Auskunft vollständig und widerspruchsfrei?

Immer wieder ist festzustellen, dass die Vermögensauskunft des Schuldners im Offenbarungsverfahren nach §§ 807, 899 ZPO unvollständig und nicht widerspruchsfrei ist. Der Gläubiger muss dann die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses betreiben. Ein Gläubiger, der geltend macht, der Gerichtsvollzieher habe ein unvollständiges oder ungenaues Vermögensverzeichnis aufgenommen, ist dabei nach der Entscheidung des BGH vom 4.10.2007 (BGH NJW-RR 2008, 1163) gehalten, zunächst beim Gerichtsvollzieher eine Nachbesserung zu beantragen. Erst wenn der Gerichtsvollzieher den Antrag ablehnt, steht dem Gläubiger dagegen die Erinnerung nach § 766 ZPO und gegen eine ablehnende Erinnerungsentscheidung – wie im vorliegenden Fall – die sofortige Beschwerde nach § 793 i.V.m. § 567 ZPO zu. Während die Erinnerung nach § 766 ZPO grundsätzlich unbefristet möglich bleibt, ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO binnen einer nicht verlängerbaren Notfrist von zwei Wochen, beginnend mit der Bekanntgabe der Erinnerungsentscheidung, zu erheben.

Wer kann Nachbesserung verlangen?

Zu beachten ist, dass die Nachbesserung nicht nur von dem Gläubiger verlangt werden kann, der das Offenbarungsverfahren ursprünglich betrieben hat, sondern auch von einem anderen Gläubiger, der aufgrund einer vorhandenen – aber unvollständigen – Vermögensauskunft nach § 903 ZPO gehindert ist, ein erneutes Offenbarungsverfahren zu betreiben (Musielak-Voit, ZPO, 6. Aufl., § 903 Rn 8; LG Verden JurBüro 2005, 163; LG Frankfurt/Oder JurBüro 2004, 216).

Für die Praxis muss immer wieder festgestellt werden, dass der amtliche Vordruck für die Erstellung der Vermögensauskunft unvollständig ist und für die Praxis wesentliche Aspekte nicht erfasst. Der Gläubiger wird deshalb regelmäßig verschiedene Fragen zu prüfen haben:

Ist das Vermögensverzeichnis vollständig ausgefüllt worden?
Ist das Vermögensverzeichnis in sich widerspruchsfrei?
Ist das Vermögensverzeichnis im Hinblick auf andere dem Gläubiger vorliegende Informationen widerspruchsfrei?
Ergeben sich aus dem Verzeichnis Anhaltspunkte für weitere Fragen?
Sind sonst Ansprüche oder Vermögenspositionen denkbar, zu denen das Vermögensverzeichnis keine Angaben enthält?

Soweit der Gläubiger eine der ersten drei Fragen mit "nein" und eine der beiden folgenden Fragen mit "ja" beantworten muss, ist eine Nachbesserung veranlasst. Diese Prüfung muss immer sehr zeitnah erfolgen, damit dem Gläubiger nicht konkurrierende Gläubiger zuvor kommen (§ 804 Abs. 3 ZPO).

In der Praxis können vorliegende Fragekataloge (vgl. etwa Goebel, Anwaltformulare Zwangsvollstreckung, 3. Auflage 2008, § 2 Rn 195 ff. mit Erläuterung der jeweiligen Zugriffsmöglichkeit) genutzt werden, um aus diesen die Fragen herauszufiltern, die auf die Lebenssituation des Schuldners zutreffen.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?