Die Vorpfändung ist in § 845 ZPO geregelt und deren Durchführung gehört zu den Regelbefugnissen des Gerichtsvollziehers.
Schon vor der Pfändung nach §§ 829, 835 ZPO, d.h. der Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, kann der Gläubiger nach § 845 ZPO aufgrund eines vollstreckbaren Schuldtitels durch den Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner und dem Schuldner die Benachrichtigung, dass die Pfändung bevorstehe, zustellen lassen mit der Aufforderung an den Drittschuldner, nicht an den Schuldner zu zahlen, und mit der Aufforderung an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten.
Zwei Antragsarten
Dabei kommen grundsätzlich zwei Verfahrensweisen in Betracht:
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Der Gläubiger fertig das Benachrichtigungsschreiben und beauftragt den Gerichtsvollzieher lediglich mit dessen Zustellung. |
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Der Gerichtsvollzieher hat die Benachrichtigung mit den Aufforderungen selbst anzufertigen, wenn er von dem Gläubiger hierzu ausdrücklich beauftragt worden ist. |
Der Unterschied liegt in den unterschiedlichen Kosten:
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Im ersten Fall entstehen Gebühren nach Nrn. 101, 708, 716 KVGvKostG allein für die Zustellung in Höhe von 6,60 EUR (2 × 3,30 EUR) + 8,22 EUR (2 × 4,11 EUR) + 3,00 EUR = 17,82 EUR. |
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Im zweiten Fall kommt die Gebühr nach Nr. 200 KVGvKostG hinzu, was sich dann auch auf die Höhe der Auslagenpauschale nach Nr. 716 KVGvKostG auswirkt. Es entstehen Gebühren von 6,60 EUR (2 × 3,30 EUR) + 17,60 EUR + 8,22 EUR (2 × 4,11 EUR) + 4,84 EUR = 37,26 EUR. |
Hinweis
Die Gebühren sind bereits für die Zeit nach der Anpassung der Gebühren nach dem KVGvKostG berechnet (hierzu FoVo 2021, S. 121 – in diesem Heft).
Das rechtliche und das taktische Moment
Die Zustellung des Benachrichtigungsschreibens nach § 845 Abs. 1 ZPO an den Drittschuldner hat die rechtliche Wirkung, dass eine nachfolgende Pfändung nach §§ 829, 835 ZPO in ihrer Beschlagnahmewirkung auf den Zeitpunkt der Zustellung der Vorpfändung zurückwirkt. Sie stellt sich für den Übergangszeitraum als Sicherungsvollstreckung dar. Der Drittschuldner darf weder an den Gläubiger noch an den Schuldner auszahlen.
In diesem Sinne entsteht – insbesondere bei der Vorpfändung im Hinblick auf ein Konto – ein nicht unerheblicher Vollstreckungsdruck, weil die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr für den Schuldner beeinträchtigt wird. Dies führt nicht selten zur Kontaktaufnahme durch den Schuldner mit der Option, eine gütliche Erledigung zu erzielen. Da nicht gewiss ist, ob der Schuldner seinen Ratenzahlungsverpflichtungen in der Folge nachkommt, sollte die Vereinbarung stets auch eine Sicherungsabtretung im Umfang der sonst zu veranlassenden Pfändung enthalten.
Die nachfolgende Forderungspfändung als Vollstreckungsmaßnahme wird mit der gütlichen Einigung entbehrlich, was unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht für den Gläubiger nach § 254 Abs. 2 BGB wie der Kostentragungspflicht des Schuldners nach § 788 ZPO zu begrüßen ist. Keinesfalls stellt dies einen Missbrauch des Instrumentes der Vorpfändung dar (so aber – unzutreffend – Hergenröder, DGVZ 2021, 101).
Hinweis
Wenn Hergenröder (DGVZ a.a.O.) meint, Gläubiger nutzten die Vorpfändung "ihrer eigentlichen Funktion zuwider", um Druck auf den Schuldner auszuüben, irrt er. Die Vorpfändung ist als Teil der Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers Teil der Zwangsvollstreckung. Jeder Zwang begründet gleichzeitig auch Druck. Dabei zielt die Zwangsvollstreckung nicht nur auf den eigentlichen Vollstreckungserfolg, sondern auch auf eine Initialzündung für eine gütliche Erledigung. Insoweit hat die Vorpfändung die Funktion, frühzeitig einen Rang zu sichern und dem Schuldner aufzuzeigen, dass weitere Beeinträchtigungen und damit verbunden weitere Kosten im Raum stehen, wenn er nicht unmittelbar im Sinne einer Zahlungsbereitschaft reagiert. Die Beeinträchtigung der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr und dessen Beschränkung wird durch die Vorpfändung in gleicher Weise gewährleistet wie durch die Pfändung. Demgegenüber ist sie kostengünstiger, was gerade auch dem Schuldner dient.
Der Einzug der elektronischen Antragstellung
Bei der Erteilung eines isolierten Zustellungsauftrags für das vom Gläubiger gefertigte Benachrichtigungsschreiben gibt es keine Formvorschriften. Wird demgegenüber der Gerichtsvollzieher mit der Erstellung des Benachrichtigungsschreibens beauftragt, so muss das Formular nach der Gerichtsvollzieherformularverordnung genutzt werden.
Für die elektronische Einreichung des Antrags gilt § 130a ZPO. Einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien können danach auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Bei der Vorpfändung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 5, 845 ZPO muss der Vollstreckungstitel nicht vorgelegt werden. Auch aus keiner anderen Vorschrift ergibt sich, dass der Antrag postalisch gestellt werden müsste.
Hinweis
Soweit nicht jeder Gerichtsvollzieher schon über eine unmittelbare Empfangsstelle für elektronische Dokumente ...