Drei Dimensionen der Auskunft

Ist die Forderungspfändung erfolgt, so entfaltet sich ein Auskunftssystem, das in seinen unterschiedlichen Voraussetzungen gesehen und angewandt werden muss:

Der Drittschuldner ist nach § 840 ZPO gehalten, eine Drittschuldnerauskunft abzugeben.
Der Schuldner hat eine Auskunfts- und Herausgabepflicht nach § 836 Abs. 3 ZPO.
Letztlich können sich Auskunfts- und Herausgabeansprüche des Gläubigers aus mitgepfändeten Nebenrechten, d.h. aus dem materiellen Recht ergeben.

Möglichkeiten und Grenzen der Drittschuldnerauskunft

Die Drittschuldnerauskunft hat ihre Regelung in § 840 ZPO gefunden. Sie setzt nach § 840 Abs. 1 ZPO zunächst einmal ein entsprechendes Verlangen des Gläubigers voraus. Dies ist auf der Seite 1 des Formulars durch einfaches Ankreuzen auszusprechen.

Nach § 840 Abs. 1 ZPO hat der Drittschuldner bei allen Pfändungen, gleich welcher Art, anzugeben:

1. ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkennt und Zahlung zu leisten bereit sei;

 

Hinweis

Hier muss der Drittschuldner also erklären, ob das Vertragsverhältnis besteht, aus dem sich die gepfändete Forderung dem Grunde nach ergeben würde, d.h. beispielsweise ob der Schuldner als Arbeitnehmer beschäftigt ist. Weiter muss der Drittschuldner erklären, ob sich ein pfändbares Arbeitskommen ergibt und er bereit ist, dies an den Gläubiger auszuzahlen.

2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung geltend machen;

 

Hinweis

An dieser Stelle ist die Frage zu klären, ob es Dritte gibt, die ihrerseits aufgrund materiell-rechtlicher Sachverhalte Ansprüche geltend machen, etwa einer Abtretung (§§ 398 ff. BGB), eines Übergangs kraft Gesetzes (etwa § 86 VVG) oder einer Verpfändung (§§ 1204 ff. BGB). Der Dritte ist mit Namen, Anschrift und Anspruchsgrund zu benennen (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 6)

3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.

 

Hinweis

Anzugeben sind von dem Drittschuldner vor- oder gleichrangige Pfändungen im Wege der Zwangsvollstreckung. Dabei muss er auch noch aktive Vorpfändungen nach § 845 ZPO benennen, d.h. solche, bei denen die Monatsfrist seit der Zustellung noch nicht verstrichen ist. Zu bezeichnen sind der Gläubiger, die Art und die Höhe seines Anspruchs sowie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (oder auch die Pfändungs- und Überweisungsverfügung bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern und Forderungen) mit Gericht/Behörde, Beschluss- und Zustellungsdatum sowie dem Aktenzeichen.

Bei der Kontopfändung kommen dann noch weitere Auskunftspflichten zum Charakter des Kontos als Pfändungsschutzkonto (P-Konto), zur Führung als Gemeinschaftskonto und zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen hinzu.

Auskunftsobliegenheit und der richtige Umgang damit

Insgesamt handelt es sich bei der Auskunftspflicht nach § 840 ZPO allerdings nur um eine Obliegenheit. Die Auskunftserteilung ist also rechtliche Pflicht, kann aber nicht als solche klageweise durchgesetzt werden. Erteilt der Drittschuldner die Auskunft nicht, kann er zwar erneut zur Abgabe aufgefordert werden, muss es aber nicht. Zu sehen ist in diesem Zusammenhang, dass die erneute Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft keine weitergehenden Vergütungs- und Erstattungsansprüche auslöst (BGH NJW 2010, 1674).

Allerdings macht sich der Drittschuldner nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO schadensersatzpflichtig, wenn er die Drittschuldnerauskunft nicht, nicht vollständig, falsch oder nicht rechtzeitig abgibt (OLG Düsseldorf OLGR 1996, 35; LG Mönchengladbach JurBüro 2009, 273; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 13).

 

Tipp

Statt den Drittschuldner erneut zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft aufzufordern, sollte er direkt zur Zahlung aufgefordert werden. Erteilt der Drittschuldner nach Zugang der Aufforderung zur Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO dem Gläubiger nämlich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist keine Auskunft, kann dieser nach Auffassung des BGH (14.1.2010 – VII ZB 79/909 Rn 14, juris) nämlich ohne Weiteres davon ausgehen, dass hinsichtlich der Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung keine Hindernisse bestehen (BGH NJW-RR 2006, 1566). Eine nochmalige Aufforderung an den schweigenden Drittschuldner, sich nach § 840 Abs. 1 ZPO zu erklären, ist daher auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Gläubigers nicht geboten. Für die als gesonderten Auftrag zu betrachtende Zahlungsaufforderung an den Drittschuldner fällt dagegen die Geschäftsgebühr an (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 13; OLG Dresden NJW-RR 2011, 924). Ein Muster einer solchen Zahlungsaufforderung für unseren Fall findet sich als Arbeitshilfe in diesem Heft.

Zahlungsaufforderung an den Drittschuldner

Im eingangs geschilderten Fall muss der Rechtsdienstleister also den Drittschuldner nicht zur Vervollständigung der Drittschuldnerauskunft auffordern, sondern kann diesen unmittelbar zur Zahlung auffordern. Dies löst eine 0,9-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG in der seit dem 1.10.2021 geltenden Fassung ...

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