Leitsatz

Stehen einem Wohnungseigentümer Sondernutzungsrechte an Parkplätzen zu, die er treuhänderisch für den aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschiedenen Bauträger verwaltet, sind die sich aus dem Treuhandverhältnis ergebenden Ansprüche des Bauträgers grundsätzlich pfändbar.

BGH, 22.4.2010– VII ZB 15/09

1 I. Der Fall

Schuldnerin besitzt Sondernutzungsrechte …

Die Gläubigerin betreibt wegen einer titulierten Forderung von 14.000 EUR zuzüglich Kosten die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin. Die Gläubigerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die Drittschuldner sind Erwerber von Wohnungseigentum in der Gemeinschaftsanlage. Ursprüngliche Eigentümerin und Teilerin des gemeinschaftlichen Grundstücks war die Schuldnerin. In der Teilungserklärung vom 15.10.1996 ordnete sie die Sondernutzungsrechte an 33 Kraftfahrzeugstellplätzen dem von ihr gehaltenen Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 1 zu und veräußerte sie in der Folgezeit großenteils an verschiedene Erwerber.

… die sie an die Drittschuldner veräußert hat …

Mit notariellem Vertrag vom 17.12.1996 verkaufte die Schuldnerin die Wohnung Nr. 1 nebst den Sondernutzungsrechten an den Stellplätzen Nr. 2 und 3 an die Drittschuldner. Die zu dieser Zeit von der Schuldnerin noch nicht veräußerten Sondernutzungsrechte an den Stellplätzen Nr. 4, 17, 18, 19, 22, 23, 24, 25, 32 und 33 blieben weiterhin der Wohnung Nr. 1 zugeordnet.

… die die Schuldnerin zum Weiterverkauf ermächtigten

Mit Nachtrag zur Teilungserklärung vom 19.7.1999 bevollmächtigte die Drittschuldnerin zu 2) die Schuldnerin, in ihrem – der Drittschuldnerin – Namen diese zuletzt genannten, bei der Wohnung Nr. 1 verbliebenen Sondernutzungsrechte zu veräußern und einer der anderen Wohneinheiten zuzuordnen sowie die entsprechenden Erklärungen zum Grundbuch abzugeben.

Gläubigerin pfändet vermeintliche Ansprüche der Schuldnerin

Am 8.10.2008 hat die Gläubigerin beim AG – Vollstreckungsgericht – den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) beantragt, mit dem die angeblichen gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldner aus dieser Rechtsbeziehung gepfändet werden sollten. Die zu pfändenden Forderungen hat sie in ihrem Antrag wie folgt beschrieben:

Zitat

"… Ansprüche aus dem Treuhandverhältnis oder einem sonstigen Rechtsverhältnis betreffend die Sondernutzungsrechte an den Parkplätzen Nr. 4, 17, 18, 19, 22, 23, 24, 25, 32, 33 (…) auf"

a) Herausgabe oder Übertragung der Sondernutzungsrechte bzw. Neuzuordnung zu einer anderen Wohnungseinheit der Wohnungseigentumsanlage oder Zustimmung hierzu,

b) Verwaltung der Sondernutzungsrechte, insbesondere auf Vermietung, Verpachtung oder sonstige Nutzungsüberlassung an Dritte, Einzug der Miete oder sonstigen Entgelts für die Nutzungsüberlassung,

c) Zahlung des gegenwärtigen Überschusses und aller künftigen Überschüsse (Guthaben), die der Schuldnerin aus der Verwaltung jeweils gebühren,

d) Abtretung von Miet- und sonstigen Entgeltansprüchen gegen Mieter und Nutzer der Parkplätze,

e) das Recht des Schuldners auf Kündigung des Treuhandvertrages. Die Kündigung des Treuhandvertrages wird hiermit ausgesprochen.“

Weiter hat die Gläubigerin beantragt, die Verwertung der zu pfändenden Rechte im Wege einer Versteigerung anzuordnen.

AG und LG lehnen PfÜB ab

Das AG hat den Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie weiterhin den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses begehrt.

2 II. Die Entscheidung

Rechtsbeschwerde hat nach Klarstellung vorläufigen Erfolg

Die Rechtsbeschwerde hat vor dem BGH einen vorläufigen Erfolg gehabt. Der gegen die Schuldnerin gerichtete Titel der Gläubigerin ist ausreichende Grundlage für den Erlass des begehrten PfÜB. Die im Antrag der Gläubigerin bezeichneten Ansprüche zu a) bis d) sind pfändbar. Die Gläubigerin hat in der Beschwerdebegründung klargestellt, dass Gegenstand der Pfändung nicht die Sondernutzungsrechte an den Stellplätzen sein sollen, sondern allein die angeblichen Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldner aus dem mit diesen bestehenden Treuhandverhältnis. Die zu pfändenden Ansprüche sind damit hinreichend bestimmt bezeichnet (vgl. zu den insoweit zu stellenden Anforderungen BGH NJW 1975, 980; BGH NJW 1988, 2543 jeweils m.w.N.).

Titel gegen Drittschuldnerin nicht erforderlich

Dem Erlass eines PfÜB steht nicht entgegen, dass die Gläubigerin keinen Titel gegen die Drittschuldner hat. Zwar ist es richtig, dass es zur Vollstreckung in Rechte, die zu einem Treuhandvermögen gehören, eines Titels bedarf, in dem der Treuhänder als Vollstreckungsschuldner bezeichnet ist. Denn diese Rechte sind bei der treuhänderischen Rechtsbegründung mit voller dinglicher Wirkung auf den Treuhänder übergegangen (BGHZ 11, 37). Die Notwendigkeit eines Titels gegen den Treuhänder besteht aber nicht, wenn nicht das Treugut selbst, sondern ein Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder aus dem Treuhandverhältni...

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