Zwei Möglichkeiten bei der Vorpfändung
Die Vorpfändung kann über den GV in zwei verschiedenen Varianten erfolgen:
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Der GV kann mit der Erstellung des Benachrichtigungsschreibens und dessen Zustellung beauftragt werden. Es fallen dann einerseits Gebühren für die Erstellung des Schreibens nach Nr. 200 KV GvKostG und die Zustellungsgebühr nach Nr. 101 KV GvKostG nebst Auslagen an. |
Hinweis
Eine solche Verfahrensweise kann als bedingte Beauftragung nach einem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach §§ 802c, 802d ZPO oder auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO sinnvoll sein, weil der Gläubiger dann schneller agiert (§ 804 Abs. 3 ZPO!) und sich die Bearbeitung des Posteingangs spart.
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Andererseits kann der Gläubiger das Benachrichtigungsschreiben auch selbst fertigen – wie im Fall des AG – und den GV lediglich mit dessen Zustellung beauftragen. In diesem Fall werden auch nur die Zustellungskosten erhoben. |
Während man im ersten Fall dem GV eine gewisse Prüfungskompetenz jedenfalls insoweit nicht absprechen können wird, wie er konkrete Gesetzesverstöße sieht, ist er im zweiten Fall in keiner Weise für den Inhalt des Schreibens verantwortlich und damit befasst. Es obliegt allein der Rechtsprüfung des Drittschuldners, ob und in welcher Weise er auf das Schreiben reagiert. Nur der odre public ist zu prüfen, d.h. krasse Rechtsverstöße.
Sicher keine offensichtliche Rechtsmissbräuchlichkeit
Es kann dem GV nicht widersprochen werden, wenn er der Auffassung ist, dass der Drittschuldner erst nach der Zustellung eines PfÜB die Drittschuldnererklärung abgeben muss. Zunächst bedeutet der Umstand, dass ein Beteiligter etwas nicht tun muss, dass die Aufforderung als solche schon rechtsmissbräuchlich ist.
Unbeantwortet: Wo liegt der missbilligte Vorteil des Gläubigers?
Wie in allen anderen Fällen, die bisher zu dieser Frage entschieden wurden, begründet der GV nämlich nicht, worin denn der von der Rechtordnung missbilligte Vorteil liegen soll. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. § 254 Abs. 2 BGB legt dem Gläubiger nämlich die Pflicht auf, das Kostenminderungsgebot zu beachten. Genau dem trägt der Gläubiger Rechnung, wenn er den Drittschuldner bittet, ihm die Auskunft zu erteilen. Soweit damit die Pfändung vermieden wird, etwa weil der Schuldner gar nicht beim Drittschuldner arbeitet oder dort kein Konto unterhält, werden überflüssige Kosten – zumindest 74,86 EUR – vermieden, die letztlich allein den Schuldner belasten (§ 788 ZPO). Dies liegt auch im begründeten Eigeninteresse des Drittschuldners, die Bearbeitung einer offensichtlich ins Leere gehenden nachfolgenden Pfändung zu vermeiden.
Da die Vorpfändung die rangwahrende Vorstufe der Forderungspfändung mit der Folge der Abgabepflicht für die Drittschuldnererklärung ist, ist auch nicht zu sehen, in welche Rechte von Schuldner oder Drittschuldner der Gläubiger unverhältnismäßig eingreifen soll.
Feststellungsinteresse wäre gegeben gewesen
Die Feststellung, dass die verweigerte Zustellung nicht nur hätte erfolgen müssen, sondern ihr Unterlassen vorwerfbar rechtswidrig war, ist grundsätzlich zulässig und auch begründet. Durch die verweigerte und dann verspätete Zustellung kann der Gläubiger nämlich Rangverluste nach § 804 Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 845 Abs. 2, 829 Abs. 3 ZPO erleiden. Dies kann zu einem wirtschaftlichen Schaden führen, der dann nach den Grundsätzen der Amtshaftung auszugleichen wäre. Möglicherweise hat der Gläubiger hierzu aber nicht hinreichend vorgetragen. Dies lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.
VRiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 3/2022, S. 54 - 58