Der neue Standardantrag

Rund zweieinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten der Reform der Sachaufklärung hat sich der Antrag auf gütliche Einigung in Kombination mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft als eine Art Standardantrag herausgestellt. In der Praxis hat sich insbesondere die Frage als streitig erwiesen, wann die gütliche Einigung die Kostenprivilegierung der Nr. 207 KV-GvKostG auslöst.

Streit um die Kosten

Teilweise vertreten Gerichtsvollzieher die Auffassung, dass die gesonderte Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG schon immer dann entsteht, wenn ein ausdrücklicher Auftrag für eine gütliche Einigung erteilt wird. Jedenfalls dann, wenn der weitere Auftrag zur Sachpfändung oder zur Abnahme der Vermögensauskunft für den Fall erteilt wird, dass die gütliche Einigung scheitert, sei die "Gleichzeitigkeit" der Beauftragung nicht mehr gegeben und die Gebühr falle gesondert an (OLG Düsseldorf FoVo 2014, 179 = DGVZ 2014, 152 = NJW-RR 2014, 960; AG Offenbach v. 14.7.2014 – 61 M 2914). Andere wollen darauf abstellen, ob dem Gerichtsvollzieher durch den Versuch ein zusätzlicher Aufwand entstanden ist (LG Stendal DGVZ 2015, 86; Mroß, DGVZ 2012, 169). Diesen Sichtweisen kann nicht zugestimmt werden. Entscheidend für den gesonderten Anfall der Gebühr ist vielmehr, ob die gütliche Erledigung aus dem wohlverstandenen Interesse des Gläubigers heraus "isoliert" beauftragt wird. Wird dagegen ein kombinierter Auftrag erteilt, entfällt die Gebühr, gleich wie der Auftrag formuliert ist (OLG Stuttgart DGVZ 2015, 85 = FoVo 2015, 53; OLG Köln DGVZ 2014, 199 = JurBüro 2014, 549; LG Freiburg DGVZ 2014, 105 = FoVo 2014, 179; Kessel, DGVZ 212, 215).

Fiktion des Auftrags der gütlichen Erledigung

Streitig ist auch, ob die Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG bei einem erfolglosen Versuch der gütlichen Einigung entstehen kann, wenn kein entsprechender ausdrücklicher Antrag erteilt wurde und der Gerichtsvollzieher nur aufgrund der allgemeinen Verpflichtung aus § 802b Abs. 1 ZPO handelte (dafür: AG Gernsbach DGVZ 2015, 116; dagegen AG Solingen DGVZ 2015, 134). Dieser Streit übersieht, dass der Versuch der gütlichen Einigung nach § 802a Abs. 2 Satz 2 ZPO immer beauftragt ist, auch wenn er vom Gläubiger nicht ausdrücklich erwähnt wird. Ein Auftrag liegt also nur dann nicht vor, wenn der Gläubiger ausdrücklich keine gütliche Erledigung wünscht. Dann kommt auch eine Kostenbelastung nicht in Betracht.

Der nachfolgende Musterantrag trägt der aktuellen Rechtsprechung und den Streitfragen Rechnung und optimiert die Antragstellung aus Sicht des Gläubigers. Das hindert nicht, dass im Einzelfall Gerichtsvollzieher noch eine abweichende Sichtweise vertreten. Es fehlt noch immer an einer höchstrichterlichen Klärung der Streitfragen.

Muster xx1

 

Muster: Gütliche Einigung und Vermögensauskunft

An das

Amtsgericht

– Gerichtsvollzieherverteilungsstelle –

in …

In der Zwangsvollstreckungssache

des …

– Gläubiger und Antragsteller –

Verfahrensbevollmächtigte: RAe …

gegen

den …

– Schuldner und Antragsgegner –

Verfahrensbevollmächtigte: RAe …

werden anliegend die vollstreckbare Ausfertigung des … (Titel) vom … , Az.: … , und die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des … vom … Az.: … ,

sowie die Nachweise zu den aus der anliegenden Forderungsaufstellung ersichtlichen notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 ZPO

überreicht und im Namen und in Vollmacht des Gläubigers beantragt,

dem Schuldner den Vollstreckungstitel nebst Vollstreckungsklausel zuzustellen, soweit dies zum Beginn der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 750 ZPO erforderlich ist,

gleichzeitig jeweils nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zu verfahren:

Mit dem Schuldner soll eine gütliche Einigung im Sinne des § 802b ZPO nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen versucht werden. Der Antrag wird ausdrücklich nicht isoliert gestellt.
Dem Schuldner soll die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abgenommen werden, sofern der Schuldner innerhalb der zweijährigen Sperrfrist des § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO noch keine Vermögensauskunft abgegeben hat.

Es wird ausdrücklich klargestellt, dass die Anträge im Sinne der Nr. 207 KV-GvKostG "gleichzeitig" gestellt werden sollen (OLG Stuttgart DGVZ 2015, 85 = FoVo 2015, 53; OLG Köln DGVZ 2014, 199 = JurBüro 2014, 549; LG Freiburg DGVZ 2014, 105 = FoVo 2014, 179; Kessel, DGVZ 212, 215).

Der Gläubiger möchte an der Abnahme der Vermögensauskunft

nicht

teilnehmen, was bei der Terminladung zu berücksichtigen ist.

Soweit der Schuldner die Vollstreckungsforderung vollständig begleicht, hierauf Teilzahlungen erfolgen oder im Wege der Zwangsvollstreckung Beträge eingezogen werden, wird um deren Überweisung auf das Konto … ausschließlich an uns gebeten.

Wird die örtliche Zuständigkeit verneint, wird um unverzügliche formlose Abgabe an den zuständigen Gerichtsvollzieher unter gleichzeitiger Anzeige der Abgabe gebeten, § 17 Abs. 2 GVO. Soweit die vollständige neue ladungsfähige Anschrift des Schuldners in diesem Zusammenhang bekannt ist, wird um der...

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