Einführung
Im Schnelldurchgang haben Bundestag und Bundesrat am 6. und 7.5. das "Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zu Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes" beschlossen, das noch am 7.5. im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (BGBl I 2021, S. 850). Die schnelle Verkündung hat ihre Ursache darin, dass das Gesetzgebungsvorhaben dafür "benutzt" wurde, kurzfristige Änderungen am Infektionsschutzgesetz im Rahmen der Pandemie in Kraft zu setzen. Es enthält neben Schutzmaßnahmen für die Gerichtsvollzieher umfangreiche Neuregelungen in der Zwangsvollstreckung, die weitgehend zum 1.1.2022 in Kraft treten.
I. Besserer Schutz der Gerichtsvollzieher
Auskunfts- und Unterstützungsersuchen
Nach dem in die ZPO neu eingeführten § 757a ZPO kann der Gerichtsvollzieher künftig die zuständige Polizeidienststelle um Auskunft ersuchen, ob nach polizeilicher Einschätzung bei einer durchzuführenden Vollstreckungshandlung eine Gefahr für Leib oder Leben des Gerichtsvollziehers oder weiterer an der Vollstreckungshandlung beteiligten Personen, etwa Mitarbeiter von Schlüsseldiensten oder Speditionen bei Räumungsvollstreckungen, bestehen. Dies ist eine Reaktion auf tragische Vorkommnisse der Vergangenheit, bei denen Gerichtsvollzieher erheblich verletzt oder sogar getötet wurden.
Hinweis
Es ist nicht zwingend erforderlich, dass die Gefahr von dem Schuldner ausgeht. Ausreichend ist es auch, wenn ein Dritter die Gefährdung hervorruft oder sie auch von einem Tier – etwa einem Kampfhund – ausgehen könnte.
Auf der Grundlage des Auskunftsersuchens kann der Gerichtsvollzieher dann auch ein Unterstützungsersuchen stellen, wenn eine entsprechende Gefährdungslage existiert. Nichts anderes gilt, wenn er selbst schon tatsächliche Anhaltspunkte für eine entsprechende Gefahr hat.
Hinweis
Dem Datenschutz genügend wird der Schuldner nach Durchführung des Auskunfts- und/oder Unterstützungsersuchens hierüber informiert. Im Rahmen der Akteneinsicht, etwa für den Gläubiger, ist hierüber jedoch keine Einsicht zu ermöglichen. Das überrascht, da der Gläubiger als Veranlasser jedenfalls mittelbar auch immer als gefährdet angesehen werden muss.
II. Erweiterte Aufenthaltsermittlung
Informationen von berufsständischen Versorgungseinrichtungen
Neben den Trägern der Rentenversicherung sollen zukünftig auch berufsständische Versorgungseinrichtungen nach § 755 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO dem Gerichtsvollzieher und dem Gläubiger Auskunft über den Aufenthalt des Schuldners geben müssen. Betroffen sind Versorgungseinrichtungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, bei denen der Schuldner Mitglied sein kann. Betroffen sind mithin vor allen Dingen Freiberufler wie Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte, Apotheker, Notare, Rechtsanwälte, Architekten oder auch Steuerberater.
Hinweis
Die Neuregelung wird allerdings den Gläubigern zunächst "Steine statt Brot" geben. Sie regelt nämlich nur die Ermächtigung des Gerichtsvollziehers für eine entsprechende Abfrage, nicht aber die Verpflichtung der Versorgungseinrichtung zur Auskunft. Die Versorgungseinrichtungen unterliegen der Gesetzgebungskompetenz der Länder, die entsprechende Auskunftsverpflichtungen noch regeln müssen. Dem Bund fehlt hierzu die Gesetzgebungskompetenz. Es ist deshalb zunächst einmal davon auszugehen, dass die Versorgungseinrichtungen solche Auskünfte unter Hinweis auf das Sozialversicherungsgeheimnis und den allgemeinen Datenschutz verweigern, die Gerichtsvollzieher dann aber trotzdem entsprechende (Nichterledigungs-)Gebühren in Rechnung stellen.
Da es keine zentralen Versorgungseinrichtungen gibt, muss der Gläubiger die abzurufende Versorgungseinrichtung mit seinem Antrag präzise bezeichnen sowie tatsächliche Anhaltspunkte dafür nennen, dass der Schuldner Mitglied der anzufragenden berufsständischen Versorgungseinrichtung sein könnte. Nach der Gesetzesbegründung sollen sich die tatsächlichen Anhaltspunkte sowohl auf den Beruf als auch den Ort der Versorgungseinrichtung beziehen müssen und über allgemeine Erwägungen hinausgehen.
III. Änderungen bei der weiteren Vermögensauskunft
Mit der Änderung der Überschrift des § 802d ZPO-E soll klarer als bislang zum Ausdruck gebracht werden, dass Regelungsgegenstand der Vorschrift eine weitere Vermögensauskunft des Schuldners ist, unabhängig davon, in welchem Vollstreckungsverfahren die frühere Vermögensauskunft abgegeben wurde.
Mit der Neufassung soll der Zeitpunkt, ab dem die zweijährige Frist zu laufen beginnt, mit der Abgabe deutlicher festgelegt werden. Auch soll präziser geregelt werden, dass es sich um eine absolute Sperrfrist handelt, unabhängig davon, ob es sich um dasselbe Zwangsvollstreckungsverfahren eines Gläubigers, ein anderes Zwangsvollstreckungsverfahren desselben Gläubigers oder das Zwangsvollstreckungsverfahren eines Folgegläubigers handelt. Durch die Formulierung "es sei denn" wird gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass eine Verpflichtung des Schuldners auf Abgabe einer Vermögensauskunft dann besteht, wenn der Gläubiger Tatsachen geltend macht, die auf eine wesentliche Veränderung ...