Leitsatz
1. Der Gläubiger ist nur vom Formularzwang gemäß §§ 1, 5 GVFV entbunden, soweit das Formular unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist.
2. Für (sonstige) Hinweise, die die beabsichtigte Zwangsvollstreckung betreffen, ist das Modul P 8 des Formulars vorgesehen. Nicht titulierte Forderungen und Hinweise auf nicht titulierte Forderungen betreffen nicht die Zwangsvollstreckung und dürfen deshalb nicht in das Formular aufgenommen werden.
BGH, Beschl. v. 26.9.2018 – VII ZB 56/16
1 I. Der Fall
Eigene statt amtliche Forderungsaufstellung führt zur Antragszurückweisung
Die Gläubigerin begehrt die Vollstreckung einer durch Vollstreckungsbescheid titulierten Geldforderung in Gesamthöhe von 251,50 EUR nebst Zinsen durch den Gerichtsvollzieher (GV). Sie reichte beim GV das amtliche Antragsformular nach Anlage zu § 1 Abs. 1 der Verordnung über das Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher vom 28.9.2015 (BGBl I, S. 1586, 1588 ff., Gerichtsvollzieherformular-Verordnung – GVFV) ein. Im Modul C des amtlichen, modular aufgebauten Formulars kreuzte sie das Auswahlfeld "Forderungsaufstellung gemäß sonstiger Anlage/-n des Gläubigers/Gläubigervertreters" an und fügte dem Antragsformular eine eigene Forderungsaufstellung bei, in der der titulierte Betrag aufgeführt sowie die bis zum Antragszeitpunkt aufgelaufenen Zinsen errechnet waren. Die in Anlage 1 des Formulars vorgesehene Forderungsaufstellung nutzte sie nicht. Der GV wies den Vollstreckungsauftrag aus diesem Grund zurück.
Hinweise zur Gesamtverschuldung des Schuldners im Formular
In der Forderungsaufstellung waren auch noch Positionen zu nicht titulierten Forderungen enthalten. Hierauf hatte der Gläubiger im Modul P 8 hingewiesen. Er wollte so eine Einbeziehung der untitulierten Forderungen in eine gütliche Einigung fördern.
Gläubiger auf dem Rechtsweg erfolglos
AG und LG sind dem GV gefolgt und haben die formellen Anforderungen an den Vollstreckungsauftrag als nicht erfüllt angesehen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Gläubigers.
2 II. Aus der Entscheidung
BGH geht auch von Formunwirksamkeit aus
Zu Recht hat das LG die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Der Vollstreckungsauftrag entspricht nicht der nach § 753 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 5 GVFV vorgeschriebenen Form und war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Formulare sind grundsätzlich verbindlich
Gemäß § 753 Abs. 3 S. 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates verbindliche Formulare für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher einzuführen. Nach § 1 S. 1, § 5 GVFV ist für Vollstreckungsaufträge seit dem 1.4.2016 verbindlich das in der Anlage zur GVFV vorgegebene Formular zu nutzen. Dieses umfasst in Anlage 1 gemäß § 1 S. 2 Nr. 2 GVFV auch ein Formular für eine Forderungsaufstellung.
Ausnahmen vom Grundsatz
Nur soweit für den beabsichtigten Vollstreckungsauftrag in dem Formular keine zweckmäßige Möglichkeit zur Eintragung vorgesehen ist, kann ein geeignetes Freitextfeld oder eine zusätzliche Anlage verwendet werden (§ 2 Abs. 2 S. 1 GVFV). Insoweit enthalten die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 5 GVFV ebenfalls verbindlichen "Hinweise zum Ausfüllen und Einreichen des Vollstreckungsauftrags (Anlage 2)" zu Modul C die ausdrückliche Bestimmung, dass die Beifügung von zusätzlichen Anlagen für die Forderungsaufstellung nur zulässig ist, wenn die für den Auftrag erforderlichen Angaben nicht oder nicht vollständig in die Anlage 1 eingetragen werden können. Darüber hinaus ist der Antragsteller vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist (vgl. BGH NJW 2016, 81; BGHZ 200, 145, jeweils zum vergleichbaren Fall der ZVFV).
Konkret: Anlage Forderungsaufstellung war ausfüllbar
Ein solcher Fall liegt, wie das LG zutreffend ausführt, nicht vor. Die in der Anlage 1 zum Formular gemäß Anlage zur GVFV vorgesehene Forderungsaufstellung erfasst den Fall der Gläubigerin, die eine titulierte Forderung nebst Zinsen geltend macht, vollständig. Insbesondere weist die Forderungsaufstellung der Gläubigerin keine Forderungen oder Forderungsbestandteile auf, die in das Formular nicht eingetragen werden können.
Erhöhte technische Anforderungen sind zumutbar
Dem LG ist auch zuzustimmen, soweit es einen Bedarf der Gläubigerin zur Erweiterung einer Eintragung gemäß § 2 Abs. 4 S. 2 GVFV verneint. Als ein solcher Bedarf kann auch unter Berücksichtigung der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (BGHZ 200, 145) nicht angesehen werden, dass die Übertragung einer eigens hergestellten Forderungsaufstellung mit höherem Aufwand verbunden ist als die bloße Vorlage der eigenen Forderungsaufstellung, sofern, was hier der Fall ist, ausreichend Gelegenheit und Raum für eine Eintragung in das Formular besteht.
Recht zum Weglassen ist kein Recht zum Ersetzen
Soweit die Gläubigerin geltend gemacht hat, der Verordnungsgeber habe in § 2 Abs. 3 GVFV ein "Weglassen" von Modulen erlaubt, ordnet die Vorschrift ledigl...