1. Sicherungsvollstreckung hindert Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht
Der Gläubiger kann im Rahmen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO von dem Schuldner auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO verlangen.
BGH, 26.10.2006 – I ZB 113/05
Ist ein Titel nur vorläufig vollstreckbar, so muss der Gläubiger grundsätzlich Sicherheit leisten, wenn er die Zwangsvollstreckung in vollem Umfange beginnen will. Wegen der Kosten der Sicherheitsleistung und des Schadensersatzrisikos nach § 717 Abs. 2 ZPO scheuen viele Gläubiger diesen Weg. Gleichwohl darf keine Zeit verloren gehen. Die Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO gibt dem Gläubiger hier Möglichkeiten, ohne Sicherheit leisten zu müssen. Durch die hier vom BGH gestattete Abnahme der eidesstattlichen Versicherung als Instrument der Informationsbeschaffung kann der Gläubiger sich schon eine gute Ausgangsposition für die Vollstreckung nach Rechtskraft verschaffen. Kombiniert mit anderen Maßnahmen, etwa der Kontopfändung (wegen § 720a ZPO ohne Überweisungsbeschluss) können so auch Grundlagen für eine Beschleunigung des Prozesses oder eine gütliche Einigung gelegt werden.
2.E. V. bei Sicherungsvollstreckung
Auch im Falle einer Aussetzung des Verfahrens oder einer Anordnung, dass die Zwangsvollstreckung nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf, ist der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn der Gläubiger einen entsprechenden Auftrag erteilt.
BGH, 2.3.2006 – IX ZB 23/06
Der Schuldner kann bei einem für vollstreckbar erklärten ausländischen Urteil mit einer in erster Linie beantragten Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 46 Abs. 1 EuGVVO und auch mit dem Hilfsantrag nach § 22 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 AVAG nach Auffassung des BGH nur erreichen, dass die Gläubigerin auf eine Sicherungsvollstreckung beschränkt ist. Das folgt für § 22 Abs. 2 und 3 AVAG bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, gilt aber auch für die Aussetzung des Verfahrens. Im Rahmen der so möglichen Sicherungsvollstreckung ist der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet.
3. Keine missbräuchliche Entziehung von der Offenbarungspflicht
Der einzige Vorstand eines eingetragenen Vereins, der sein Amt erst nach der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung niedergelegt hat, ohne dass ein neuer gesetzlicher Vertreter bestellt worden ist, bleibt verpflichtet, für den Verein die eidesstattliche Versicherung abzugeben, wenn die Berufung auf die Amtsniederlegung rechtsmissbräuchlich wäre.
BGH, 28.9.2006 – I ZB 35/06
Für die Beurteilung der Frage, wer für eine juristische Person als ihr gesetzlicher Vertreter offenbarungspflichtig ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an. Die Offenbarungspflicht eines abberufenen Vertreters besteht jedoch fort, wenn gegen das im gesamten Verfahrensrecht geltende Gebot von Treu und Glauben verstoßen wurde. Dies gilt für den hier betroffenen Verein ebenso wie für den abberufenen Geschäftsführer einer GmbH. Hier wird immer wieder versucht, eine wirkliche Auskunft durch die Abberufung des bisherigen und die Neuberufung eines "unwissenden" Geschäftsführers zu verhindern. Die Erwägungen des BGH sind auf diese Konstellationen übertragbar.
4. Erst Nachbesserung, dann Erinnerung
Ein Gläubiger, der geltend macht, der Gerichtsvollzieher habe ein unvollständiges oder ungenaues Vermögensverzeichnis aufgenommen, ist zunächst gehalten, beim Gerichtsvollzieher eine Nachbesserung zu beantragen. Erst wenn der Gerichtsvollzieher den Antrag ablehnt, steht dem Gläubiger dagegen die Erinnerung nach § 766 ZPO zu.
BGH, 4.10.2007 – I ZB 11/07
Immer wieder lässt sich in der Praxis feststellen, dass der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als gleichbedeutend mit der Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung angesehen wird. Deshalb unterbleibt eine konsequente Auswertung des Vermögensverzeichnisses. Der Gläubiger muss prüfen, ob es vollständig, in sich widerspruchsfrei und vereinbar mit anderen Informationen ist. Hat der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt, so ist er zur Nachbesserung (Ergänzung) verpflichtet (BGH NJW 2004, 2979). Die jetzige Entscheidung stellt klar, dass der Gläubiger diese Nachbesserung erst beim Gerichtsvollzieher beantragen muss. Dies hat für alle Gläubiger den Vorteil, dass das Nachbesserungsverfahren kostenfrei bleibt. Für Inkassounternehmen als Bevollmächtigte hat es den weiteren Vorteil, dass sie das Nachbesserungsverfahren selbst durchführen dürfen, während ihnen das Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO auch mit der Neuregelung des § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO verschlossen bleibt. Erst wenn der Gerichtsvollzieher die Nachbesserung unberechtigt verweigert, kann der Gläubiger dies im Wege der Erinnerung angreifen. Ein Wahlrecht steht dem Gläubiger nicht zu.
5. Vollziehung des Haftbefehls: So viel Zeit haben Sie
Für die Vollziehung eines Haftbefehls i.S. des § 909 Abs. 2 ZPO reicht es aus, dass der Gläubiger die Verhaftung des Schuldners bei dem zuständigen Vollstreckungsorgan innerhalb der Dreijahresfrist beantragt hat. Ist dies geschehen, kann die Verhaftu...