Der BGH wird die Frage entscheiden müssen
Aufgrund eines mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschlusses des LG Saarbrücken (7.12.2020 – 5 T 370/20) wird der BGH die Streitfrage zwischen den Beschwerdegerichten entscheiden müssen (anhängig zum Aktenzeichen I ZB 2/21). Die Frage hat eine hohe Praxisbedeutung.
Vorteile für Insolvenzverwalter
Zum einen steigt die Zahl der insolventen Unternehmen, bei denen ein Grund für die Insolvenz auch in dem mangelnden Ausgleich ihrer eigenen Forderungen liegt. Zum anderen sehen immer mehr Insolvenzverwalter einen Vorteil darin, offene unstreitige Forderungen der Insolvenzschuldnerin zu veräußern oder durch einen registrierten Inkassodienstleister einziehen zu lassen.
Argumente für eine Rechtsnachfolgeklausel überzeugen nicht
Das LG räumt selbst ein, dass der Wortlaut der maßgeblichen Norm, § 750 ZPO, erfüllt ist. Der Wortlaut ist aber die Grenze jeder Auslegung. Davon mag es bei der Verletzung übergeordneter Rechtsgüter und sonst fehlenden Schutzmöglichkeiten Ausnahmen geben. Daran fehlt es aber hier. Es ist schon nicht erkennbar, welche übergeordneten Schutzgüter in der geschilderten Fallkonstellation verletzt sind. Der Schuldner sieht solche jedenfalls nicht. In keinem der bekannten Fälle hat sich der Schuldner an den Verfahren beteiligt. Es fehlt aber vor allem auch nicht an Schutzmöglichkeiten für den Schuldner. Dieser kann die Aktivlegitimation der Vollstreckungsgläubigerin im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen. Hierauf mag das Vollstreckungsorgan hinweisen.
Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erfordern keine Rechtsnachfolgeklausel
Gründe, von Amts wegen die Vollstreckung zu versagen, sind danach nicht zu erkennen. Hätte der GV nicht bloße Vermutungen angestellt und hätte die Gläubigerin darauf nicht die Abtretungskette offengelegt, sondern allein auf § 750 ZPO verwiesen, hätte die Vollstreckung ohne Weiteres erfolgen müssen. Die Konstellation ist also mehr zufällig entstanden. Der Zufall ist aber gerade das Gegenteil von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Zu folgen ist im formalisierten Vollstreckungsverfahren dem Wortlaut der Norm. Dies begründet die Rechtssicherheit und -klarheit, während die Frage nach der materiellen Berechtigung nur Unsicherheit hervorzurufen vermag. Alle übrigen Fragen sind dem Erkenntnisverfahren vorbehalten, welches hier über § 767 ZPO auch eröffnet wäre, wollte man Bedenken haben.
Dem Schuldner ist nicht geholfen
Die mangelnde Bindung an den Wortlaut und der letztlich fehlende Pragmatismus begründen im Ergebnis auch keinen Schuldnerschutz, sondern exakt das Gegenteil. Die mit der Umschreibung nach § 727 ZPO in der Ringabtretungskette verbundenen Kosten muss letztlich der Schuldner nach § 788 ZPO tragen. Diese Kosten könnten auch erheblich sein, wenn etwa der Ausstellung öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden Hindernisse entgegenstehen und deshalb auf die Klauselklage nach § 731 ZPO zurückgegriffen werden müsste.
FoVo 5/2022, S. 92 - 95