelte im Anwendungsbereich des Art. 111 FGG-RG indessen eine abweichende Regelung. Nach Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG würden nämlich nunmehr "alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen ... des Satzes 1" als "selbständige Familiensachen" fortgeführt. Nach neuem Verfahrensrecht sei das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren nicht mehr als bloße Folgesache zu werten, sondern mit Wirkung vom 01.09.2009 sei eine "echte" Verfahrenstrennung erfolgt und zu diesem Zeitpunkt sei der Scheidungsverbund aufgelöst.

Die "echte" Verfahrenstrennung und die Fortführung als "selbständige Familiensache" führe auch nach neuem Verfahrensrecht dazu, dass für den Versorgungsausgleich ein neuer Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu stellen sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 18.05.2010, 10 WF 50/10

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