Leitsatz
Zur Abgrenzung der Zuständigkeit von Insolvenzgericht und Prozessgericht beim Streit zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner über die Massezugehörigkeit von Lohnanteilen im Hinblick auf die Vorschriften des Pfändungsschutzes.
BGH,11.5.2010 – IX ZB 268/09
1 I. Der Fall
Massezugehörigkeit von Lohnanteilen: Klageverfahren erforderlich
Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts nach § 36 Abs. 4 InsO folgt noch nicht aus der Anwendung vollstreckungsrechtlicher Beurteilungsnormen. Der Streit zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner über die Massezugehörigkeit von Lohnanteilen, wie er sich hier vor dem Hintergrund von § 850e Nr. 1, § 851c ZPO ergeben hat, kann nur im Wege des Rechtsstreits entschieden werden, weil er keine Vollstreckungshandlung und keine Anordnung des Vollstreckungsgerichts betrifft, wie sie etwa nach den § 850b, 850c, 850f und 850i ZPO ergehen kann (vgl. BGHZ 92, 339; BGH ZInsO 2008, 204; BGH NZI 2009, 574; BGH NZI 2010, 141, 142 Rn 10).
2 II. Die Entscheidung
BGH-Rechtsprechung nicht missverstehen
Der Beschluss des Senats vom 12.1.2006 (IX ZB 239/04) zur Beurteilung der Frage, ob Einkommensteuererstattungsansprüche zum pfändbaren Arbeitseinkommen gemäß § 850 ZPO gehören, weicht hiervon nicht ab, weil das Insolvenzgericht dort von Amts wegen entschieden hatte. Die Feststellungsanträge des Insolvenzverwalters werden daher unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 20.5.2009 als unzulässig abzulehnen sein. Der zweite Beschwerdedurchgang gibt dem Insolvenzverwalter Gelegenheit, sich zu dieser Zuständigkeitsfrage noch zu äußern.
3 Der Praxistipp
Insolvenzverfahren darf nicht zum einfachen Fluchtweg des Schuldners werden
Insolvenzverfahren sind für den Gläubiger meist wenig erfreulich. Der nahezu vollständige Verlust der Forderung ist häufig vorprogrammiert. Gleichwohl muss der Gläubiger darauf achten, dass Insolvenzverfahren dem Schuldner nicht die Möglichkeit eröffnen, sich ohne größere Anstrengungen seiner Verpflichtungen zu entledigen.
Das ist zu tun!
Deshalb muss einerseits darauf geachtet werden, dass der Insolvenzverwalter oder der Treuhänder die tatsächlichen Einkünfte des Schuldners auch zur Masse zieht. Dabei kann der Gläubiger sehr wohl die Rolle ausfüllen, dem Insolvenzverwalter Hinweise auf mögliches Einkommen und Vermögen des Schuldners zu geben. Der Gläubiger muss andererseits aber auch darauf achten, dass der Insolvenzverwalter sachgerecht arbeitet und unnötige Kosten für die Masse vermeidet oder aber hierfür persönlich einsteht. Nach der Entscheidung des BGH ist nun klar, dass der Insolvenzverwalter die Forderung nur klageweise durchsetzen kann. Diesen Weg wird er dann auch wählen müssen.