Der Drittschuldner leistet rechtsgrundlos …
Es sind verschiedene Konstellationen denkbar, in denen der Drittschuldner an den Gläubiger leistet, obwohl ein Leistungsanspruch tatsächlich nicht besteht und deshalb der Drittschuldner einen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Gläubiger geltend machen kann:
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die gepfändete Forderung besteht tatsächlich nicht (BGH NJW 2002, 2871); |
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die gepfändete Forderung besteht nicht in Höhe des tatsächlichen Zahlungsbetrages (BGH NJW 2002, 2871); |
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die gepfändete Forderung besteht, steht aber nicht dem Vollstreckungsschuldner, sondern einem Dritten zu (BGH NJW 2002, 2871; OLG Zweibrücken FoVo 2010, 227); |
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die gepfändete Forderung besteht, wurde aber an den zweitrangigen statt den erstrangigen Gläubiger ausgezahlt, so dass der Drittschuldner an den erstrangigen Gläubiger erneut leisten muss (zu diesem Fall BGH NJW 1982, 173; überholt insoweit OLG München NJW 1978, 1438). |
… womit ein Bereicherungsanspruch entsteht
In der Konsequenz wird die Gläubigerin eine Leistung, die der Drittschuldner zu Unrecht an sie ausgezahlt hat, nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB an den Drittschuldner zurückzuzahlen haben (BGH NJW 2002, 2871; BGH NJW 1982, 173; Brox-Walker, Zwangsvollstreckung, 8. Aufl., Rn 651; Dörndorfer, in: Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechtes, S. 563; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckung, 12. Aufl., § 53 Rn 50, 55 und 59 sowie § 56 Rn 70). Es handelt sich bei der Zahlung also um eine rechtsgrundlose Leistung des Drittschuldners, nicht eine solche des Schuldners. Dies liegt darin begründet, dass der Drittschuldner nicht nur seine Leistungsverpflichtung gegenüber dem Schuldner erfüllen, sondern zugleich auch das Einziehungsrecht aller Vollstreckungsgläubiger beenden möchte. Genau diesen Leistungszweck kann er aber nicht erreichen, so dass dem Vollstreckungsgläubiger gegenüber eine rechtsgrundlose Zahlung erbracht wird (BGH NJW 2002, 2871).
Wollte man dagegen von einer Leistung des Schuldners ausgehen, die der Drittschuldner nur aufgrund einer – durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erzwungenen – Anweisung ausgeführt hat, müsste der Schuldner die Rückforderung gegenüber dem Gläubiger geltend machen, während der Drittschuldner sich an den Schuldner halten müsste. Dies würde dem Gläubiger dann die Möglichkeit eröffnen, mit seinem Vollstreckungsanspruch gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Schuldners aufzurechnen. Genau dies soll aber vermieden werden, weil die rechtsgrundlose Leistung im Ergebnis dann Bestand hätte und der Drittschuldner nun das Liquiditätsrisiko tragen müsste.
Bereicherungsanspruch eines Dritten ist denkbar
Soweit die gepfändete Forderung nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten zusteht, kann auch der Dritte zum Bereicherungsgläubiger nach § 816 Abs. 2 BGB werden (hierzu BGH NJW 1988, 495; Brox-Walker, Zwangsvollstreckung, 8. Aufl., Rn 651). Um die Anspruchsvoraussetzungen zu schaffen, muss der Dritte die Leistung des Drittschuldners genehmigen (Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 612b), was dann dessen Bereicherungsanspruch zu Fall bringt.
Vollstreckungsforderung und Pfändung haben Bestand
Da die Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt, kann hinsichtlich der Vollstreckungsforderung keine Erfüllungswirkung nach § 362 Abs. 1 BGB eintreten, so dass der Gläubiger die titulierte Forderung weiter gegen den Schuldner vollstrecken kann. Auch die erfolgte Pfändung bleibt unberührt, da sie mangels Erfüllungswirkung nicht erledigt ist. Dies hilft dem Gläubiger aber nur dann, wenn sie nicht generell ins Leere gelaufen ist.
Gläubiger kann gegen Drittschuldner SEA haben
Nicht übersehen werden darf allerdings, dass dem Gläubiger im Einzelfall ein Schadensersatzanspruch gegen den Drittschuldner zustehen kann, den er dem Drittschuldner im Wege der Aufrechnung entgegenhalten kann. Durch die Zustellung des PfÜB ist ein gesetzliches Schuldverhältnis besonderer Art zwischen dem Gläubiger und dem Drittschuldner entstanden. Pflichtverletzungen könnten deshalb nach § 280 ZPO zu einem Schadensersatzanspruch führen. Entscheidungen zu diesem Problemkreis liegen allerdings, soweit ersichtlich, nicht vor.
Auch aus einer falschen Drittschuldnererklärung kann sich nach § 840 Abs. 2 ZPO ein Schadensersatzanspruch ergeben. Diese Schadensersatzpflicht geht allerdings nicht so weit, dass auch unterlassene Vollstreckungsmaßnahmen und dadurch verpasste Befriedigungschancen auszugleichen sind (Zöller-Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 840 Rn 13; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 840 Rn 11). In diesem Zusammenhang muss die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB beachtet werden. Der BGH rechnet einen "Schaden", der durch das Unterlassenen weiterer Maßnahmen aufgrund einer (fehlerhaften) Drittschuldnerauskunft entstanden ist, nicht ohne weiteres dem Drittschuldner zu (BGH NJW 1987, 64).