Erbfall führt zu Vermögenszuwachs
Verstirbt ein naher Angehöriger des Schuldners, insbesondere dessen Eltern oder sein Ehegatte, so eröffnet dies dem Gläubiger neue Zugriffsmöglichkeiten. Einerseits ist in Betracht zu ziehen, dass der Schuldner aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder letztwilliger Verfügung (Testament, Erbvertrag) zum Erben berufen ist und so einen Vermögenszuwachs erzielt. Soweit der Schuldner durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, kommt zumindest ein Pflichtteilsanspruch nach den Regelungen der §§ 2303 ff. ZPO in Betracht. Beide Ansprüche sind im Erbfall grundsätzlich zu pfänden. Während der Erbanspruch unbedingt gepfändet und zur Einziehung überwiesen kann, unterliegt die Pfändung und Einziehung des Pflichtteilsanspruchs den Beschränkungen des § 852 ZPO. Der BGH hat mit seiner vorgestellten Entscheidung nun die Normanwendung näher ausgestaltet.
Die Entscheidung widerspricht dabei der bisher herrschenden Praxis der Amts- und Landgerichte, wonach einheitliche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erlassen wurden. Die tägliche Praxis der Zwangsvollstreckung wird sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen und in einer neuen Rangfolge vorzugehen haben.
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Im ersten Schritt muss ermittelt werden, ob eine Person verstorben ist, nach der der Schuldner pflichtteilsberechtigt ist. Der Schuldner müsste also ein Kind, ein Elternteil, ein Ehepartner oder ein eingetragener Lebenspartner des Erblassers gewesen sein. Diese Informationen können durch die Einsichtnahme in das Personenstandsbuch nach § 62 Abs. 1 S. 2 PStG, durch Einsichtnahme in die Nachlassakten (bis 31.8.2009 noch § 34 FGG, danach § 357 FamFG) oder aber auch aus der örtlichen Presse ermittelt werden. |
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Im zweiten Schritt ist ein Pfändungsbeschluss zu beantragen, mit dem der angebliche Anspruch auf den Pflichtteil des Schuldners gepfändet wird. Drittschuldner ist grundsätzlich der Erbe. Wurde Testamentsvollstreckung angeordnet, sollte der Testamentsvollstrecker zusätzlich als weiterer Drittschuldner aufgeführt werden. |
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Nachdem der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugestellt wurde, § 829 Abs. 3 ZPO, hat einerseits der Drittschuldner nach § 840 ZPO Auskunft darüber zu geben, ob er die Forderung anerkennt. Dabei sollte auch erfragt werden, ob der Schuldner den Anspruch bereits geltend gemacht hat. Das "Anerkenntnis" im Sinne des § 852 ZPO setzt nämlich voraus, dass der Schuldner einerseits seinen Pflichtteilsanspruch geltend macht und der Drittschuldner als Erbe andererseits deutlich macht, dass er den Anspruch erfüllen wird. |
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Sodann ist der Schuldner aufzufordern, nach § 836 Abs. 3 ZPO Auskunft darüber zu erteilen, ob der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und seitens des Drittschuldners bereits anerkannt wurde oder ob er rechtshängig gemacht wurde. |
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Sobald der Gläubiger nach § 840 ZPO vom Drittschuldner, nach § 836 Abs. 3 ZPO vom Schuldner oder aus sonstiger Quelle Kenntnis davon erhält, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen, kann ein gesonderter Überweisungsbeschluss beantragt werden, § 835 ZPO. |
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Nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses, §§ 835 Abs. 3 S. 1, 829 Abs. 3 ZPO, kann die Pflichtteilsforderung eingezogen werden. Hierzu haben die Erben nach § 2314 BGB Auskunft über den Bestand des Erbfalles zu erteilen und den Wert des Nachlasses im Umfang der Hälfte des gesetzlichen Erbrechtes des Schuldners sodann auszuzahlen. Kommen die Erben dem nicht nach, kann Einziehungsklage im Wege der Stufenklage erhoben werden, d.h. in der ersten Stufe wird auf Auskunft geklagt. Nach erteilter Auskunft wird dann der Zahlungsanspruch beziffert. |
Ausgehend hiervon müssen dann auch die jeweiligen Muster für einen Pfändungsbeschluss, eine Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung, die Aufforderung an den Schuldner zur Abgabe der notwendigen Erklärungen nach § 836 Abs. 3 ZPO sowie einen isolierten Überweisungsbeschluss entwickelt werden. Diese Muster wird Ihnen Forderung & Vollstreckung mit der nächsten Ausgabe zur Verfügung stellen.