Die Entscheidung überzeugt nicht, weil sie einerseits außer Betracht lässt, dass – wie die Praxis zeigt – der Einsatz eines Rechtsdienstleisters und eine von diesem verfasste Mahnung geeignet sind, den bisher zahlungsunwilligen Schuldner zur Zahlung zu bewegen, da er nun mit konkreten Rechtsverfolgungsmaßnahmen und der daraus resultierenden Kostenlast rechnen muss. Auch darf nicht übersehen werden, dass der Gesetzgeber bewusst die nur teilweise Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr eingeführt hat, um eine Motivation zu der hier gerügten Verfahrensweise zu schaffen. Der Gesetzgeber hat sich davon – zu Recht – eine Entlastung der Gerichte versprochen. Wenn dies im Einzelfall nicht gelingt, dürfen nicht der Bevollmächtigten und der Gläubiger dafür bestraft werden. Das Gericht ist als Teil der Dritten Gewalt nicht berechtigt, diese gesetzgeberische Entscheidung zu korrigieren.
Folgen der Nichtzahlung aufzeigen
Gläubiger, die mit externen Dienstleistungsunternehmen (Inkassounternehmen oder Anwaltskanzleien) zusammenarbeiten, sollten gleichwohl darauf achten, dass das letzte Mahnschreiben des Gläubigers mit der nachfolgenden externen Inkassotätigkeit übereinstimmt, damit der Schuldner mit dem Einwand der Schadenminderungspflicht ausgeschlossen ist. Hierauf sollte der Inkassodienstleister bzw. der Rechtsanwalt in Dauermandatsverhältnissen den Gläubiger ausdrücklich hinweisen. Dem Schuldner ist aufzuzeigen, welche Folgen seine Nichtzahlung hat.
Schuldner Kostenhinweis geben!
Hierbei ist insbesondere auch auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens hinzuweisen sowie auf die hierdurch weiter entstehenden Kosten, die der Schuldner als Verzugsschaden zusätzlich zu tragen hat, falls er nun nicht fristgerecht bezahlt.
Rechtsverfolgungskosten = Verzugsschaden
Im Prozess sind die außergerichtlichen Rechtverfolgungskosten stets substantiiert zu begründen. Hierbei sollte bereits bei der Klage-/Anspruchsbegründung auf wesentliche Grundsätze Bezug genommen werden. So sollte stets auf die Regel verwiesen werden, dass sich der Gläubiger eines Rechtsanwaltes bedienen kann, um den sich im Verzug befindenden Schuldner erneut zur Leistung aufzufordern, da die Beauftragung eines Rechtsanwalts adäquate Folge der Leistungsverzögerung ist und es dem Gläubiger nicht zugemutet werden kann, die weitere Rechtsverfolgung selbst zu betreiben (MüKo-Ernst, BGB, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn 156; Palandt/Heinrichs, 68. Aufl. 2009, § 286 nN 47). Nur wenn der Schuldner ernsthaft und eindeutig erklärt, er werde nicht leisten, sind weitere Mahnungen überflüssig (MüKo-Ernst, BGB, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn 156; BGH VersR 1974, 639, 642; Schneider, MDR 1959, 899, 900). Insoweit ist jedoch der Schuldner darlegungsbelastet und der Gläubiger kann ggf. mit Nichtwissen bestreiten.
Schließlich verkennt das Gericht den Umstand, dass sich das streitige Verfahren nicht mit der Verfahrensgebühr kostentechnisch erledigt hat. Hinzu kommen zumindest eine 0,5-Terminsgebühr sowie regelmäßig drei volle Gerichtskostengebühren.
Prognoseentscheidung
Handelt es sich um eine unbestrittene Forderung (Rechnung und Mahnung des Gläubigers, keine Reaktion des Schuldners), so kann der Gläubiger nicht wissen, ob der Schuldner auf eine weitere außergerichtliche Mahnung des Anwalts leistet oder nicht. Er muss also eine Prognose aufstellen, wobei die Ersatzpflicht des Schuldners nicht dadurch eingeschränkt wird, dass sich später im Verlauf des Verfahrens die getroffene Maßnahme als erfolglos oder unzweckmäßig erweist (MüKo-Ernst, BGB, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn 154).
Muster: Hinweis auf Beauftragung eines Rechtsdienstleisters
… Trotz der fälligen Rechnung [genaue Bezeichnung], der Erinnerung vom … sowie der Mahnung vom … haben Sie keine Zahlung geleistet.
Sollte der Betrag in Höhe von … EUR nun nicht bis zum … auf unserem Konto eingegangen sein, werden wir die Firma Inkasso/Kanzlei Rechtsanwälte mit der Durchsetzung der Forderung beauftragen.
Hinweis: Da Sie sich in Zahlungsverzug befinden, haben Sie auch die Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen, wozu insbesondere auch die Kosten eines Inkassounternehmens/Rechtsanwaltes gehören.
In Ihrem eigenen Interesse sollten Sie daher für eine fristgerechte und vollständige Zahlung Sorge tragen.
Von Rechtsanwalt Michael Freitag