Entscheidung ist praxisfern
Die Entscheidung des Landgerichts ist praxisfern und bedeutet einen zusätzlichen Aufwand für den Gläubiger, unter dem letztlich auch der Schuldner leidet, der die Kosten des zusätzlichen Auftrages nach § 788 ZPO zu tragen hat, wenn es im weiteren Verlauf der Zwangsvollstreckung doch noch zu einem Erlös kommt.
Was ist am Arbeitsplatz zu pfänden?
Am Arbeitsplatz des Schuldners kann im Wege der Sachpfändung allenfalls damit gerechnet werden, dass der Schuldner einen geringen Bargeldbetrag mit sich führt. Die Praxis der GV zeigt, dass diese den Schuldner gezielt befragen, ob es sich um Bargeld für den Einkauf handelt, so dass eine Pfändung nach § 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO unterbleibt. Der Pkw des Schuldners wird schon regelmäßig nicht ermittelt, weil der GV den Gewahrsam (§ 808 ZPO) auf dem Firmenparkplatz nicht feststellen kann, er den Schuldner regelmäßig nicht nach § 806a ZPO befragt und sich der Schuldner im Übrigen regelmäßig auf den Pfändungsschutz nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO beruft, d.h. geltend macht, er benötige das Fahrzeug, um zur Arbeit zu fahren. Dies wird unbesehen der Prüfung, ob der Schuldner die Arbeitsstelle auch mit dem ÖPNV erreichen kann, als Pfändungshindernis betrachtet. Letztlich überschreiten die GV nicht selten ihre Kompetenzen, indem sie auch den Hinweis des Schuldners durchdringen lassen, der Pkw stehe nicht in seinem Eigentum. Diese Rechtsprüfung steht dem Gerichtsvollzieher nicht zu (BGH NJW 1957, 1877; Zöller-Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 808 Rn 3; Schuschke-Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 808 Rn 4). Dies ist auch ausdrücklich in den Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) geregelt: § 119 Nr. 1 GVGA. Der GV hat vielmehr nur evidentes Dritteigentum zu prüfen, § 119 Nr. 2 GVGA. Selbst dann soll noch eine Pfändung in Betracht kommen, wenn der Gläubiger sie ausdrücklich verlangt (AG Kassel DGVZ 2006, 182).
Fraglich erscheint auch, aus welchen tatsächlichen Anhaltspunkten AG und LG davon ausgehen, dass eine Sachpfändung am Arbeitsplatz Erfolg haben könne. Tatsächlich wurde im Jahre 2007, dem letzten Jahr, für das eine vollständige Statistik vorliegt, lediglich in 0,127% aller Vollstreckungsaufträge auch eine Versteigerung, d.h. Verwertung vorgenommen. Eine für den Gläubiger deprimierende Bilanz. Auf die Aussicht, dass der GV mit dem Schuldner am Arbeitsplatz eine Teilzahlungsabrede treffen kann, § 806b ZPO, stellen AG und LG nicht ab. Hierin könnte noch ein Sinn gesehen werden. Da eine solche Teilzahlungsabrede der Zustimmung des Gläubigers bedarf, wäre dann aber ein Gestaltungsspielraum gegeben.
Nicht nachzuvollziehen ist im konkreten Fall des LG Saarbrücken bei einer Forderung von über 42.000,00 EUR die Verneinung der Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Danach muss der Schuldner ein Vermögensverzeichnis im Offenbarungsverfahren vorlegen, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, durch die Zwangsvollstreckung keine vollständige Befriedigung erlangen zu können. GV, AG und LG mussten also davon ausgehen, dass am Arbeitsplatz ein Pfändungserlös von über 42.000,00 EUR erreicht werden kann (!). Hier kann jeder Praktiker des Vollstreckungsrechtes nur mit Unverständnis reagieren.
So reagieren Sie richtig
Gleichwohl wird die Entscheidung des LG Saarbrücken im Kreise der GV kommuniziert. Deshalb muss der Gläubiger zunehmend damit rechnen, dass der GV vor der Abnahme der e.V. eine Sachpfändung am Arbeitsplatz verlangt. Der Gläubiger sollte hierauf reagieren,
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indem er entweder gegen diese Entscheidung mit den vorstehenden Argumenten Erinnerung nach § 766 ZPO und im weiteren ggf. sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO einlegt und sich zur Wehr setzt; oder aber |
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indem bei der Pfändung des Arbeitslohns schon bei der Beantragung des PfÜB gebeten wird, diesen zur Zustellung im Parteibetrieb zurückzuleiten. Sodann sollte der GV zugleich mit der Zustellung des PfÜB und der Mobiliarzwangsvollstreckung am Arbeitsplatz beauftragt werden. Dieser Weg kann für den Gläubiger den Vorteil haben, dass sich der Vollstreckungsdruck auf den Schuldner deutlich erhöht. Dabei sollte allerdings zugleich ausdrücklich beantragt werden, dass der Gerichtsvollzieher am Arbeitsplatz nach dem Pkw des Schuldners fragt (§ 806b ZPO) und diesen unter Beachtung von § 119 Nr. 1, 2 ZPO auch dann pfändet, wenn der Schuldner Dritteigentum geltend macht. |
Zur Freigabe muss der Dritte dem Gläubiger dann zunächst einmal sein Dritteigentum nachweisen. Hierbei kann geprüft werden, ob der Schuldner früher Eigentümer des Pkw war und die Veräußerung ggf. nach den §§ 3 ff. AnfG angefochten werden könnte.