LG ändert die Entscheidung von GV und AG
Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ist in der Sache begründet. Sie führt zur Änderung der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts dahin, dass auf die Vollstreckungserinnerung der Gläubiger nach § 766 ZPO der zuständige OGV angewiesen wird, die erhaltene Auskunft des Bundesamtes für Steuern über die Namen der Inhaber von Konten, für die der Schuldner eine Verfügungsberechtigung hat, ohne Schwärzungen, Löschungen oder Sperrungen durch den GV mitzuteilen.
Kriterium der Erforderlichkeit
Gemäß § 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO darf der GV das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 AO bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 AO), wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft – wie hier – nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Gemäß § 802l Abs. 1 S. 2 ZPO ist dies nur zulässig, soweit es zur Vollstreckung erforderlich ist. Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, hat der GV nach § 802l Abs. 2 ZPO unverzüglich zu löschen oder zu sperren.
GV übersieht die Erforderlichkeit der Drittschuldnerangaben
Es entspricht dem Anwendungsbereich des § 802l Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO, die vom Bundeszentralamt für Steuern in eigener Verantwortung nach § 93 Abs. 8 AO an den GV übermittelten Auskünfte ohne Löschungen oder Sperrungen der Daten über sogenannte Drittkonten, über die der Schuldner lediglich verfügungsbefugt ist, einschließlich der Namen dieser Kontoinhaber, an die Gläubiger weiterzuleiten. Denn die Weitergabe der vollständigen Daten ist für die Zwecke der Vollstreckung erkennbar erforderlich und entspricht einer effektiven Zwangsvollstreckung. Erst die vollständigen Daten können für den Gläubiger wichtige Informationen darüber enthalten, ob der Schuldner gegebenenfalls eigene Vermögenswerte mit Hilfe anderer Personen, die als Kontoinhaber dem Schuldner eine Verfügungsbefugnis über ein Konto einräumen, der Zwangsvollstreckung entziehen will. Solche Konstruktionen, die die Verschleierung von Vermögenswerten bezwecken und die in verschiedenen Fallgestaltungen auftreten können, werden erst durch eine vollständige Weitergabe der Auskünfte des Bundeszentralamtes für den Gläubiger offenbar. Sie können eine Pfändung und Überweisung von Forderungen des Schuldners gegen den Dritten erst möglich machen.
Kein schützenswertes Interesse des Dritten
Ein schützenswertes Interesse der Kontoinhaber, die dem Schuldner eine Verfügungsbefugnis über ein Konto einräumen, an der Nichtweitergabe ihrer Daten ist nicht ersichtlich. Die beim Bundeszentralamt für Steuern nach § 93 Abs. 1 AO über sie verfügbaren Daten können nach dieser Vorschrift ohnehin an die dort genannten Verwaltungen und Behörden weitergegeben werden. Für die Vollstreckung von privaten Gläubigern kann kein anderer Maßstab gelten, denn insoweit besteht kein Unterschied in der Wertigkeit der dort genannten Behörden und sonstigen Gläubigern.
Die genannten Kontoinhaber tragen ferner ebenso wie sonstige Drittschuldner grundsätzlich das allgemeine Risiko, von Vollstreckungsmaßnahmen gegen einen Schuldner, mit dem sie in einer Rechtsbeziehung stehen, mittelbar betroffen zu werden. Der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist in entsprechenden Fällen nicht betroffenen.