Der Gläubiger übersendet mehr als nur den Antrag
Zutreffend hat das LG darauf abgestellt, dass die amtlichen Formulare nach der GVFV – im Übrigen auch diejenigen nach der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV) für den PfÜB – im Lichte der Ermächtigungsgrundlage der ZPO gesehen werden müssen. Zu sehen ist danach primär, dass das Formular der Standardisierung der Anforderungen der ZPO dient, nicht aber der Einführung weitergehender Anforderungen (LG Freiburg v. 5.7.2021 – 9 T 26/21). Danach gibt das Formular die Möglichkeit, durch eine Unterschrift die willentliche Antragstellung zu dokumentieren, die aber auch auf andere Weise zum Ausdruck gebracht werden kann. Andere Optionen sind beispielsweise die Übersendung von Vollstreckungsunterlagen oder die Zahlung von Kostenvorschüssen. Solche Maßnahmen belegen, dass der Antrag nicht versehentlich gestellt wurde. Spätestens dann, wenn auf eine Nachfrage des Vollstreckungsorgans – mit Unterschrift – erklärt wird, dass der Antrag gewollt ist, muss der Auftrag ausgeführt werden.
Formfehler heilbar
Die Entscheidung zeigt auf – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund von § 804 Abs. 3 ZPO –, dass der GV die Nachfrage zur Willentlichkeit der Antragstellung nur stellen darf, wenn er tatsächliche Anhaltspunkte dafür hat, dass der Antrag nicht gewollt sein könnte. Insoweit kann der Rechtsgedanke des § 754a Abs. 2 ZPO übertragen werden (vgl. hierzu AG Kassel v. 28.7.2017 – 630 M 546/17, FoVo 2017, 189).
Jedenfalls aber muss ein angenommener Formmangel dann als geheilt angesehen werden, wenn der Gläubiger oder sein Bevollmächtigter auf die konkrete Nachfrage oder die Ablehnung des Antrages mit einem eigenhändig unterzeichneten Schreiben bekundet, dass die Antragstellung ernsthaft gewollt war (so auch LG Freiburg v. 5.7.2021 – 9 T 26/21; LG Konstanz v. 6.4.2021 – 62 T 30/21; LG Heilbronn v. 1.3.2017 – 1 T 52/17).
Gescannte Unterschrift hat keine Bedeutung
Ebenso zutreffend hat das LG allerdings auch der gescannten Unterschrift keine Bedeutung zugemessen. Eine solche Unterschrift bietet kein Indiz für die Ernsthaftigkeit und Authentizität des Antrages. Es ist eine im Rechtsverkehr anzutreffende Unsitte, dass mittels einer – in der Regel nicht vom "Unterzeichnenden" – eingescannten Unterschrift der Eindruck erweckt werden soll, es sei eigenhändig unterschrieben worden. Wenn der Namensgeber der Unterschrift einscannt, dann kann er auch unterschreiben. Im Übrigen ist die eingescannte Unterschrift rechtlich wertlos. Seriöse Rechtsdienstleister verzichten auf solche Vorgehensweisen.
FoVo 1/2022, S. 13 - 14