Leitsatz
Der Klage eines Gläubigers, der über einen vollstreckbaren Schuldtitel verfügt, auf Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung fehlt es nach dem auf den Rechtsgrund beschränkten Widerspruch des Schuldners nicht an einem rechtlich geschützten Interesse.
BGH, 4.12.2010– IX ZR 41/10
1 I. Der Fall
Der Klägerin steht aufgrund eines rechtskräftigen Urteils des LG von 11.1.2001 gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 150.531,91 DM (76.965,74 EUR) nebst 4 % Zinsen seit dem 1.4.2000 zu. Den Urteilsgründen nach beruht der Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a StGB.
Insolvenzeröffnung mit qualifizierter Forderungsanmeldung
Am 26.9.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet. Die Klägerin meldete den titulierten Anspruch an; der Verwalter stellte ihn mit dem Schuldgrund "Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" zur Tabelle fest. Der Schuldner widersprach dem Rechtsgrund der Forderung.
Schuldner widerspricht – Gläubiger klagt
Die Klägerin beantragt festzustellen, dass der Widerspruch des Beklagten unbegründet sei. LG und OLG haben die Klage für unzulässig gehalten. Mit seiner vom OLG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
2 II. Die Entscheidung
Anforderungen an die Feststellungsklage
Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde (§ 256 Abs. 1 ZPO). Im vorliegenden Fall folgt das rechtliche Interesse der Klägerin aus § 302 Nr. 1 InsO. Der Schuldner hat Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt. Wird die Restschuldbefreiung erteilt, darf die Klägerin grundsätzlich weder aus dem Urteil von 2001 noch aus dem Auszug aus der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung werden jedoch von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht berührt, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hatte (§ 302 Nr. 1 InsO).
Widerspruch begründet Feststellungsinteresse
Die Klägerin hat ihre Forderung als Forderung aus unerlaubter Handlung zur Tabelle angemeldet. Die Forderung gilt als festgestellt, nachdem im schriftlichen Verfahren (§ 177 InsO) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem der Insolvenzgläubiger erhoben worden ist (§ 178 Abs. 1 InsO). Der auf den Anspruchsgrund beschränkte Widerspruch des Schuldners stand der Feststellung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 S. 2 InsO) und wirkt sich auf das Insolvenzverfahren nicht aus. Er hindert für sich genommen auch nicht die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO). Der Schuldner kann sich jedoch, falls die Klägerin aus der vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) oder aus dem Urteil von 2001 die Zwangsvollstreckung gegen ihn betreiben sollte, im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) hiergegen zur Wehr setzen (BGH WM 08, 2219). Sein Widerspruch hat ihm nicht nur die rechtliche Möglichkeit hierzu verschafft, sondern begründet zugleich das Risiko, dass es früher oder später zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung kommen wird (BGH WM 2006, 1347 zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 184 Abs. 2 InsO am 1.7.2007). Zurückgenommen hat er den Widerspruch auch nach entsprechender Aufforderung durch die Klägerin nicht.
Kein Weg, der einfacher ist
Der Klägerin steht kein gegenüber der Feststellungsklage einfacherer Weg zur Verfügung, um die Wirkungen des Widerspruchs des Beklagten zu beseitigen. Insbesondere kann sie nicht auf einen Antrag auf Berichtigung der Tabelle gemäß oder entsprechend analog § 183 Abs. 2 InsO verwiesen werden. Die Tabelle ist nicht im Sinne von § 183 Abs. 2 InsO unrichtig. Die Regelung des § 183 Abs. 2 InsO erlangt Bedeutung, wenn ein Gläubiger auf den Widerspruch des Verwalters oder eines anderen Gläubigers hin Klage auf Feststellung seiner Forderung erhoben hat und eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, durch die eine Forderung festgestellt oder ein Widerspruch für begründet erklärt worden ist (§ 183 Abs. 1 InsO). Es obliegt dann der obsiegenden Partei, beim Insolvenzgericht unter Vorlage des rechtskräftigen Urteils die Berichtigung der Tabelle zu beantragen (§ 183 Abs. 2 InsO). Die Vorschrift des § 183 Abs. 2 InsO dürfte entsprechend anzuwenden sein, wenn der Schuldner eine bereits titulierte Forderung, die zur Tabelle angemeldet worden ist, bestritten hat, dann aber nicht innerhalb der Monatsfrist des § 184 Abs. 2 InsO Klage erhoben und dem Insolvenzgericht die Verfolgung des Anspruchs nachgewiesen hat. Auch in einem solchen Fall wird die Tabelle unrichtig; denn nach fruchtlosem Ablauf der Frist gilt ein Widerspruch al...