Leitsatz
1. Das Festsetzungsverfahren nach § 788 Abs. 2 ZPO betrifft nur Kosten, die dem Gläubiger durch die Zwangsvollstreckung erwachsen sind. Kosten des Schuldners für die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen können nicht nach § 788 Abs. 2 i.V.m. §§ 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO festgesetzt werden.
2. Kosten für die Aufhebung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Arrestvollzugsverfahren, die entstehen, nachdem der Arrestbefehl aufgehoben und das Arrestverfahren abgeschlossen ist, können nicht aufgrund der Kostengrundentscheidung im Arrestverfahren nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden.
3. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO wird der aus der Kostengrundentscheidung resultierende prozessuale Kostenerstattungsanspruch betragsmäßig festgesetzt. Rechtsanwaltskosten können nur festgesetzt werden, wenn sie den Rechtsstreit betreffen, in dem die Kostengrundentscheidung ergangen ist. Entscheidend ist, welche Verfahrensabschnitte die Kostengrundentscheidung formal umfasst. Kosten für anwaltliche Tätigkeiten in Verfahrensabschnitten, die der Kostengrundentscheidung zeitlich nachfolgen, sind von ihr schon formal nicht umfasst.
4. Kosten des Schuldners für die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gehören nicht zu den nach § 788 Abs. 3 ZPO zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung.
BAG, Beschl. v. 19.10.2020 – 10 AZB 53/20
1 Der Fall
Arrestbefehl wird nach Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben
Die Arrestklägerin wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des ArbG. Die Arrestklägerin beantragte im Ausgangsverfahren erfolgreich die Anordnung eines dinglichen Arrests in das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen des Arrestbeklagten, worauf mehrere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die Eintragung des Klägers in das Schuldnerverzeichnis und die Eintragung einer Arresthypothek in das Grundbuch erwirkt wurden. Auf die Berufung nach erfolglosem Widerspruch hob das LAG den Arrestbeschluss auf, wies den Arrestantrag zurück und legte der Arrestklägerin die Kosten des Rechtsstreits auf.
SU lässt Vollstreckungsmaßnahmen aufheben und begehrt Kostenersatz
Der Schuldner erwirkte dann die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen. Mit seinem "Kostenfestsetzungsantrag nach § 788 ZPO" begehrte er hierfür die Rechtsanwaltskosten von 17.413,75 EUR und 3.045,09 EUR. Das ArbG setzte die Kosten antragsgemäß fest, worauf das LAG die Festsetzung wieder aufhob, aber die Rechtsbeschwerde zum BAG zuließ.
2 II. Das Wichtigste in Kürze
§ 788 ZPO kennt nur den Gläubiger als Adressaten
Das BAG zeigt in seiner Entscheidung auf, dass nach § 788 Abs. 1 ZPO die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren, dem Schuldner zur Last fallen und zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben sind. Neben der Möglichkeit zur Beitreibung nach § 788 Abs. 1 ZPO kann nur der Gläubiger die Vollstreckungskosten nach § 788 Abs. 2 i.V.m. §§ 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO festsetzen lassen. § 788 ZPO betrifft also nur die Kosten des Gläubigers. Das hat auch schon der BGH so gesehen (BGH, 17.1.2006 – VI ZB 46/05, Rn 17, juris)
Kostengrundentscheidung betrifft nur das Erkenntnisverfahren
Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören wiederum nur diejenigen des Erkenntnisverfahrens über den Arrestbefehl und nicht die mittelbar durch dessen Existenz verursachten Kosten. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Tenorierung.
Die Kosten für die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen sind nach dem BAG dem Arrestvollzugsverfahren zuzuordnen und können nicht aufgrund der im Arrestverfahren ergangenen Kostengrundentscheidung nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden (vgl. Saenger/Gierl, ZPO, 8. Aufl., § 91 Rn 5).
Der Arrestbeklagte begehrt hier die Festsetzung von Kosten für die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen. Die Kosten sind entstanden, nachdem der Arrestbefehl aufgehoben worden ist. Auch formal können sie deshalb nicht von der Kostenentscheidung im vorausgegangenen Urteil erfasst werden.
BGH hat nichts anderes entschieden
Der BGH (a.a.O.) hatte entschieden, dass Avalzinsen für eine Bürgschaft zu den Kosten des Rechtsstreits zählen. Daraus ergibt sich aber für das BAG keine andere Sicht der Dinge. Die zur Abwehr der Zwangsvollstreckung entstehenden Kosten stellen den wirtschaftlichen Prozesserfolg sicher, indem sie möglicherweise irreversible wirtschaftliche Verluste vor Abschluss des Rechtsstreits verhindern. Sie dienen der Rechtsverteidigung während des laufenden Rechtsstreits und sind keine Kosten der Zwangsvollstreckung, sondern Kosten der Rechtsverteidigung (BGH, 17.1.2006 – VI ZB 46/05, Rn 6 ff.).
Der Arrestbeklagte erwirkte hier dagegen eine Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen nicht während des laufenden Arrestverfahrens, sondern nach dessen Abschluss, und die Maßnahmen dienten auch nicht dem Prozesserfolg im Arrestverfahren, der Beseitigung der Folgen der Arrestvollziehung.
Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner nach § 788 Abs. 3 ZPO zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehob...