Das Vollstreckungsgericht muss die Bestellung des einstweiligen besonderen Vertreters durch Beschluss aufheben, wenn ihm Umstände bekannt werden, welche die Voraussetzungen der Bestellung entfallen lassen; nur dieser Aufhebungsbeschluss führt zur Beendigung des Vertreteramtes.
BGH, 23.9.2009 – V ZB 60/09
I. Der Fall
Zwangsversteigerung angeordnet – Schuldner stirbt
Das Vollstreckungsgericht ordnete auf Antrag der Gläubigerin die Zwangsversteigerung eines Grundstückes an. Als Eigentümerin war die ursprüngliche Schuldnerin im Grundbuch eingetragen.
Vertreter nach § 779 bestellt – Verfahren fortgesetzt
Nach deren Tod bestellte das Vollstreckungsgericht auf Antrag der Gläubigerin einen einstweiligen besonderen Vertreter für die unbekannten Erben und setzte das Versteigerungsverfahren mit der Zuschlagerteilung auf das Meistgebot fort.
Ausschlagungsketten bei den Erben
Der zunächst als Erbe berufene Bruder der Schuldnerin hatte die Erbschaft ausgeschlagen. Darauf teilte das Nachlassgericht den fünf Abkömmlingen mit, dass ihnen die Erbschaft angefallen sei; zugleich belehrte es sie über die Möglichkeit der Ausschlagung der Erbschaft innerhalb von sechs Wochen. Später erklärten vier Abkömmlinge und deren Kinder fristgerecht die Erbausschlagung. Der fünfte Abkömmling bat das Nachlassgericht um Übersendung einer Vermögensaufstellung über den Nachlass; weitere Erklärungen gab er nicht ab.
Doch am Ende steht ein "widersprechender" Erbe
Nach Ablauf der Ausschlagungsfrist erteilte das Nachlassgericht einen den fünften Abkömmling als Alleinerben der Schuldnerin ausweisenden Erbschein. Eine beglaubigte Abschrift davon übersandte es dann dem Vollstreckungsgericht. Der Erbe hat dann mehr als vier Monate nach der Zustellung des Zuschlagbeschlusses an den bestellten Vertreter "Widerspruch gegen die Versteigerung" des Grundbesitzes eingelegt. Dies hat das Vollstreckungsgericht als Zuschlagsbeschwerde ausgelegt, der es nicht abgeholfen hat. Der Einzelrichter des LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Nach einem erfolgreichen Ablehnungsgesuch gegen den Einzelrichter und einer ebenfalls erfolgreichen Anhörungsrüge hat die Zivilkammer des LG den Beschluss des Einzelrichters mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Zuschlagsbeschwerde als unzulässig verworfen wird. Hiergegen richtet sich die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde.
II. Die Entscheidung
Vertreterbestellung war in Ordnung
Die Bestellung des einstweiligen Vertreters nach § 779 ZPO beanstandet der BGH nicht. Mit der Anordnung der Zwangsversteigerung begann die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin; sie endete mit dem Ende des Verteilungstermins. Während des Verfahrens verstarb die Schuldnerin. Bis zum Ablauf von sechs Wochen nach dem Erhalt des Schreibens des Nachlassgerichts an den fünften Abkömmling war es ungewiss, ob er die Erbschaft angenommen hat (vgl. § 1944 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB). Denn anders als die übrigen zu Erben berufenen Abkömmlinge, die innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die Erbschaft ausgeschlagen haben, hat sich der fünfte Abkömmling innerhalb der Frist nicht eindeutig zur Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft erklärt. Auch bestand die Notwendigkeit einer Vertreterbestellung; denn für den Fortgang des Zwangsversteigerungsverfahrens war die Beteiligung des Schuldners erforderlich, weil ihm nach § 41 Abs. 1 ZVG die Anberaumung des Versteigerungstermins (Terminsbestimmung, §§ 37 ff. ZVG) zugestellt werden musste. Der Antrag der Gläubigerin auf Bestellung des Vertreters lag vor. Schließlich gab es keinen Nachlassverwalter und keinen Testamentsvollstrecker.
Aber Streitfrage: Wann endet das Vertreteramt?
Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den bestellten Vertreter als wirksam angesehen, weil in diesem Zeitpunkt das Vertreteramt noch nicht erloschen war.
Diese drei Ansichten gibt es
Wann das Amt des einstweiligen besonderen Vertreters endet, ist bisher nicht geklärt. Rechtsprechung zu dieser Frage gibt es – soweit ersichtlich – nicht. Die Kommentarliteratur beantwortet sie – jeweils ohne Begründung – unterschiedlich. Teilweise wird vertreten, dass das Amt in dem Zeitpunkt endet, in welchem der Erbe in das Zwangsvollstreckungsverfahren eintreten (B/L/A/H, ZPO, 67. Aufl., § 779 Rn 8) bzw. zu diesem Verfahren hinzugezogen werden kann (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 779 Rn 8); andere nehmen das Erlöschen des Amtes mit dem tatsächlichen Eintritt des Erben in das Verfahren an (Schuschke/Walker/Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 779 Rn 2; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 779 Rn 10); schließlich wird für die Beendigung der Vertretung die förmliche Aufhebung der Vertreterbestellung durch das Vollstreckungsgericht für notwendig erachtet (HK-ZPO/Kindl, 2. Aufl., § 779 Rn 5; MünchKomm-ZPO/K. Schmidt, 3. Aufl., § 779 Rn 11; Musielak/Lackmann, ZPO, 7. Aufl., § 779 Rn 5). Die zuletzt genannte Ansicht trifft zu.
BGH entscheidet die Frage nun eindeutig
Die für das Zwangsvollstreckungsverfahren notwendige Rechtssicherheit ...