Zweck der Zwangsverwaltung ist Besitz­entziehung

Zweck der Zwangsverwaltung ist es, die laufenden, aus der ordnungsgemäßen Benutzung des von der Beschlagnahme erfassten Grundstücks (vgl. § 148 Abs. 1 ZVG) stammenden Erträge zur Befriedigung des Gläubigers einzusetzen, während dem Schuldner die Substanz des Verwaltungsobjekts ungeschmälert erhalten bleibt. Um diesen Zweck zu erreichen, wird durch die Beschlagnahme dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG). An seine Stelle tritt insoweit der Zwangsverwalter. Damit dieser die damit verbundenen Pflichten (§ 152 ZVG) erfüllen kann, muss er den unmittelbaren – oder, bei vermieteten oder verpachteten Objekten, den mittelbaren – Besitz des Grundstücks erlangen (BGH NJW 1986, 2438). Hierzu hat ihm das Vollstreckungsgericht nach § 150 Abs. 2 ZVG durch einen Gerichtsvollzieher oder durch einen sonstigen Beamten das Grundstück zu übergeben oder ihm die Ermächtigung zu erteilen, sich selbst den Besitz daran zu verschaffen. Letzteres ist hier geschehen.

Die Pflichten des Schuldners

Das Amtsgericht hat in dem Anordnungsbeschluss u. a. die Ermächtigung des Zwangsverwalters zur Besitzverschaffung ausgesprochen, sofern sich das Verwaltungsobjekt im Besitz des Schuldners befindet. Da die in dem Hochparterre und in dem Obergeschoß des Gebäudes gelegenen Räume vermietet sind, betrifft die Ermächtigung zur Besitzverschaffung die Räume im Untergeschoß, die der Schuldner – unabhängig davon, ob er dort wohnt – mangels gegenteiliger Feststellungen und Anhaltspunkte jedenfalls in Besitz hat. Diesen Besitz muss er auf den Zwangsverwalter übertragen, indem er diesem die Räume herausgibt. Kommt er seiner Verpflichtung nicht freiwillig nach, geschieht nach § 885 ZPO die Herausgabe in der Weise, dass der Gerichtsvollzieher auf entsprechenden Antrag des Zwangsverwalters den Schuldner aus dem Besitz setzt und den Zwangsverwalter in den Besitz einweist (Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 150 Rn 11; Engels, in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 150 Rn 33; Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 2. Aufl., S. 404; unklar Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 885 Rn 3). Der dafür notwendige Vollstreckungstitel ist der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung zusammen mit der Ermächtigung des Zwangsverwalters zur Besitzverschaffung (BGH NJW-RR 2005, 1032 m.w.N.).

Weitgehend keine richterliche Ermächtigung erforderlich

Für diese Maßnahme des Gerichtsvollziehers ist – vorbehaltlich der Regelung in § 758a Abs. 4 ZPO – keine besondere richterliche Anordnung notwendig, auch wenn sie mit dem zwangsweisen Öffnen und Betreten der Räume verbunden ist. Das gilt selbst dann, wenn es sich um die Wohnräume des Schuldners handelt. Sie unterliegen zwar dem besonderen Schutz des Art. 13 GG, der auch bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingreift (BVerfGE 51, 97). Aber nicht jeder Eingriff in die durch die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 GG grundsätzlich gewährleistete Unverletzlichkeit der Wohnung steht unter dem in Art. 13 Abs. 2 GG enthaltenen Vorbehalt der richterlichen Anordnung, sondern nur die Durchsuchung der Wohnung. Darum geht es hier jedoch nicht. Eine Durchsuchung liegt nur dann vor, wenn ein Betreten der Wohnung der ziel- und zweckgerichteten Suche nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines nicht bereits offenkundigen Sachverhalts, d.h. dem Aufspüren dessen dient, was der Wohnungseigentümer von sich aus nicht herausgeben oder offen legen will (BVerfG, NJW 2000, 943 m.w.N.). Danach ist hier die verfassungsrechtlich durch Art. 13 Abs. 2 GG und auf der Ebene des einfachen Rechts durch § 758a ZPO besonders gesicherte Geheimsphäre des Schuldners (BGH NJW 2006, 3352) nicht betroffen. Es soll weder nach Personen oder Sachen gesucht noch sollen nicht offenkundige Tatsachen ermittelt werden, sondern es soll dem Zwangsverwalter der unmittelbare Besitz durch Herausgabe der Räume verschafft werden. Erfolgt dies im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 885 Abs. 1 ZPO) aufgrund des Anordnungsbeschlusses nebst der Ermächtigung zur Besitzverschaffung, ist dafür nach § 758a Abs. 2 ZPO keine richterliche Anordnung notwendig (Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 150 Rn 12; Engels, in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 150 Rn 36; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 150a Rn 20; Wolf, in: Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn 7.26 und 7.30; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 5. Aufl., Rn 507).

Herausgabebeschluss ist ausreichende Rechtsgrundlage

Der von dem Zwangsverwalter dem Gerichtsvollzieher erteilte Auftrag ist auch darauf gerichtet, die Herausgabevollstreckung wegen näher bezeichneter, bei dem Schuldner vorhandener Betriebskostenabrechnungen für die Mieter, Gebühren- und Steuerbescheide sowie Versicherungsprämienrechnungen vorzunehmen. Für diese nach § 883 ZPO durchzuführende Vollstreckung stellt der Beschluss über die Anordnung der...

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