Leitsatz

Zwei volljährige Kinder begehrten von ihrem Vater Kindesunterhalt für den Zeitraum ab März 2005. Durch am 27.11.2002 vor dem FamG geschlossenen Vergleich war der Kindesunterhalt tituliert worden. Eine Begrenzung auf die Zeit der Minderjährigkeit der zwischenzeitlich volljährigen Zwillinge war darin nicht vorgesehen.

Die Antragstellerin zu 1) übte eine Nebentätigkeit in einer Fleischerei aus und erzielte dort einen Verdienst von 72,00 EUR monatlich. Eine im Sommer 2004 begonnene Ausbildung zur Arzthelferin hatte sie abgebrochen, ebenso eine im Jahre 2005 begonnene Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Hieraus hatte sie zumindest im September und Oktober 2005 Einkünfte i.H.v. mehr als 410,00 EUR monatlich als Ausbildungsvergütung erzielt.

Die Antragstellerin zu 2) war Schülerin und besuchte ein Berufskolleg mit einer Unterrichtsstundenzahl von 12 Wochenstunden und dem Ziel des Erwerbs der Fachhochschulreife in den Fächern Sozial- und Gesundheitswesen. Sie verdiente ebenfalls im Rahmen einer Nebentätigkeit in einer Fleischerei monatlich 72,00 EUR.

Beide Töchter lebten bei ihrer Mutter.

Ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gegen ihren Vater wurde mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückgewiesen.

Hiergegen legten sie sofortige Beschwerde ein, die in der Sache keinen Erfolg hatte.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach richtige Klagearten nicht die Leistungsklage, sondern die Abänderungsklage gem. § 323 ZPO sei, da der Unterhalt der Antragstellerinnen durch Vergleich vom 27.11.2002 bereits tituliert worden sei.

Der Fortgeltung dieses Titels stehe die zwischenzeitlich eingetretene Volljährigkeit der Antragstellerinnen nicht entgegen.

Zwar erlösche mit dem Eintritt der Volljährigkeit das Sorgerecht und Betreuungsunterhalt werde nicht mehr geschuldet.

Wegen des Wegfalls der Betreuungsverpflichtung werde der bisher den Betreuungsunterhalt sicherstellende Elternteil ebenfalls barunterhaltspflichtig mit der Folge, dass sich der Barunterhalt anteilig nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen beider Elternteile bemesse.

Darüber hinaus treffe den Volljährigen die Obliegenheit zur eigenverantwortlichen Sicherung seines Lebensunterhalts stärker als das minderjährige Kind. Die Besonderheiten, die für den Unterhalt minderjähriger Kinder gelten, rechtfertigten es jedoch nicht, den Anspruch auf Volljährigenunterhalt als eigenständigen und nicht mehr als Fortsetzung des bisherigen Anspruchs aufzufassen, da die nach § 1601 BGB bestehende Unterhaltspflicht zwischen Eltern und ihren Kindern nicht an feste Altersgrenzen gebunden sei.

Sie bestehe unter den allgemeinen Voraussetzungen der Bedürftigkeit des Kindes einerseits und der Leistungsfähigkeit des Elternteils andererseits lebenslang fort (BGH v. 21.3.1984 - IVb ZR 72/82, MDR 1984, 1012 = FamRZ 1984, 682 f.; vgl. auch OLG Koblenz v. 7.5.1998 - 11 UF 1095/97, FamRZ 1999, 676 [677]; OLG Zweibrücken v. 25.5.1999 - 5 WF 41/99, FamRZ 2000, 907).

Einer anderen unter Hinweis auf § 798a ZPO in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung vermochte das OLG nicht zu folgen.

§ 798a ZPO bestimme, dass ein nach § 1612a BGB während der Minderjährigkeit des Unterhaltsgläubigers erwirkter dynamischer Titel auf Unterhalt für die Zeit nach dem Eintritt der Volljährigkeit in der Weise fortwirke, dass der Unterhaltsschuldner dem titulierten Anspruch nicht entgegenhalten könne, dass die für Schaffung des dynamischen Titels erforderliche Minderjährigkeit nicht mehr bestehe. Hierbei handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, die auf nicht dynamisch titulierte Ansprüche über konkret bezifferte Unterhaltsbeträge nicht analog anwendbar sei. Daraus folge jedoch nicht, dass nur nach § 1612a BGB dynamisierte Unterhaltstitel über den Eintritt der Volljährigkeit des Titelgläubigers hinaus Gültigkeit haben könnten.

Zu keinem anderen Ergebnis komme die von der abweichenden Meinung zitierte Entscheidung des OLG Brandenburg (OLG Brandenburg v. 19.2.2004 - 15 WF 198/02, FamRZ 2004, 1888).

Danach scheiterte die Vollstreckung aus dem während der Minderjährigkeit des Unterhaltsgläubigers geschaffenen Titel nach Eintritt der Volljährigkeit im konkreten Fall lediglich daran, dass der titulierte Unterhaltsanspruch in der betreffenden Jugendamtsurkunde ausdrücklich auf die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Unterhaltsgläubigers begrenzt war.

In der Sache selbst fehlte es nach Auffassung des OLG hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) an deren Bedürftigkeit. Für die Zeit ihrer Ausbildung sei ihr Bedarf durch eigene Einkünfte gedeckt gewesen. Nach Beendigung bzw. Abbruch ihrer Ausbildung sei sie gehalten gewesen, ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen.

Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) seien Erfolgsaussichten deswegen nicht gegeben, da es an der Wesentlichkeit der Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 313 I BGB fehle.

Zwar initiiere eine Verände...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge