Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des OLG hat der Überprüfung durch den BGH standgehalten.
BGH sieht Pflichtverletzung des RA
Rechtsfehlerfrei habe das OLG eine Pflichtverletzung des RA darin gesehen, dass er es unterlassen hat, nach Erhalt der vollstreckbaren Ausfertigung des erwirkten Urteils alle Forderungen der Schuldnerin aus ihrer Geschäftsverbindung mit der S. zu pfänden.
Ein RA habe seinen Auftrag so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten möglichst vermieden werden. Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt worden ist und einen Titel gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt hat, hat zügig die Zwangsvollstreckung zu betreiben, soweit pfändbares Vermögen bekannt ist oder mit den Möglichkeiten, welche die Zivilprozessordnung bietet, ermittelt werden kann. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenz des Schuldners bevorsteht, muss der Anwalt den Mandanten so weit belehren, dass dieser in Kenntnis der absehbaren Chancen und Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann (BGH WM 2017, 1938). Zu diesem Vorgehen kann die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner gehören. Droht dem Mandanten ein Rechtsverlust, hat der RA diesem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (BGH WM 2016, 2091). Deshalb muss der RA die Zwangsvollstreckung mit besonderer Beschleunigung betreiben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Verzögerung zum Ausfall des Mandanten führen würde.
Was hätte der RA tun können?
Das OLG hat unangegriffen festgestellt, dass der Auftrag an den RA auch die Zwangsvollstreckung beinhaltete und ein unverzüglich beantragter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss noch im Juli 2012 der S. zugestellt worden wäre. Auch kannte der RA die Kontoverbindung der Schuldnerin. Die Insolvenzgefahr war ihm ebenso bewusst wie der Umstand, dass im Februar 2012 noch erfolgreiche Vollstreckungen gegen sie durchgeführt wurden. Der BGH bewertete dies als genug, um unverzüglich die Forderungspfändung als geboten zu erachten. Dass der Vollstreckungserfolg nicht sicher war, blieb für den BGH unerheblich.
Hinweis
Der BGH macht die Chancen der Vollstreckung deutlich: Der Gläubiger kann die Guthaben sämtlicher von einem Kreditinstitut geführter Konten des Schuldners pfänden, ohne deren Kontonummern angeben zu müssen (vgl. BGH ZIP 1988, 871; Stein/Jonas/Würdinger, ZPO, 23. Aufl., § 829 Rn 44). Die Pfändung des Kontoguthabens umfasst nicht nur das Guthaben am Tag der Zustellung des Pfändungsbeschlusses, sondern gemäß § 833a ZPO auch die Tagesguthaben der folgenden Tage. Auch ist der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens mit dessen Abruf pfändbar (BGH BGHZ 147, 193, 195 ff.; BGH WM 2016, 135 Rn 3). Die Pfändung künftiger Forderungen ist möglich, wenn schon eine Rechtsbeziehung besteht, aus der die künftige Forderung nach ihrem Inhalt und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann (BGHZ 80, 172, 181; BeckOK-ZPO/Riedel, 2019, § 829 Rn 7).
Anhaltspunkte reichen, um die Vollstreckung zu gebieten
Schon das Wissen, dass die Schuldnerin ein Konto unterhielt, ermöglichte der Widerbeklagten also, auf potentielle Vermögenswerte der Schuldnerin im Wege der Forderungspfändung zuzugreifen. Eine solche Pfändung ist nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. BGH WM 2004, 934, 935). Die Forderungspfändung hätte der RA nach Erhalt der vollstreckbaren Ausfertigung am 11.7.2012 ohne vermeidbare Verzögerung veranlassen müssen, weil sie Anhaltspunkte für eine bevorstehende Insolvenz der Schuldnerin hatte.
Geringe Beweisanforderungen an den Schaden
Die Ursächlichkeit einer von dem anwaltlichen Berater begangenen Pflichtverletzung für einen dadurch angeblich entstandenen Schaden gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen gelten. Deshalb reicht eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden sei, für die richterliche Überzeugungsbildung aus (BGH WM 2004, 2217, 2219 m.w.N.; vgl. auch BGH, 14.6.2012 – IX ZR 149/10).
Das OLG ist auf dieser Grundlage davon überzeugt gewesen, dass eine Forderungspfändung erfolgreich gewesen wäre. Sie wäre früher gewesen und hätte an vorherige erfolgreiche Pfändungen anderer Gläubiger angeknüpft.
Hinweis
Es gilt allgemein der Grundsatz, dass die Forderungspfändung der Sachpfändung vorzuziehen ist. Sie ist nicht nur als Vollstreckungsmaßnahme statistisch gesehen (deutlich) erfolgreicher, sondern löst aufgrund der Beteiligung eines Dritten auch sehr viel häufiger eine aktive Kommunikation des Schuldners zum Forderungsausgleich aus. Wegen des Überraschungseffektes ist wiederum die Pfändung der Abnahme der Vermögensauskunft vorzuziehen. Der RA hat hier also nicht nur zeitlich verzögert gehandelt, sondern die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auch in der falschen Reihenfolge ergriffen.
Keine Umkehr der Beweislast
Das OLG hatte angenommen, ein RA, der eine zügige Zwan...