Leitsatz
Der Abnahme der Vermögensauskunft kann nicht mit materiellen Einwendungen widersprochen werden. Eine Wertgrenze für die Abnahme existiert nicht.
AG Bergheim, Beschl. v. 12.10.2018 – 36 M 1004/18
1 I. Der Fall
Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung ins Schuldnerverzeichnis
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung und hat die Abnahme der Vermögensauskunft beantragt. Nachdem der Schuldner zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht erschienen ist, hat der Gerichtsvollzieher angeordnet, ihn von Amts wegen in das Schuldnerverzeichnis einzutragen, weil er im Sinne von § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist.
Die Eintragungsanordnung ist dem Schuldner am 18.6.2018 um 11.50 Uhr per Einwurf zugestellt worden. Der Schuldner legte gegen diese Eintragungsanordnung Widerspruch ein. Er wendet die Erfüllung der Forderung, die mangelnde Legitimation des Gläubigervertreters und das Unterschreiten der 500-EUR-Wertgrenze ein. Der angehörte Gläubiger hat sich nicht geäußert.
2 II. Die Entscheidung
Voraussetzungen der Eintragung liegen vor
Der Widerspruch ist formell zulässig, insbesondere rechtzeitig im Sinne des § 882 Abs. 1 S. 1 ZPO, jedoch in der Sache unbegründet. Der Schuldner ist seiner Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen, obwohl sämtliche Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft vorliegen.
Materielle Einwendungen sind nicht zulässig
Der Schuldner trägt vor, dass für die Forderung keine Rechtsgrundlage existiert, da die Forderung bereits getilgt worden und die Angelegenheit bereits seit 2005 erledigt sei.
Der Schuldner kann mit diesen Einwendungen im Vollstreckungsverfahren nicht gehört werden, denn die Einwendungen sind gegen den materiellen Bestand der Forderung gerichtet. Maßgebend für die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes ist jedoch ausschließlich der zugestellte Vollstreckungstitel. Erwägungen, die den Bestand der titulierten Forderung betreffen, hat das Vollstreckungsgericht nicht anzustellen.
Legitimation nachgewiesen
Soweit der Schuldner vorträgt, der Gläubigervertreter sei nicht legimitiert, legte dieser inzwischen eine Vollmacht vor, § 571 Abs. 2 ZPO analog. Entsprechend wird das Schuldnervorbringen zurückgewiesen.
Keine Wertgrenze bei der Vermögensauskunft
Soweit der Schuldner vorträgt, dass die Wertgrenze des § 802I Abs. 3 ZPO in Höhe von 500,00 EUR nicht eingehalten worden ist und somit der Antrag auf Auskunftserteilung nach § 802I ZPO zu untersagen wäre, wird darauf hingewiesen, dass diese 500-EUR-Grenze inzwischen abgeschafft worden ist und nicht mehr im Gesetz zu finden ist.
3 Der Praxistipp
Knappe Begründungen des AG
Kurz und knapp hat das AG die Einwendungen des Schuldners zurückgewiesen. Die Überzeugungskraft von Entscheidungen liegt allerdings in deren Begründungen. Es ist dem Schuldner deutlich zu machen, warum er nicht gehört werden kann:
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Materielle Einwendungen sind tatsächlich nicht im Vollstreckungsverfahren zu prüfen. Das bedeutet aber nicht, dass sie gänzlich unerheblich sind. Vielmehr muss der Schuldner eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO beim Prozessgericht erheben. Prozessgericht ist das Gericht, das den Titel geschaffen hat oder – beim Vollstreckungsbescheid – das in der Hauptsache zuständig gewesen wäre. Der angehörte Gläubiger hätte die Frage der Erfüllung sinnvollerweise allerdings auch geprüft und hierzu kurz Stellung genommen. |
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Der Mangel der Vollmacht ist nicht nach § 571 Abs. 2 ZPO, sondern nach § 88 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen, wenn nicht der Bevollmächtigte ein Rechtsanwalt ist. In diesem Fall kann der Schuldner – wie hier – nach § 88 Abs. 1 ZPO den Mangel der Vollmacht in jeder Lage des Verfahrens rügen. Die Rüge stellt kein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel dar, sondern betrifft eine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung. |
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Soweit das AG darauf verweist, dass die Bagatelle-Grenze von 500 EUR abgeschafft sei, verkennt es, dass es eine solche Wertgrenze für die Abnahme der Vermögensauskunft nie gab. Die Vermögensauskunft ist ungeachtet der Höhe der Vollstreckungsforderung grundsätzlich abzugeben. Die Wertgrenze betraf allein die Einholung von Auskünften zum Einkommen und Vermögen des Schuldners bei Dritten nach § 802l ZPO. Diese Auskünfte werden ohne aktive Mitwirkung des Schuldners eingeholt, setzen aber die vorherige Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft (§ 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder deren Fruchtlosigkeit (§ 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO) voraus. Vollstreckungsrechtlich ist die Wertgrenze entfallen. Sie findet sich für die Ermittlung des Arbeitgebers allerdings noch in § 74a Abs. 2 SGB X, was in der Praxis weiter Schwierigkeiten macht. |
Angebot der Selbstauskunft
Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis ist für den Schuldner mit erheblichen Nachteilen verbunden. Es stellt ein sog. hartes Merkmal dar und führt regelmäßig dazu, dass Waren und Dienstleistungen nur noch gegen Vorkasse oder Sicherung erbracht werden. Es kann deshalb für den Schuldner attraktiv sein...