In der Praxis zeigt sich häufig die Konstellation, dass der Gläubiger keine Informationen über den Aufenthalt und das Vermögen des Schuldners hat oder Informationen vorliegen, die unterschiedliche Vollstreckungsarten oder den Vollstreckungszugriff an unterschiedlichen Orten zulässt. Es stellt sich im letzteren Fall die Frage, wie der Gläubiger taktisch klug vorgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gläubiger nach § 724 ZPO grundsätzlich nur eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels erhält.
Der Schuldner S hat seine Wohnung in Köln im Bezirk des Gerichtsvollziehers A. Zugleich unterhält er als freier Handelsvertreter auch noch ein Büro in Köln im Bezirk des Gerichtsvollziehers B. Er hat ein Bankkonto bei der K-Bank in Köln, verfügt über eine weitere Eigentumswohnung in Bonn, die vermietet ist, und arbeitet einen Tag der Woche als angestellter Vertriebsleiter bei der V-GmbH in Düsseldorf.
Gerichtsvollzieher müssen nacheinander tätig werden
Hier kann der Gläubiger im Wege der Sachpfändung auf die pfändbaren Gegenstände in der Wohnung und in den Geschäftsräumen des S zugreifen. Nach § 20 Gerichtsvollzieherordnung (GVO) sind allerdings mit A und B zwei unterschiedliche Gerichtsvollzieher zuständig. Verfügt der Gläubiger nur über eine vollstreckbare Ausfertigung, muss er also zunächst abwarten, bis die Vollstreckung an dem einen Ort abgeschlossen ist, um dann den zweiten Gerichtsvollzieher zu beauftragen. Die Chance für den Schuldner liegt auf der Hand: Verfügt er über pfändbare Gegenstände, die er dem Gläubiger entziehen möchte, kann er sie bei der angekündigten Vollstreckung in der Wohnung zunächst in die Geschäftsräume verbringen und nach der – erfolglosen – Sachpfändung in der Wohnung dorthin zurückführen, so dass auch die Sachpfändung in den Geschäftsräumen erfolglos bleibt.
Unterschiedliche Zuständigkeiten in der Immobiliarvollstreckung
Für die Eigentumswohnung ist zu unterscheiden: Möchte der Gläubiger eine Zwangssicherungshypothek nach § 867 ZPO eintragen, ist hierfür das Grundbuchamt, in dessen Bezirk sich der Grundbesitz befindet, ausschließlich zuständig. Möchte der Gläubiger die Zwangsverwaltung oder die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung betreiben, ist wiederum nach § 1 ZVG das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Grundbesitz befindet. Wieder eine andere Zuständigkeit ergibt sich, wenn der Gläubiger zusätzlich auf die Mieteinnahmen im Wege der Forderungspfändung zugreifen möchte. Die Zuständigkeit des Vollstreckungsorgans bestimmt sich dann nach § 828 ZPO. Sachlich zuständig ist nach § 828 Abs. 1 das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Wohnsitz hat, in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet.
Unproblematischer: Forderungsvollstreckung
Als unproblematisch stellt sich dagegen die Forderungsvollstreckung dar. Hat der Schuldner mehrere Drittschuldner, so ist gleichwohl nach § 828 Abs. 1, 2 ZPO immer das Vollstreckungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Wohnsitz hat, in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet. Hier sind also die verschiedenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu beantragen. Dabei kann der Gläubiger allerdings auch die Pfändungen verschiedener Forderungen gegen verschiedene Gläubiger in einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zusammenfassen.
Die Gefahr: Schuldner kann Vermögen beseitigen
Die dargestellten Konstellationen werden immer dann zum Gläubigerproblem, wenn der Gläubiger neben der Forderungspfändung auch im Wege der Immobiliarzwangsvollstreckung und/oder der Sachpfändung vorgehen möchte und nur über eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels verfügt. Er muss sich dann für eine Art der Vollstreckung als erste Maßnahme entscheiden. Dies bedeutet aber auch, dass der Schuldner durch diese erste Vollstreckungsmaßnahme gewarnt wird. Er weiß nun, dass die Vollstreckung begonnen hat. Der bösgläubige Schuldner wird daraus die Konsequenz ziehen, sein noch pfändbares Vermögen zu verschleiern oder sonst dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen. Hierzu kann er etwa pfändbare körperliche Gegenstände an einen anderen Ort, vorzugsweise zu einem Dritten verbringen und Forderungen an Dritte, meist ihm nahestehende Personen abtreten, so dass er zwar rechtlich nicht mehr Eigentümer der Forderung ist, sich den faktischen Zugriff jedoch erhält. Auch wenn solche Manipulationen rechtlich rückgängig gemacht, insbesondere angefochten werden können, scheitert dies in der Praxis doch meist an der hinreichenden Informationsgrundlage des Gläubigers. Selbst wenn der Schuldner keine derartigen Maßnahmen ergreift, ist mit der gestuften Vollstreckung regelmäßig ein nicht unerheblicher Zeitaufwand verbunden.
Konsequenz: Möglichst gleichzeitig vollstrecken
Aus dieser Situation muss der Gläubige...