Leitsatz
1. Die Darlegungs- und Beweislast für die Abgabe und den Zugang der Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO trägt der Drittschuldner.
2. Gibt der Drittschuldner die Drittschuldnererklärung nicht oder nicht rechtzeitig ab, kann der Gläubiger feststellen lassen, dass der Drittschuldner den daraus entstehenden Schaden zu tragen hat. Eine Zahlungsklage ist nicht vorrangig. § 12a ArbGG steht dem nach einer Lohnpfändung nicht entgegen.
ArbG Münster, Beschl. v. 14.7.2021 – 4 Ca 1390/19
1 Der Fall
Drittschuldnerklage
Die Parteien streiten um die Aufhebung eines Vollstreckungsbescheides im Rahmen einer Drittschuldnerklage sowie um einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Gläubigerin pfändet Lohnansprüche
Auf Basis des Vollstreckungsbescheides des AG Uelzen titulierte die Klägerin gegen den Schuldner eine Gesamtforderung i.H.v. 9.692,79 EUR und brachte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) gegenüber der Beklagten als Drittschuldnerin in die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche des Schuldners gegenüber der Drittschuldnerin (der Beklagten) und auf laufende Herausgabe der monatlichen Lohn-/Gehaltsabrechnung ab Zustellung der Pfändung unter anderem aus.
Gläubigerin erteilt auch auf Erinnerung keine Drittschuldnerauskunft
Die von der Klägerin beauftragte Inkassodienstleisterin erinnerte die Beklagte zweimal an die Erteilung einer Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO. Der Beklagten wurde eine Frist zur Abgabe der Drittschuldnererklärung bis zum 19.6.2018 gesetzt. Am 14.6.2018 teilte die Beklagte mit, dass Geschäftsführerin der GmbH Frau D sei, nicht der Schuldner. Die Inkassodienstleisterin wies darauf hin, dass es auf den Zeitpunkt der Zustellung des PfÜB ankomme, und forderte erneut eine Drittschuldnererklärung und setzte eine Nachfrist.
Unter dem Druck des Gerichtsverfahrens wird die Erklärung abgegeben
Nachdem diese unbeachtet blieb, erwirkte die Gläubigerin beim zentralen Mahngericht Uelzen einen Vollstreckungsbescheid gegen die Drittschuldnerin, gegen den diese Einspruch einlegte, worauf das Verfahren zunächst an das LG abgegeben wurde, das den Rechtsstreit dann an das ArbG verwiesen hat.
Im Gütetermin stellte sich heraus, dass der Schuldner bei Zustellung des PfÜB noch Geschäftsführer war, worauf die Beklagtenvertreterin erklärte, die Beklagte werde binnen zwei Wochen eine abschließende umfassende Drittschuldnererklärung gegenüber der Klägerin abgeben, was nachfolgend zunächst nicht geschah. Verspätet wurde die Erklärung dann überreicht.
Gläubigerin stellt die Klage um
Die Gläubigerin ist der Ansicht, die Drittschuldnerin schulde ihr nun Schadensersatz aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO, da sie die Drittschuldnererklärung erst verspätet erteilt habe. Wäre die Drittschuldnererklärung rechtzeitig abgegeben worden, so wären verschiedene vorgerichtliche Kosten und auch die Kosten der gerichtlichen Rechtsverfolgung nicht angefallen. Sie hat die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt und beantragt, die Schadensersatzpflicht der Drittschuldnerin festzustellen.
2 II. Aus der Entscheidung
Zulässige Feststellungsklage
Der zulässige Feststellungsantrag ist begründet. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Es handelt sich um eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, § 263 ZPO.
Klageänderung ist statthaft und sachdienlich
Ein Gläubiger, der mangels Auskunftserteilung des Drittschuldners gegen diesen eine unbegründete Zahlungsklage erhoben hatte, kann im Wege der Klageänderung die Feststellung der Haftung des Drittschuldners für den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung entstandenen Schaden beantragen (vgl. sehr ausführlich BGH vom 28.1.1981 – VIIIZR 1/80 Rn 20 ff., 28). Eine derartige Klageänderung ist gemäß § 263 ZPO als sachdienlich anzusehen, sodass dahingestellt bleiben kann, ob eine Klageänderung nach § 264 Nr. 3 ZPO zulässig wäre.
Kein Vorrang der Zahlungsklage wegen offener Kosten des Rechtsstreits
Die Feststellungsklage ist auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil die Klägerin auch ohne Weiteres eine Zahlungsklage hätte erheben können. Zwar hat die Klägerin die Kosten, die durch die Inanspruchnahme der Inkassodienstleisterin für die vorgerichtliche Korrespondenz sowie das Mahnverfahren entstanden sein sollen, beziffert. Gegenstand der vorliegenden Feststellung sind aber nicht notwendigerweise diese bezifferten Kosten.
Kommt der Drittschuldner dem Auskunftsverlangen nach § 840 Abs. 1 ZPO nicht nach, haftet er dem Gläubiger für die hierdurch verursachten Kosten, auch für die Kosten eines nutzlos geführten Rechtsstreits einschließlich der bis zur Auskunftserteilung angefallenen Anwaltskosten. Weitere Anwaltskosten, die durch die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs entstehen, unterfallen der Regelung des § 12a ArbGG (ArbG Gießen v. 27.2.2002 – 2 Ca 115/01). Die vorliegend festzustellende Schadensersatzpflicht ist nicht notwendigerweise deckungsgleich mit den genannten, bezifferten Kosten. Es dürften mit der vorliegenden Feststellungsklage vielmehr solche Schadens...