Einführung
Mit dem Jahreswechsel ändern sich häufig vollstreckungsrelevante Parameter, die dem Schuldner Spielraum für eine gütliche Einigung geben. Die Schuldneransprache, die Arbeitsabläufe und Schreiben sind anzupassen und neue Möglichkeiten zu sehen. Der nachfolgende Beitrag soll nicht nur zeigen, welche Werte sich geändert haben, sondern auch, wo sie Bedeutung entfalten.
I. Mindestlohn
Pfändbare Beträge durch Mindestlohn
Der allgemeine – gesetzliche – Mindestlohn wurde im Oktober 2018 in zwei Stufen angehoben. Er beträgt seit dem 1.1.2019 9,19 EUR je Stunde brutto und ab dem 1.1.2020 dann 9,35 EUR.
Hinweis
Schon der allgemeine Mindestlohn kann zu pfändbaren Beträgen führen. Hat der Schuldner 40 Stunden die Woche zu arbeiten, entspricht dies monatlich 173,33 Stunden. Bei einem Mindestlohn von 9,19 EUR ergibt sich dann ein Bruttomonatslohn von 1.592,93 EUR, der bei einem ledigen und kinderlosen Schuldner mit Lohnsteuerklasse 1, selbst wenn er Kirchensteuer abzuführen hat, in NRW zu einem Nettoeinkommen von 1.178,28 EUR führt. Daraus leitet sich ein pfändbarer Betrag von 25,34 EUR ab.
Neben dem allgemeinen auch den besonderen Mindestlohn sehen
Aber: Es gibt auch deutlich höhere Branchen-Mindestlöhne. Sie sind insbesondere dann interessant, wenn der Gläubiger Informationen über den ausgeübten Beruf des Schuldners hat. Dabei unterscheiden sich die Branchenmindestlöhne teilweise noch nach Ost und West. In der nachfolgenden Tabelle wird dann immer erst der Betrag im Westen, dann der im Osten genannt (West/Ost).
Branche |
2018 |
2019 |
Berufliche Aus- und Weiterbildung |
15,26 EUR |
noch offen |
Elektrohandwerk |
10,95 EUR |
11,40 EUR |
Dachdeckerhandwerk |
12,90 EUR |
13,20 EUR |
Geld- und Wertdienste, je nach Bundesland unterschiedlich |
9,88–16,53 EUR |
9,88–16,53 EUR |
Pflegebranche |
10,55 EUR/10,05 EUR |
11,05 EUR/10,55 EUR |
Leiharbeit/Zeitarbeit |
9,49 EUR/9,27 EUR |
9,79 EUR/9,49 EUR (ab 1.3.2019) |
Maler- und Lackiererhandwerk, ungelernt |
10,60 EUR |
10,85 EUR (ab 1.5.2019) |
Maler- und Lackiererhandwerk, Geselle |
12,40 EUR |
12,95 EUR (ab 1.5.2019) |
Gebäudereiniger (innen) |
10,30 EUR/9,55 EUR |
10,55 EUR/10,05 EUR |
Gebäudereiniger (Glas und Fassade) |
13,55 EUR/12,18 EUR |
13,82 EUR/12,83 EUR |
Bauhandwerk, Werker |
11,75 EUR |
12,20 EUR (ab 1.3.2019) |
Bauhandwerk, Fachwerker |
14,95 EUR/14,80 EUR |
15,20 EUR/15,05 EUR (ab 1.3.2019) |
Steinmetz-Handwerk |
11,40 EUR/11,20 EUR |
11,40 EUR |
Immer mehr Branchen schaffen höheren Mindestlohn
In weiteren Branchen wird derzeit über einen höheren Branchenmindestlohn verhandelt. Dazu gehören das Bauhauptgewerbe, die Fleischindustrie, die Land- und Forstwirtschaft, der Gartenbau, die Schornsteinfeger, das Gerüstbauhandwerk und die Textil- und Bekleidungsindustrie.
Es muss dann noch ein wenig gerechnet werden
Der höhere Branchen-Mindestlohn kann zu pfändbaren Beträgen führen. Auszugehen ist dabei von dem Umstand, dass es sich um einen Bruttolohn handelt. Bei einer 40-Stunden-Woche ergibt sich eine monatliche Arbeitszeit von 173,33 Stunden.
Beispiel
In der Pflegebranche im Westen würde sich bei einem Bruttomindestlohn von 11,05 EUR also ein Gesamtbruttolohn im Monat von 1.915,30 EUR ergeben. Bei einem 30-jährigen Schuldner in der Lohnsteuerklasse I ohne Kinder mit einem Krankenkassenzusatzbeitrag von 1,1 % und der Mitgliedschaft in einer Kirchengemeinde ergibt sich dann ein Nettolohn von 1.343,89 EUR, also ein pfändbarer Betrag von 144,34 EUR im Monat.
II. Kindergeld, Mindestunterhalt und Hartz IV
Erhöhung des Kindergeldes
Das Kindergeld ist eine der größten Sozialleistungen des Staates und wird regelmäßig angepasst. Als Teil des Familieneinkommens verbessert es letztlich die wirtschaftliche Gesamtsituation. Zum 1.7.2019 wird das Kindergeld mit 10 EUR mehr im Monat erheblich angehoben, was Spielräume für gütliche Einigungen in Form von Ratenzahlungsvereinbarungen gibt. Das Kindergeld beträgt ab dann
für das erste und zweite Kind je |
204,00 EUR |
für das dritte Kind |
210,00 EUR |
für jedes weitere Kind |
235,00 EUR |
Erhöhung des Mindestunterhaltes
Der Unterhalt für minderjährige Kinder wird durch die Gerichte bestimmt. Um hier möglichst einheitliche Lebensverhältnisse zu schaffen, haben die Oberlandesgerichte Unterhaltsrichtlinien herausgegeben. Die bekannteste ist die sogenannte Düsseldorfer Tabelle. Sie wird jährlich zum Jahresanfang angepasst. Unterhaltspflichtige müssen ab dem 1.1.2019 danach mehr für ihre minderjährigen Kinder zahlen.
Pfändungsfreibetrag: eigenes Einkommen des Minderjährigen
Der Mindestunterhalt beträgt nun 354 EUR. Auch unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes ergibt sich ein Einkommen des Kindes von 456 EUR. Dieser Betrag kann ausreichend sein, um das Kind ganz oder zur Hälfte nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht zu berücksichtigen, weil das Kind seinen Unterhaltsbedarf vollständig selbst decken kann, zumindest aber der unterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltspflicht nachkommt, so dass die vollständige Berücksichtigung des Kindes nach § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO nicht gerechtfertigt ist. Je höher der Unterhaltsanspruch wird, desto umfassender ist der Unterhaltsbedarf des Minderjährigen gedeckt. Die sich dadur...