Die rechtliche Ausgangslage: § 802l ZPO

Nach § 850l Abs. 1 S. 2 ZPO kann der Gerichtsvollzieher den Arbeitgeber des Schuldners bei den Trägern der Rentenversicherung oder die Kontodaten beim Bundeszentralamt für Steuern ermitteln, wenn entweder die Ladung zur Abnahme der Vermögensauskunft dem Schuldner – nach entsprechenden Nachweisen – nicht zustellbar ist, der Schuldner die Vermögensauskunft nicht abgibt oder eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nach dem erstellten Vermögensverzeichnis nicht zu erwarten ist.

Voraussetzungen lagen für die erste Einholung der Drittauskünfte vor

Da der Schuldner im Fall der Leserin die Vermögensauskunft nicht abgegeben hatte, lagen die Voraussetzungen für die Einholung der Drittauskünfte nach § 850l Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO unzweifelhaft vor. Dementsprechend wurde auch sowohl der Arbeitgeber als auch die Konten, deren Inhaber der Schuldner ist oder über die er bei der Inhaberschaft eines Dritten verfügen kann, ermittelt und der Gläubigerin mitgeteilt.

AG Schöneberg löst den Fall nicht

Im zitierten Fall des AG Schöneberg (DGVZ 2014, 241; auch FoVo 2015, 27) war es nun so, dass der Gerichtsvollzieher schon die erste Einholung der Drittauskünfte mit dem Argument abgelehnt hatte, es bestehe kein zeitlicher Zusammenhang mehr zwischen der Abnahme der Vermögensauskunft – Antrag vom 28.2.2013 – und dem Antrag auf Einholung der Drittauskünfte vom 15.1.2014. Der GV war der Meinung, der Gläubiger hätte beide Anträge kombiniert stellen müssen. Dem hat das AG Schöneberg widersprochen. Es gebe weder eine gesetzliche Verpflichtung, die Anträge gemeinsam zu stellen, noch eine zeitliche Schranke für den nachfolgenden isolierten Antrag auf Einholung von Drittauskünften. Nur die Möglichkeit, nach Ablauf der zweijährigen Sperrfrist eine erneute Vermögensauskunft einzuholen, § 802d ZPO, gehe der Einholung von Drittauskünften vor.

Die Entscheidung des AG Schöneberg beantwortet damit aber nicht die Frage, ob bei der wiederholten Einholung von Drittauskünften ein oder zwei Aufträge vorliegen. Vielmehr beschäftigt sich die Entscheidung nur mit der grundsätzlichen Zulässigkeit eines isolierten Antrags auf Einholung der Drittauskünfte nach § 802l ZPO.

Die Rechtsprechung des BGH zu wiederholten Drittauskünften: weiterer Antrag statthaft

Zu beantworten ist also zunächst die Frage, ob nach der einmaligen Einholung von Drittauskünften diese ein weiteres Mal eingeholt werden dürfen. Dies hat der BGH (22.1.2015 – I ZB 77/14) bereits höchstrichterlich beantwortet. Wurden die Drittauskünfte nach einer Vermögensauskunft eingeholt, so ist es erst erforderlich, sie ein weiteres Mal zu erheben, wenn der Gläubiger konkrete Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners glaubhaft macht oder wenn er eine erneute Vermögensauskunft (§ 802d ZPO) abgegeben hat. Das entspricht inzwischen der gesetzlichen Regelung in § 802l Abs. 4 S. 3 ZPO.

 

Hinweis

Neben der Darlegung der Voraussetzungen des § 802l Abs. 1 S. 2 ZPO ist es also bei der Einholung einer wiederholten Drittauskunft nötig, die Sperre des § 802d zu überwinden und die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse seit der letzten Auskunft darzulegen. In der Literatur (vgl. Zöller/Seibel, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 802l Rn 12; Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 802l ZPO Rn 2) ist insoweit anerkannt, dass das inzwischen aufgelöste Arbeitsverhältnis ebenso wie das dann aufgelöste Bankkonto solche veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse begründet.

Weiterer Antrag statthaft

Die Voraussetzungen lagen hier vor, da der als Drittschuldner in Anspruch genommene und nach § 802l ZPO ermittelte Arbeitgeber in der Drittschuldnerauskunft mitgeteilt hat, dass der Schuldner nicht mehr bei ihm beschäftigt ist.

Danach ist in den geschilderten Konstellationen ein Antrag auf erneute Einholung von Drittauskünften statthaft, aber noch immer nicht beantwortet, ob damit ein oder zwei Aufträge vorliegen.

Auftrag ist nach § 3 GvKostG zu bestimmen

Wann für den Gerichtsvollzieher ein Auftrag vorliegt, bestimmt sich nach § 3 GvKostG. Die Beauftragung zur Einholung der Vermögensauskunft und die gleichzeitige Beauftragung der Einholung von Drittauskünften kann nach § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GvKostG nur einen Auftrag darstellen. Dies trifft aber die Konstellation der Leserin nicht, da hier unzweifelhaft – zweimal – ein isolierter Auftrag gestellt wurde.

Hier: grundsätzlich zwei Aufträge

Ein Auftrag erfasst nach § 3 Abs. 1 S. 1 GvKostG dann alle Amtshandlungen, die zu seiner Durchführung erforderlich sind. Dies bedeutet, dass der Gerichtsvollzieher die beantragten Auskünfte einzuholen und die Ergebnisse dem Gläubiger mitzuteilen hat. Mit der Auskunftserteilung des Gerichtsvollziehers gegenüber dem Gläubiger ist der Auftrag also abgeschlossen.

Die Folge: Der weitere Antrag auf Einholung von Drittauskünften ist ein neuer Auftrag, der dementsprechend nach Maßgabe der ZVFV zu stellen ist und in dem sowohl die Voraussetzungen des § 802l ZPO als auch die des § 802d ZPO darzulegen s...

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