Für die Praxis lässt sich feststellen, dass die GV selten Flachbildschirme pfänden, weil sie der – häufig nicht tatsächlich belegten – Ansicht sind, dass sich ein über den Kosten liegender Verwertungserlös nicht erzielen lasse und die Pfändung deshalb nach § 803 Abs. 2 ZPO zu unterbleiben habe.

GV übersehen viel…

Diese Auffassung ist unzutreffend. Sie vernachlässigt einerseits, dass die Verwertung heute nicht mehr nur im Wege der öffentlichen Versteigerung nach § 814 ZPO möglich ist, die tatsächlich regelmäßig nicht zu befriedigenden Verwertungserlösen führt. Vielmehr hat der Gläubiger auch die Möglichkeiten nach § 825 ZPO, eine anderweitige Art der Verwertung zu beantragen. Hier kommt neben der Ermächtigung des Gläubigers oder des Gerichtsvollziehers mit einer Versteigerung des Gegenstandes auf einer der Internetplattformen (ebay.de, mobile.de etc.) auch eine Übernahme der Sache durch den Gläubiger unter Anrechnung auf die Vollstreckungsforderung in Betracht.

 
Hinweis

Der Bundesrat hat insoweit in seiner Sitzung vom 3.4.2009 eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Internetversteigerung abgegeben. Der Bundesrat hat angeregt, dass der GV eine Wahl haben soll zwischen den beiden Versteigerungsarten. FoVo hat über den Gesetzentwurf bereits berichtet (FoVo 2009, 45). Er hat nun gute Chancen, kurzfristig auch endgültig Gesetz zu werden. FoVo wird die dann notwendigen Muster als Arbeitshilfe zur Verfügung stellen.

… und verkürzen so Rechte des Gläubigers

Mit der unterlassenen Pfändung verkürzt der GV damit die Rechte des Gläubigers aus § 825 und § 811a ZPO, wenn er den Fernseher nicht zumindest im Gerichtsvollzieherprotokoll aufführt. Die mangelnde Erwähnung beruht auf § 135 Nr. 6 S. 1 GVGA: "Kann eine Pfändung überhaupt nicht oder nicht in Höhe der beizutreibenden Forderung erfolgen, weil der Schuldner nur Sachen besitzt, die nicht gepfändet werden dürfen oder nicht gepfändet werden sollen oder von deren Verwertung ein Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht zu erwarten ist, so genügt im Protokoll der allgemeine Hinweis, dass eine Pfändung aus diesen Gründen unterblieben ist."

Dem kann der Gläubiger aber entgehen, indem er grundsätzlich die Pfändung eines vorhandenen Flachbildfernsehers verlangt. In diesem Fall sieht § 135 Nr. 6 S. 2 GVGA vor: "Abweichend von Satz 1 sind im Protokoll zu verzeichnen: Sachen, deren Pfändung vom Gläubiger ausdrücklich beantragt war, unter Angabe der Gründe, aus denen der Gerichtsvollzieher von einer Pfändung abgesehen hat." Auf der Grundlage dieser Mitteilung kann der Gläubiger dann prüfen, ob er die Annahme des Gerichtsvollziehers, ein die Kosten der Verwertung übersteigender Erlös sei nicht zu erwarten, widerlegt.

 
Praxis-Beispiel

Der Gerichtsvollzieher lehnt die Pfändung eines Kaffeeautomaten Jura Impressario nach § 803 Abs. 2 ZPO ab. Der Gläubiger weist ihm nun durch einen Ausdruck eines Versteigerungsstandes bei ebay nach, dass für solche Kaffeautomaten mehr als 320 EUR geboten werden. Der Gerichtsvollzieher muss den Gegenstand nun pfänden, jedenfalls dann, wenn der Gläubiger zugleich im Wege der Austauschpfändung eine normale Kaffeemaschine anbietet, wie sie für einen geringen Betrag bei allen Elektromärkten zu beschaffen ist.

 

Muster: Austauschpfändung

An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – in …

In der Zwangsvollstreckungssache [volles Rubrum einfügen] beantrage ich namens und in Vollmacht des Gläubigers, die Pfändung des [Bezeichnung des zu pfändenden Gegenstandes]

gegen die Übereignung der … im Wert von … EUR
gegen die Überlassung eines Betrages von … EUR
gegen die Überlassung eines Betrages von … EUR aus dem Versteigerungserlös

zuzulassen.

Der Wert des Austauschgegenstandes ist dem Gläubiger aus dem Vollstreckungserlös zu erstatten.

Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt:

Aufgrund der beigefügten vollstreckbaren Ausfertigung des … vom … Az.: … sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses des … vom … Az.: … kann der Gläubiger den aus der anliegenden Forderungsaufstellung ersichtlichen Gesamtbetrag von … EUR sowie die Kosten dieses Antrages beanspruchen:

 
Forderung gemäß beigefügter Forderungsaufstellung   … EUR
0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus …EUR   … EUR
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG   … EUR
Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG   … EUR

Der Gläubiger hat mit der Durchführung der Sachpfändung am … den Gerichtsvollzieher … beauftragt. Ausweislich des nach Nr. 135 Nr. 5 S. 2 a) GVGA erstellten Pfändungsprotokolls ist die Pfändung des … unterblieben, da der Gegenstand nach Ansicht des Gerichtsvollziehers nach § 811 Nr. … ZPO unpfändbar ist.

Allerdings steht dem Gläubiger nach § 811a ZPO das Recht zu, die höherwertige Sache im Wege der Austauschpfändung gegen eine geringerwertige Sache, die den Nutzungszweck in gleicher Weise gewährleistet, zu pfänden und zu verwerten.

Der Gläubiger beabsichtigt, dem Schuldner als Ersatzstück … anzubieten.

Nach § 811a Abs. 1 kann der Gläubiger dem Schuldner auch den zur Ersatzbeschaffung erforderlichen Geldbetra...

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